Finanzierungsloch bei Sanierung der Görlitzer Stadthalle

Finanzierungsloch bei Sanierung der Görlitzer StadthalleGörlitz, 9. März 2022. The neverending story hat einen Namen: Stadthalle Görlitz. Niemand hat die Absicht zur Keule des BER-Vergleichs zu greifen, aber ein Groschengrab auf lange Sicht ist die Sanierungsbaustelle samst vielleicht noch zu erlebendem Übergang in die Nutzung schon jetzt.

Abb.: Sommertheater "Evita" im Jahr 2021 im Görlitzer Stadthallengarten
Bildquelle: Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne
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Fünf Millionen Euro: Woher nehmen, wenn nicht aus anderen Töpfen?

Thema: Stadthalle Görlitz

Stadthalle Görlitz

Die Stadthalle Görlitz wurde 1910 als Veranstaltungsort des Schlesischen Musikfestes eröffnet. Hoher Sanierungsbedarf und die ungenügende Selbstfinanzierung führten im Jahr 2005 zur Einstellung des Betriebs und zu Verkaufsbestrebungen seitens der Stadt Görlitz. Die Ende Januar 2010 vom Stadtrat beschlossene Sanierung wurde, ohne dass Arbeiten am Gebäude begonnen hätten, im Oktober 2012 gestoppt, weil Fristen für Fördermittel zu kurz waren. Erst 2018 stellten Bund und Land Geld für eine über die Sicherung hinausgehende Sanierung bereit. Eine große Herausforderung stellen die Betriebskosten für die Stadthalle Görlitz dar.

"Die Finanzierung der Stadthallensanierung wackelt wieder", so die nüchterne Feststellung der Görlitzer Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne. Oberbürgermeister Octavian Ursu hatte im Stadtrat auf Nachfrage der Fraktion erklärt, das Finanzamt habe einer Erstattung der Mehrwertsteuer für das Bauvorhaben eine Absage erteilt. Ergo: Die Stadt bräuchte dann mal mindestens fünf Millionen Euro aus anderer Tasche, um die Bauarbeiten bis zur Fertigstellung bezahlen zu können.

Insgesamt taxiert die Verwaltung das Stadthallenprojekt wegen der anzunehmenden Baukostensteigerungen auf 48 Millionen Euro, jedoch gelten davon lediglich 43 Millionen Euro durch Fördermittel und das Stadtsäckel gesichert. Wie er sich den Weg aus dem Engpass vorstellt, sagte der Oberbürgermeister ebenfalls im Stadtrat: Man werde nun bei den Fördermittelgebern um einen Nachschlag zu den bereits zugesagten 36 Millionen Euro bitten.

Im Namen der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne äußerte sich Mike Altmann (Motor Görlitz): "Die Rathausspitze hat bei der Stadthallen-Planung aufs Finanzamt gehofft. Alles auf diese Karte zu setzen, bedeutet nun erheblichen Zeit- und Geldverlust. Bereits im September 2020 hatten wir angeregt, zweigleisig zu planen, da es keine Garantie gab, die gezahlte Mehrwertsteuer tatsächlich zurückzubekommen. Das wurde von Bürgermeister Wieler damals abgelehnt."

Zum aktuellen Fehlbetrag von fünf Millionen Euro in der Finanzierung, wie sie die aktuelle Kostenprognose erfordert, stellt die Fraktion fest: Görlitz hat dieses Geld nicht. Mehr Fördermittel vom Bund in der aktuellen Lage zu bekommen, wird nicht einfach. "Die Chancen dürften sich erhöhen, wenn die Planungen nochmals angefasst werden", erläutert Dr. Jana Krauß von den Bündnisgrünen, "Bislang ist keine energetische Sanierung vorgesehen. Das heißt, es wird einen gehörigen Wärmeverlust geben. Zudem ist eine Gasheizung geplant. Nicht nur durch den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen dramatischen Änderungen im Welthandel und auf dem Energiemarkt wird das zu deutlich höheren Betriebskosten führen. Wir sollten also aus eigenem Interesse mit dem Bund und dem Land darüber Gespräche aufnehmen. Ein Denkmal wie die Stadthalle energetisch zu sanieren – das hätte Vorbildcharakter und würde neue Möglichkeiten bei der Förderung bieten."


Kommentar:

Nachschlag bekommen, das ist ein Begriff aus einer Zeit, als Schulküchen noch so selbstverständlich waren wie resolute, aber warmherzige Küchendamen, deren aufrichtiges Anliegen es war, die Wänster satt zu bekommen. Die Zeiten haben sich geändert und für die heutigen Typen an der Ausgabestelle ist es mitnichten das wichtigste Anliegen, den kommunalen Geldhunger zu stillen.

Sicher werden alte Pazifistenseelen anmerken, das für Zwecke, die letztendlich auf das Gegenteil der Erhaltung von Gebäuden hinauslaufen, über Nacht 100.000 Millionen Euro lockergemacht werden – fünf Millionen sind davon 0,005 Prozent. Hier ein Granätchen, da ein Bömbchen, dort ein Dröhnchen weniger und – Chapeau! – nicht nur die Stadthallensanierung samst mustergültiger energetischer Ertüchtigung ist in trockenen Tüchern, sondern auch die Betriebskosten bis zum Sankt Nimmerleinstag gleich mit. Kann man nicht einfach gleich jenen Anteil vom Militärkrempel einsparen, der eh nicht im Ziel einschlägt oder abgeschossen wird? Allerdings darf es nicht an warmen Unterhosen und Unterhemden mangeln, so viel Geld muss das Wohlergehen ihrer Verteidiger einer humanistisch geprägten Gesellschaft wert sein.

Das musste mal gesagt werden, aber etwas anderes gehört auch dazu. Oberbürgermeister Octavian Ursu geht Aufgaben, die zu Problemen mutieren möchten, gern so an, dass er ankündigt, "Gespräche führen" zu wollen. Dahinter verbirgt sich seine Stärke als geschickter Verhandler, der zudem Kraft aus hervorragender Vernetzung gewinnt. Bildlich gesprochen: Egal, welche Karte gespielt wird, Ursu hat gewöhnlich noch einen Trumpf in petto.

Die großen Unwägbarkeiten werden indes nicht geringer: Das Coronavirus mutiert fröhlich weiter, schon hat Deltakron, eine Misch-Mutante aus Delta und Omikron, die womöglich die stärksten, sprich für den Menschen unangenehmsten Eigenschaften ihrer Vorgänger vereint, die Bühne betreten. Dazu der Ukraine-Krieg, der vermutlich für lange Zeit ein Unruhe-Gebiet hinterlassen wird mit allen schwer nachteiligen Konsequenzen auch für die deutsche Wirtschaft.

Wer sich an die Zeiten des kalten Kriegs erinnert, blickt unsicherer denn je in die Zukunft: Kommt eine lähmende Eiszeit oder wird der Krieg für ganz Europa heiß? Noch immer bietet ein Text von Udo Lindenberg in "Udo on the Rocks" (letzte Strophe) eine schöne Vision: "Wenn Krieg ist, steigen die Staatschefs selber in den Ring!" Wie die Wetten stehen würden im Match zwischen Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin, daran zweifelt nicht

Ihr Thomas Beier

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Finanzierungsloch bei Sanierung der Görlitzer Stadthalle

Von Erwin Buß am 16.03.2022 - 08:31Uhr
Werte Architekten, Bauplaner und Denkmalschützer,

den Görlitzern hätte es gereicht, wenn die Stadthalle ihr altes schönes historisches Antlitz – mit Nebenräumen und Bier-/Kultur-Garten – wiedergewonnen hätte. Auch vielen Gästen und Besuchern hätte es in den vergangenen Jahren gefreut, diese schöne schon fast verlorene "Historie" Görlitzer Geschichte nochmals fertig und im sanierten Glanz zu erleben.

Wozu dieser Glaskasten vor der Stadthalle gut sein soll und das auf der ehemals notwendigen Parkfläche zur Stadthalle verschließt sich dem gesunden Menschenverstand.

Der Stadthallenbau dauert damals von 1906–1910. Schon 1908 war der Rohbau bereits abgeschlossen. Heute schafft man es nicht, mit moderner Technik usw. dies seit 2004, also seit über 17 Jahren, zu realisieren.

Nicht umhin fragen sich inzwischen viele Bürger darum, werden sie noch so alt werden und die Eröffnung der Stadthalle noch zu Lebzeiten erleben. Welch ein Armutszeugnis der Stadt Görlitz und der "Macher".

MfG Erwin Buß

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  • Quelle: red / Kommentar: Thomas Beier, Bildquelle: Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne
  • Erstellt am 09.03.2022 - 10:35Uhr | Zuletzt geändert am 09.03.2022 - 12:04Uhr
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