Krypto-Gewinne versteuern: Kommt für viele Investoren am Ende die böse Überraschung?

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Görlitz, 18. August 2025. Der Hype um Kryptowährungen hat längst den Mainstream erreicht. Immer mehr Anleger investieren in Bitcoin, Ethereum oder exotischere Token, manche aus Überzeugung, andere aus purer Gewinnlust.


Was oft vergessen wird: Auch digitale Werte haben eine ganz reale steuerliche Seite. Spätestens wenn der Kursgewinn nicht nur im Wallet leuchtet, sondern in Euro umgewandelt wird, kommt die Frage auf, wie viel davon tatsächlich bleibt.

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Wie der Fiskus digitale Werte einordnet

Kryptowährungen sind in Deutschland keine anonymen Schattenwährungen, sondern steuerlich klar verortet. Sie gelten als „andere Wirtschaftsgüter“ nach § 23 EStG, was sie in dieselbe steuerrechtliche Kategorie wie Kunstwerke oder Edelmetalle einordnet. Entscheidend ist nicht, wie modern oder innovativ die Technologie dahinter ist, sondern dass sie als handelbares Gut mit Wertsteigerungspotenzial gelten.


Besteuert werden Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das umfasst den Verkauf gegen Euro, den Tausch von Krypto zu Krypto und sogar den Kauf von Waren oder Dienstleistungen mit Coins.


Maßgeblich ist der Gewinn in Euro zum Zeitpunkt der Transaktion, selbst wenn der Handel nur auf der Blockchain stattfindet. Eine Regel, die für etablierte Coins ebenso gilt wie für neue Kryptos, die frisch am Markt erscheinen und oft mit besonders hohen Kursschwankungen locken.


NFTs sind steuerlich kein Sonderfall. Auch sie unterliegen den gleichen Regeln wie andere Kryptowerte im Privatvermögen. Wer also ein digitales Kunstwerk kauft und nach einigen Monaten teurer verkauft, erzielt ebenfalls ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft, sofern die Haltefrist nicht eingehalten wird.


Die Haltefrist als Schlüssel zur Steuerfreiheit


Die magische Zahl im Krypto-Steuerrecht lautet 365. Wer seine Coins länger als ein Jahr hält, darf Kursgewinne steuerfrei vereinnahmen. Die Frist beginnt am Tag nach der Anschaffung und endet nach Ablauf der vollen 365 Tage.


Zusätzlich gibt es eine Freigrenze von 1.000 Euro pro Jahr, eingeführt ab dem Steuerjahr 2024. Sie gilt für alle privaten Veräußerungsgeschäfte zusammen. Liegt der Gewinn bei 999 Euro, bleibt er steuerfrei, liegt er bei 1.001 Euro, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig.


Lange war unklar, ob diese Regel auch dann gilt, wenn die Coins zwischenzeitlich für Staking oder Lending genutzt wurden. Das neue BMF-Schreiben bringt Klarheit: Die Spekulationsfrist bleibt bei einem Jahr, eine Verlängerung auf zehn Jahre gibt es nicht. Innerhalb der Frist bleibt jedoch jede Veräußerung steuerpflichtig, auch der Tausch von einer Kryptowährung in eine andere.


Anders sieht es bei Kryptoderivaten oder CFDs aus. Sie fallen in der Regel unter Einkünfte aus Kapitalvermögen und unterliegen anderen Steuerregeln. Hier greift keine Haltefrist und keine Freigrenze, dafür aber der Kapitalertragsteuersatz.


Das neue BMF-Schreiben 2025


Am 6. März 2025 hat das Bundesfinanzministerium das bisherige Schreiben aus dem Jahr 2022 ersetzt. Damit einher gehen verschärfte Anforderungen an Mitwirkung, Aufzeichnung und Aufbewahrung. Besonders deutlich wird das bei Auslandsgeschäften.


Wer über eine ausländische Börse oder eine dezentrale Plattform handelt, muss alle relevanten Daten selbst beschaffen. Gelingt das nicht, darf das Finanzamt den Gewinn schätzen.


Die Dokumentationspflichten sind präzise: Für jede Transaktion sind Datum, Uhrzeit, Art und Menge des Tokens, die Art des Geschäfts, der Gegenwert in Euro, die genutzte Börse oder Wallet-Adresse, Transaktions-ID, Gebühren sowie die Verbrauchsfolge (z. B. FIFO) zu erfassen.


Steuerreports aus Tools werden akzeptiert, entbinden jedoch nicht von der Verantwortung, dass die Daten vollständig und plausibel sind. Wer clever ist, sichert sich zum Jahresende Screenshots und Exportdateien von allen Börsen und Wallets. So steht im Falle einer Prüfung alles bereit.


Sonderfälle im Blick


Staking-Erträge zählen zu den „sonstigen Einkünften“. Sie werden mit dem Marktwert bei Zufluss bewertet und sind bis zu einer Freigrenze von 256 Euro im Jahr steuerfrei. Gleiches gilt für Lending-Erträge. Wer die durch Staking erhaltenen Coins später verkauft, muss den Gewinn zusätzlich nach § 23 EStG versteuern.


Beim Mining hängt die Einstufung vom Umfang ab. Handelt es sich um eine nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, gilt sie als gewerblich. Kleinere, gelegentliche Mining-Aktivitäten können als „sonstige Einkünfte“ behandelt werden.


Airdrops haben eine steuerliche Besonderheit. Erfolgt die Zuteilung ohne Gegenleistung, fällt zunächst keine Einkommensteuer an. Der spätere Verkauf ist jedoch steuerpflichtig und der Gewinn wird so berechnet, als hätten die Coins Anschaffungskosten von null Euro.


Erfolgt der Airdrop im Gegenzug für eine Handlung wie Werbung oder Teilnahme an einer Kampagne, wird er als sonstige Einkünfte bei Zufluss besteuert. Auch NFTs laufen in dieser Logik mit: Erwerb und Verkauf sind steuerlich wie bei anderen Kryptowerten zu behandeln, inklusive Haltefrist und Freigrenze.


Steuersätze, Progression und die unsichtbare Renditeminderung


Anders als bei Aktien gilt für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften keine Abgeltungsteuer. Stattdessen fließen sie in das zu versteuernde Einkommen ein und unterliegen dem persönlichen Steuersatz, der zwischen 0 und 45 Prozent liegen kann. Ab bestimmten Einkommen kommt noch der Solidaritätszuschlag hinzu, bei Kirchenmitgliedern auch die Kirchensteuer.


Die Bemessungsgrundlage ist der Gewinn je Transaktion in Euro. Alle Gewinne und Verluste aus § 23 EStG werden am Jahresende zusammengerechnet. Bei Überschreiten der Freigrenze fällt auf den Gesamtbetrag Einkommensteuer an.


Die Auswirkungen auf die Nettorendite sind erheblich. Ein Kursplus von 5.000 Euro kann nach Steuern deutlich kleiner ausfallen, je nach individuellem Steuersatz. Steuerfreie Verkäufe nach Ablauf der Haltefrist oder unterhalb der Freigrenze sind daher ein starkes Instrument, um den Ertrag zu sichern.


Verluste, Fristen und legale Steueroptimierung


Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften können nur mit Gewinnen derselben Kategorie im gleichen Kalenderjahr verrechnet werden. Ein Vor- oder Rücktrag in andere Jahre ist nicht möglich.


Eine gängige Strategie ist das sogenannte Tax Loss Harvesting. Dabei werden verlustreiche Positionen noch vor Jahresende verkauft, um Gewinne zu reduzieren. Die Coins können nach Ablauf der Sperrfrist wieder gekauft werden, wenn sie langfristig gehalten werden sollen.


Die Frist für die Steuererklärung endete für das Steuerjahr 2024 am 31. Juli 2025, ohne steuerliche Beratung. Mit Steuerberater verlängert sich die Frist in der Regel bis zum 30. April 2026. Wer diese Termine ignoriert, riskiert Verspätungszuschläge.


Für Kryptoderivate gelten andere Regeln. Durch das Jahressteuergesetz 2024 wurde die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte aufgehoben, was Strategien bei Futures oder CFDs neu kalkulierbar macht.


Wie Tools den Überblick retten


Die schiere Menge an Transaktionen, gerade bei aktivem Handel, macht eine manuelle Erfassung kaum praktikabel. Hier kommen Krypto-Steuertools wie Blockpit ins Spiel. Sie lesen automatisch Wallet- und Börsendaten ein, berechnen die Euro-Werte, erstellen Reports und bieten Schnittstellen zu ELSTER oder gängiger Steuersoftware.


Das BMF-Schreiben erkennt solche Berichte als Nachweis an, solange sie vollständig und plausibel sind. Die Verantwortung bleibt jedoch beim Steuerpflichtigen. Wer hier strukturiert arbeitet, spart nicht nur Zeit, sondern sorgt auch dafür, dass wirtschaftlich relevante Daten jederzeit transparent vorliegen und im Ernstfall schnell abrufbar sind.


Zum Jahresende empfiehlt sich ein fester Ablauf: Transaktionslisten und Wallet-Snapshots sichern, Abgleiche zwischen Börsenexports und Blockchain-Daten durchführen und die gewählte Verbrauchsfolge im Bericht dokumentieren. So lassen sich spätere Diskussionen mit dem Finanzamt vermeiden und der Blick auf die Krypto-Performance bleibt klar.

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  • Erstellt am 18.08.2025 - 09:45Uhr | Zuletzt geändert am 18.08.2025 - 10:09Uhr
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