Wie die große aus der kleinen Welt erwächst
Görlitz | Schwarzenberg, 7. November 2010. Eine Ausstellung zur rechten Zeit ist die JÜDISCHE SPURENSUCHE von Jörg Beier aus Schwarzenberg - zur rechten Zeit, in der eine Gemeinde im Landkreis Görlitz in Verkennung des Volkstrauertages eine "Andacht und Ehrung der Gefallenen und Vermissten im Zweiten Weltkrieg" mit Namensverlesung durchführen will. Offenbar hat der Deutsche Michel den Unterschied zwischen Gedenken und Mahnung einerseits und fataler Ehrung andererseits immer noch nicht kapiert. Es ist diese kleine Welt, die die große Welt gebärt.
Spurensuche nach jüdischen Vertriebenen
Thema: Jüdisch
Juden hatten und haben einen großartigen Anteil an der Entwicklung Deutschlands in Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Leben ist undenkbar ohne die Erinnerung an die Zeit, als es in Deutschland ausreichte, Jude zu sein, um verhaftet, deportiert und umgebracht zu werden, wenn man nicht rechtzeitig geflohen war.
In einer Klappkarte zur erstmaligen Installation der Ausstellung, die damals noch "Die Schwarzenberg Utopie oder Die große und die kleine Welt" hieß, in der Galerie Silberstein in Schwarzenberg schrieb Matthias Zwarg:
"Ein zerknitterter Pass, ein Billett für eine Schiffspassage, eine Armbinde mit den sechszackigen Stern, Fotos von Frauen, die Männer an sich drücken, Männer in Uniform, eine Akte, die lapidar vermerkt: "Haftgrund: Jude" ... vergilbte Zettel, Fotos, Zeitungsausschnitte, Erinnerungsstücke hat Jörg Beier über viele Jahre gesammelt. Er zeigt sie zum ersten Mal öffentlich, und sie beginnen zu sprechen - über ein Jahrhundert der Kriege, der Fluchten, über die Banalität des Bösen und des Guten, über die Bürokratie des Verbrechens und über die Utopie, die aus der Katastrophe wachsen kann; darüber, wie die große Welt sich in der kleinen spiegelt, und wie die kleine Welt die große erst zu dem macht, was sie ist. Ein Bilderbuch, ganz persönlich, ganz von dieser Welt."
Es sind ausnahmslos einzigartige Dokumente, die Beier mit seiner Installation großenteils erstmalig der Öffentlichkeit zugänglich macht. Sie erschüttern in ihrer Direktheit und Unwiderlegbarkeit. Familienfotos, Schiffstickets, ein Totengebet aus Auschwitz, die Häftlingsnummer.
Viele der Dokumente werden in alten Koffern gezeigt. "Mit einem Koffer gingen die Menschen auf die Flucht, bestiegen sie das rettende Schiff, mit einem Koffer gingen sie ins Lager", sagt Jörg Beier.
Die Ausstellung wirft Fragen auf, die manchem Zeitgenossen unangenehm sind. Nicht nur, weil sie wie ein grelles Spotlicht die Opfer als Individuen zeigt, sondern auch, wie gesellschaftliche Umstände "pflichterfüllende" Täter erzeugen. Im konservativen Schwarzenberg hat Beier das schon zu spüren bekommen.
Aber sehen Sie selbst.
Prädikat: Unbedingt hingehen!
"Jüdische Spurensuche"
Eine Installation in der ehemaligen Synagoge zu Görlitz.
Freitag, 12. November bis Sonntag, 12. Dezember 2010
Otto-Müller-Str. 3, 02826 Görlitz/
Tel. 03581 - 41 17 66
Eröffnung am 12. November, 17 Uhr, Eintritt frei.
Mehr:
Künstergruppe Zone
Jörg Beier
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- Quelle: red | Fotos: BeierMedia.de
- Erstellt am 07.11.2010 - 10:01Uhr | Zuletzt geändert am 24.05.2020 - 07:28Uhr
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