Immer wieder Görlitz

Dresden | Görlitz-Zgorzelec. Das Regierungspräsidium Dresden (RP) beanstandet als Rechtsaufsichtsbehörde den Beschluss Nr. 674a-08 des Stadtrates der Stadt Görlitz vom 24. April 2008, weil er ist in Ziffer 1 materiell rechtswidrig ist. Die Stadt wird aufgefordert, diesen Beschluss innerhalb von zwei Monaten aufzuheben. Anderenfalls wird die Ersatzvornahme angedroht.

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Haftung der Stadträte gemäß Aktien- oder GmbH-Recht

Beim Beschluss Nr. 674-08 handelt es sich um die Änderung des Beschlusses Nr. 619a-08, mit welchem der Oberbürgermeister in Ziffer 1 angewiesen wurde, die fünf ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder der Stadtreinigung Görlitz GmbH i.L. (SRG) Klaus Keller, Hans-Ulrich Lehmann, Jörg-Peter Thoms, Stephan Lechner und Raphael Schmidt von den gerichtlich festgestellten Ansprüchen der SRG wegen der Verletzung von Überwachungspflichten freizustellen.

Diese Anweisung verstößt gegen § 98 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO). Die Gemeinde hat dem Vertreter der Gemeinde, wenn er sich wegen seiner Tätigkeit im Organ eines Unternehmens strafbar gemacht hat, den Schaden zu ersetzen. Dies gilt jedoch nicht, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt und Schaden verursacht hat - dann haftet die Gemeinde nicht. Der Stadtrat hat nach Auffassung der Rechtsaufsichtsbehörde bisher wiederholt nicht glaubhaft dargelegt, dass bei den ehemaligen Aufsichtsräten die Voraussetzungen für eine Freistellung gemäß § 98 SächsGemO gegeben sind.

Zu Ziffer 2 des Beschlusses sieht das RP keinen Grund zur Beanstandung oder Anordnung der Aufhebung, da sie keinen Regelungsgehalt besitzt.

Die von Stadtrat Michael Hannich zitierte Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sei nicht einschlägig. Im erwähnten Fall sei über die Haftung von Studentenvertretern auf Schadenersatz gegenüber dem Staat befunden worden. "Das in dem beschriebenen Fall anwendbare Bayerische Hochschulgesetz hat eine persönliche Haftung der Studentenvertreter nicht erwähnt. Insoweit ist es nach Auffassung der Richter nicht zulässig, stattdessen allgemeine Rechtsgrundsätze hier - in Anlehnung an das zivile Auftragsrecht - heranzuziehen“, heißt es im jüngsten Bescheid der Rechtsaufsichtsbehörde. Von der Gemeinde bestellte Aufsichtsratsmitglieder haften gemäß Aktien- oder GmbH-Recht.

Die SächsGemO sieht vor, dass ein Vertreter der Gemeinde für eine Tätigkeit im Organ eines Unternehmens freigestellt werden kann, wenn er den Schaden weder grob fahrlässig noch vorsätzlich verursacht hat. Das RP Dresden schreibt dazu weiter: „Eine Haftungsfreistellung auch für grob fahrlässig herbeigeführte Schäden … ist somit ausdrücklich nicht geregelt. Das ist auch interessengerecht, da gemäß § 98 Abs. 2 Satz 3SächsGemO nur solche Personen zu Vertretern bestellt werden sollten, die über die für diese Aufgabe erforderliche betriebswirtschaftliche Erfahrung und Sachkunde verfügen.“

Der Widerspruch zu Ziffer 3 hat sich erledigt. Der Oberbürgermeister ist dem Widerspruch des Ausschussvorsitzenden des Ad-hoc-Ausschusses „Verkauf Mülldeponie“ beigetreten. In Ziffer 4 (Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei) ist der Beschluss rechtmäßig, nicht ermessensfehlerhaft und verstößt auch nicht gegen die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung. Der Oberbürgermeister wäre ansonsten gehalten, eine von ihm als rechtswidrig erachtete Entscheidung zu beseitigen.


Kommentar

Die Karre steckt im Dreck. Es entsteht der Eindruck, dass Handlungsmöglichkeiten, die womöglich zu Gunsten der betroffenen Stadträte bestanden, in den schäumenden Emotionen längst untergegangen sind.

Der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick dürfte sich durch das Eingreifen des Regierungspräsidiums erneut bestätigt sehen.

Dass einige engagierte Leute wirtschaftlich voraussichtlich ins Gras beißen werden, sollte niemanden kalt lassen. Vielleicht könnten ja Vertreter aus dem Stadtrat ein Spendenkonto einrichten? Wie weit geht die Solidarität?

Andererseits gehört der wirtschaftliche Untergang zu den gängigen Szenarien des Kapitalismus.

Wer interessiert sich für die Veranstalter eines Musikfestivals, dass mit Verlust endet?

Die haben es doch auch nur gut gemeint,

denkt Ihr Fritz R. Stänker

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  • Quelle: /red
  • Erstellt am 23.07.2008 - 16:39Uhr | Zuletzt geändert am 23.07.2008 - 17:04Uhr
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