Vollmond: die Mondphasenuhr am Görlitzer Rathaus
Görlitzer Anzeiger, 24. Mai 2019. Was verbindet den Mond und das Görlitzer Rathaus? Eine astronomische Uhr am Turm des historischen Rathauses, die schon seit dem 16. Jahrhundert die Mondphasen anzeigt.
Abbildung: Die beiden Uhrblätter am Turm des Görlitzer Rathauses am Untermarkt, von denen das obere die Mondphasen anzeigt. Nachdem 1742 ein Blitz den Rathausturm schwer beschädigt hatte, wurde er 1743 in seiner heutigen Form wiederhergestellt
Foto: © Görlitzer Anzeiger
Das Görlitzer Rathaus und seine Turmuhr

Über den Uhrblättern thront der Goldene Löwe
Foto: © Görlitzer Anzeiger
Bereits im 16. Jahrhundert fiel der Turm des Görlitzer Rathauses durch eine besondere Uhr auf, die Einwohner und Besucher der Stadt bis heute bewundern. Gleich zwei große Zifferblätter wurden untereinander angebracht und durch das Uhrwerk miteinander verbunden. Während das untere Zifferblatt zu einer Stundenuhr gehört, zeigt das darüber liegende Zifferblatt die aktuelle Mondphase an. Die Mondphasenuhr hat durch die damalige Kalenderumstellung allerdings zwei Besonderheiten:
Im äußeren Ring werden immer noch die alten 24 Stunden angezeigt, während die Stundenuhr auf die aktuelle 12-Stunden-Anzeige aktualisiert wurde. Die heute übliche Mitteleuropäische Zeit (Zonenzeit) wurde in Deutschland erst in den 1890er Jahren verbindlich eingeführt; ältere Turmuhren liefen zuvor nach lokalem Sonnenstand.
Außerdem ist auf der Mondphasenuhr der innere Ring, der die Kalendertage darstellt, nicht mehr in Benutzung, da die Monatslängen in keinem Kalender einheitlich 30 Tage betragen; unverändert funktioniert aber nach wie vor der mittlere Ring, der die Mondphasen zeigt. Der astronomische Mondzyklus (synodischer Monat) beträgt übrigens etwa 29,53 Tage. Ein festes Schema mit 30 Kalendertagen pro Monat spiegelt diesen Zyklus nur grob wider.
Vom Neumond zum Vollmond
Ob die Anzeige der Turmuhr richtig ist, kann mit dem Mondkalender von Deutschland abgeglichen werden. Dort werden alle vier Mondphasen und das entsprechende Datum aufgeführt. Nach dem Neumond, der bei der Görlitzer Rathausuhr auch akustisch eine neue Mondphase einleitet, wird der Mond so lange voller, bis der nächste Vollmond erreicht ist. Das dauert etwa zwei Wochen. Mit bloßem Auge betrachtet könnte man annehmen, dass der Mond tatsächlich seine Form verändert. Dabei entstehen die unterschiedlichen Phasen, in denen er bei Neumond gar nicht, als Sichelmond sehr schmal, manchmal halb und alle vier Wochen leuchtend voll zu sehen ist, nur durch die unterschiedliche Sonneneinstrahlung und den Erdschatten. Auch die Anziehungskraft des Mondes ist – im Zusammenspiel mit der Sonne – während der verschiedenen Mondphasen unterschiedlich stark.
Die Wirkung des Vollmonds auf den Biorhythmus
Der Vollmond hat die Menschen schon immer bewegt und inspiriert. Auch in der Forschung gab er immer wieder Anlass zu neuen Studien. Ganz sicher und wissenschaftlich belegt ist allerdings die Wirkung des Mondes auf die Gezeiten. Ebbe und Flut werden während aller Mondphasen unterschiedlich beeinflusst – die stärksten Auswirkungen zeigen sich allerdings bei Vollmond und bei Neumond, weil dann Sonne und Mond mit der Erde in einer Linie stehen. Seit vielen Generationen und in den verschiedensten Kulturen wird immer wieder diskutiert, ob vor allem der Vollmond Einfluss auf Mensch und Natur nimmt.
Was davon wirklich altes Naturwissen ist und was lediglich der persönlichen Wahrnehmung entspringt ist bisher nicht ausreichend wissenschaftlich bestätigt. Manche sind der festen Überzeugung, dass zum Beispiel Schlafschwierigkeiten und sehr lebhafte Träume durch den Vollmond hervorgerufen werden. Andere halten es für Humbug. Vor allem in Teilen der Naturheilkunde und der Esoterik wird ein starker Einfluss des Mondes auf den Biorhythmus des Menschen angenommen. Auch in der Landwirtschaft wird bei manchem Bauern noch nach Mondphasen gepflanzt und geerntet. Vielleicht haben auch Sie schon gehört, dass Haare schneller und kräftiger wachsen, wenn sie in einer Vollmondnacht geschnitten werden.
Der Theorie nach soll der Vollmond alle Prozesse, die Wachstum und Kräftigung zum Ziel haben, besonders positiv beeinflussen. Da nicht alle Annahmen wissenschaftlich bewiesen werden konnten, bleiben viele Theorien nur Spekulation. Allerdings scheint es einige Annahmen diesbezüglich schon vor Jahrhunderten gegeben zu haben, wenn die Mondphasen schon damals an einer Turmuhr wie in Görlitz abgebildet wurden. Möglicherweise haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ja bald einmal die Gelegenheit, in einer Neumondnacht in der Stadt Görlitz das Brüllen des goldenen Löwen zu hören, der im Spitzbogenfenster über der Mondphasenuhr sitzt und den Wechsel der Mondphasen ankündigt.


Görlitzer Rathausuhr
Von Ulrich Lamm am 24.04.2025 - 20:48Uhr
Eigentlich wollte ich etwas über den Augenrhythums des Nachtwächters erfahren. Aber in Ihrem Artikel über die Uhr habe ich mit Erschrecken einige Fehler festgestellt:
Der Julianische Kalender hatte die gleichen Monatslängen wie der Gregorianische, beide mit den gleichen Abweichungen von den Mondphasen. Durch die Gregorianische Kalenderreform wurde nur die Jahreswende wieder näher an die Wintersonnenwende gerückt und der Rhythmus der Schaltjahre mit Unregelmäßigkeiten versehen, um die astronomische Jahreslänge durch einen neuen Automatismus genauer nachzuvollziehen. Daher wurde die Monduhr nicht durch diese Reform ungültig. Der astronomische Mondzyklus (synodische Monat) ist nur etwa 29,53 Tage lang. Damit erscheinen in Nächten zweier aufeinander folgender Monate nie die gleichen Mondsicheln. Aber 30 Mondbilder waren da treffender als 31.
Die Zonenzeiten für die Stunden wurden in den 1890er Jahren eingeführt.
Bei der üblichen Ungenauigkeit älterer Uhren muss(te) auch die Görlitzer Turmuhr immer wieder nachgestellt werden. Dabei konnte die Uhrzeit problemlos gesetzlichen Vorgaben angepasst werden.
Mit freundlicher Hochachtung
Ulrich Lamm
(Adresse entfernt A.d.R)
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Anmerkung der Redaktion:
Sehr geehrter Herr Lamm,
herzlichen Dank für Ihre aufmerksamen und fachkundigen Hinweise zu unserem Artikel über die Mondphasenuhr am Görlitzer Rathaus. Sie haben völlig Recht:
- Die Monatslängen waren schon im Julianischen und auch im Gregorianischen Kalender unterschiedlich; die Kalenderreform hat daran nichts geändert.
- Der synodische Mondzyklus beträgt rund 29,53 Tage, sodass ein 30-Tage-Schema nur eine Näherung ist.
- Die heute gültigen Zonenzeiten (Mitteleuropäische Zeit) wurden in Deutschland erst in den 1890er Jahren eingeführt.
Wir haben den Text entsprechend angepasst und die genannten Passagen überarbeitet. Vielen Dank noch einmal für Ihre wertvollen Ergänzungen!
Mit freundlichen Grüßen
Redaktion Görlitzer Anzeiger
Mondphasen an Rathausuhr
Von Lutz Pannier am 12.01.2022 - 18:59Uhr
Die Lunation also ein kompletter Phasenwechsel währt 29,5 Tage. Die Zahlen unter den Mondphasen sind das sogenannte Mondalter, hier aus praktischen Gründen auf 30 gerundet! Eine Datumsanzeige war auf dem Zifferblatt nie vorgesehen! (27,3 Tage währt der siderische Monat, nach der Zeit steht der Mond wieder im gleichen Sternbild.
Monatsanzeige der Mondphasenuhr
Von Jörg Kirchhof am 10.01.2022 - 12:57Uhr
Im Julianischen Kalender waren die Monate genauso lang wie im modernen gregorianischen Kalender. Außerdem dauert eine Lunation (von Neumond zu Neumond) etwa 27,5 Tage und keine 30 Tage, daher MUSS die Uhr ursprünglich einen dritten Zeiger für das Datum enthalten haben.
Dieser Datumszeiger musste natürlich manuell beim Monatswechsel korrigiert werden, wenn die Monatslänge von den dargestellten 30 Tagen abwich. Warum nur das Datum von 1 bis 30 und nicht von 1 bis 31 angezeigt wurde, mag vielleicht technische Gründe gehabt haben, oder es war Geschmackssache. Vielleicht hätte eine ungerade Anzeige (31 Tage) die Symmetrie des Zifferblatts gestört.

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- Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 24.05.2019 - 00:50Uhr | Zuletzt geändert am 26.04.2025 - 23:50Uhr
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