Steuerschätzung bedingt Konsequenzen

Görlitz-Zgorzelec. Es knirscht wieder einmal im Rathausgebälk. Ursache sind diesmal die zurückgehenden Steuereinnahmen, wie sie die Steuerschätzung für die Gemeinden in den neuen Bundesländern vom Mai 2009 voraussagt. Der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick drängt deshalb auf eine Änderung der Ausgabenpolitik des Stadtrates: Weniger Konsum, mehr Investitionsvorbereitung und damit auch Arbeitsplätze in der Stadt.

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Nachhaltige Ausgabenpolitik nötig

Die Gewerbesteuern (brutto) der Stadt Görlitz könnten laut Schätzung rund 14,5 Prozent niedriger ausfallen als im Vorjahr. Das würde mehr als eine Million Euro weniger an Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt bedeuten.

Vor dieser Entwicklung sieht sich Oberbürgermeister Paulick in seiner Ausgabenpolitik bestätigt: „Wir haben jedoch schon bei der Aufstellung des Haushaltes mit kaufmännischer Vorsicht agiert und die noch im Herbst 2008 geschätzten Einnahmeerhöhungen nicht mit Maximalwerten angenommen. Doch die Gewerbesteuer ist eine unserer wichtigsten Einnahmequellen. Ein derartiger Ausfall wäre nicht zu kompensieren und macht einmal mehr deutlich, dass wir dringend Ansiedlungen auf bedarfsentsprechend entwickelten Flächen brauchen."

Allerdings kommt der Görlitzer Oberbürgermeister mit seiner Politik, bedarfsgerechte Ansiedlungsflächen für Investoren zu entwickeln, bei seinem Stadtrat nicht durch: „Dies habe ich bereits in der Haushaltsdiskussion deutlich gemacht, doch der Stadtrat hat sich dagegen gestellt. Wer argumentiert, dass die Görlitzer auch in der Region arbeiten können, hat die Grundsätze zur Aufstellung eines Haushalts nicht verstanden. Gewerbesteuern fließen direkt den Kommunen zu, insofern helfen uns auch keine im Landkreis vorhandenen Flächen. Das Beispiel Bautzen zeigt, dass sich die Investitionen in neue Gewerbeflächen mittelfristig auszahlen. Doch Görlitz lebt lieber weiter den Konsum."

Einige Themen brennen Paulick besonders unter den Nägeln: „Auch bei der S 111a und somit der Verbesserung der infrastrukturellen Anbindung des Gewerbegebietes in Hagenwerder sind wir noch keinen Schritt weiter. Ohne die Südumfahrung Kunnerwitz werden wir hier keine neuen Ansiedlungserfolge erzielen. Ich bin nicht bereit, mich damit abzufinden und werde weiter Druck machen.“

Prognosen

Das Einnahmenniveau 2008 wird voraussichtlich erst wieder 2013 erreicht.

Bei der Grundsteuer A geht die Steuerschätzung davon aus, dass im Vergleich zum Vorjahr rund 1.600 Euro weniger eingenommen werden.

Bei der Grundsteuer B wird zwar von 3,7 Prozent Zuwachs ausgegangen, letztlich allerdings prognostiziert die Steuerschätzung rund 20 Tausend Euro weniger Einnahmen als die Planung der Stadt vorsieht.

Niedriger als angenommen würden nach der Prognose der Steuerschätzung auch der Gemeindeanteil Einkommens- und Umsatzsteuer ausfallen. Bei der Einkommenssteuer geht die Steuerschätzung aufgrund des Rechnungsergebnisses 2008 von 9,6 Prozent weniger Einnahmen im Haushalt aus, das entspricht rund 252 Tausend Euro. Bei der Umsatzsteuer wird ein Rückgang um 4,2 Prozent erwartet, was in Summe rund 128 Tausend Euro wären.


Kommentar:

Investitionspolitik wirkt mittel- und langfristig. Niemand kann sagen, wie schnell die geforderten Gewerbe- und Industrieflächen tatsächlich belegt werden. Allerdings ist sicher: Werden sie nicht angeboten, dann erfolgen keine Ansiedlungen und es entstehen auch langfristig keine Steuereinnahmen.

Wer aber vor einer Infrastruktur-Investition detaillierte Bedarfsnachweise einfordert, setzt auf Potemkinsche Dörfer. Das Angebot regelt die Nachfrage, nicht umgekehrt - das heißt, sind keine Flächen ausgewiesen, investiert ein Investor nicht einmal die Zeit in ein Gespräch.

Langfristig angelegte Investitionspolitik, so wie sie vom Görlitzer Oberbürgermeister gefordert wird, steht die Neigung vieler gewählter Volksvertreter, Erfolge - möglichst populär - innerhalb einer Wahlperiode zu verbuchen, entgegen. Das Schlüsselwort für Görlitz heißt Nachhaltigkeitsverantwortung.

Ihr Fritz R. Stänker

Ergebnis: Wie sollen Oberlausitzer Städte investieren?

Sparen - Geld nur für das Nötigste (6%)
 
Kurzfristig - in mehr Lebensqualität (10.8%)
 
Langfristig - als Voraussetzung für Wirtschaft und Arbeit (83.1%)
 
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  • Quelle: /red | /Fritz Rudolph Stänker | Fotos: /BeierMedia.de
  • Erstellt am 21.07.2009 - 07:58Uhr | Zuletzt geändert am 21.07.2009 - 09:00Uhr
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