Eine Erzählung von Europa in der Stadthalle Görlitz
Görlitz, 15. Juli 2018. Von Thomas Beier. Ein glückliches Händchen haben sie, die Görlitz-Zgorzelecer, wenn sie ihre langsam aus der Agonie erwachende Stadthalle zu Ausstellungszwecken nutzen. Das war schon 2006 bei der Videokunstausstellung "Die Vergänglichkeit des Schönen" so und funktioniert nun auch bei der Ausstellung "Mythos Europa" von Antoinette aus Leipzig.
Abbildung oben: Der Bühnenrand der Stadthalle Görlitz ist hinter dem "Görlitzer Fries" (Görlitzki Fryz) verborgen. Davor hüpft eine junge Europa durch die Blumen, bis sie kichernd verschwindet
Mythos Europa – wo, wenn nicht in Görlitz?
Thema: Ausstellungen in Görlitz und Umgebung
Görlitz verfügt nicht nur über fast 4.000 Baudenkmale, sondern ist eine Stadt der Museen und Ausstellungen. Hier befinden sich beispielsweise das Kulturhistorische Museum, das Schlesische Museum zu Görlitz, das Museum der Fotografie und das Senckenberg Museum für Naturkunde, im polnischen Teil der Europastadt das Lausitz-Museum. Darüber hinaus gibt es häufig Sonderausstellungen an anderen Orten, auch im Umland der Stadt sowie in der Dreiländerregion von Sachsen, Tschechien und Polen.
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"Mythos Europa" ist eine Ausstellung, für die der Besucher Zeit braucht. Nicht wegen der Menge der auf über tausend Stadthallenquadratmetern gezeigten Bilder (mehr als hundert sind es), sondern für die Auseinandersetzung damit. Antoinette, geprägt von Bernhard Heisig und der Leipziger Schule, macht es dem Betrachter nicht einfach, sich ihren allegorischen Bildern, die sich mit Bosch und Picasso zu einem Dreieck zu verbinden scheinen, zu nähern. Gut so, die Mythe von einem einfachen Europa wäre nicht ehrlich.
Der Bedeutung der Ausstellung, die dem zwanzigjährigen Bestehen der Europastadt Görlitz-Zgorzelec gewidmet ist und in Ausschnitten bereits in Eberswalde und Prag gezeigt wurde und nach Görlitz nach Wien weiterwandert, angemessen war die Vernissage am Freitag, dem 13. Juli 2018. Neben der Künstlerin und ihrem Generalbevollmächtigten Thomas Hampel waren Ministerpräsident Michael Kretschmer als Schirmherr, die beiden Europadoppelstadtbürgermeister Siegfried Deinege und Rafał Gronicz und weitere Honoratioren des Wirtschafts- und Kulturlebens wie beispielsweise der Kulturamtsleiter des Landkreises Görlitz Joachim Mühle, die Geschäftsführerin der Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien (die 24.000 Euro zugeschossen und so die Ausstellung erst ermöglicht hat) Regina Risy und selbstverständlich der Vorsitzende des Stadthallenfördervereins Thomas Leder erschienen. Die Bürgermeister, der Ministerpräsident und der Generalbevollmächtigte fanden kluge und angemessene Worte zur Ausstellung und ihrem Ort. Das Publikum repräsentierte, wie auch anders, vor allem die Baby-Boomer-Generation, aber auch noch ältere und deutlich jüngere Herrschaften hatten den Weg zur Vernissage gefunden.
Der Ausstellungsort Stadthalle Görlitz hätte passender nicht gewählt werden können: Der in Sanierung, besser gesagt im Umbruch befindliche Jugendstilbau bietet nicht nur schier endlos Fläche, sondern mit den an Baustellengerüsten gehängten Bildern den perfekten Rahmen für die sich um Europa rankende Werkschau. Wo ist Europa, wenn nicht in Görlitz, in der im alten Europa geteilten und im neuen wieder sich vereinigenden Europastadt? Da ist es nur ärgerlich, dass einige Zeitungen von einem Ort sprechen, der von einem Grenzfluss geteilt sei: Nein, dieser Fluss, der an der Görlitz Stadthalle vorbeifließt, verbindet! Aber das ist ein Dauerthema: Vor lauter grenzüberschreitenden Projekten wird vergessen, dass die Grenzen doch bitteschön verblassen sollten, bis sie vergessen sind.
Antoinette überwindet mit ihren Bildern die Grenzen, die von der Sprache gesetzt werden, sowohl im gegenseitigen Verständnis wie in der Begrenzheit sprachlichen Ausdrucksvermögens überhaupt. Sie erzählt Geschichten von Europa und stärkt damit das gemeinsame Selbstverständnis. Das Kommunizieren in Bildern ist in Zeiten sprachlicher Verarmung modern – und Antoinette spricht überaus deutlich.
Prädikat: Unbedingt hingehen!
Bis Sonntag, 28. Oktober 2018, täglich von 10 bis 18 Uhr,
Stadthalle Görlitz, Am Stadtpark 1, 02826 Görlitz
Weitere Informationen in der Bildergalerie.
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- Quelle: Thomas Beier | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 15.07.2018 - 10:13Uhr | Zuletzt geändert am 17.07.2018 - 10:28Uhr
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