Görlitz erneut belehrt
Dresden | Görlitz-Zgorzelec. Das Regierungspräsidium (RP) Dresden hat einen Widerspruch der Stadt zurück gewiesen und einen weiteren Stadtratsbeschluss beanstandet.
"Zulässig, aber nicht begründet"
So hat das Regierungspräsidium Dresden den Widerspruch der Stadt gegen einen Bescheid der Rechtsaufsichtsbehörde vom 26. März 2008 zurückgewiesen. Er sei zulässig, aber nicht begründet, heißt es im diesbezüglichen Bescheid. Mit dem Beschluss Nr. 637a-08 hatte der Stadtrat den Oberbürgermeister beauftragt, das Vergleichsangebot des ehemaligen Geschätsführers der Stadtreinigung Görlitz GmbH i. L. (SRG) zur Zahlung von 153.363,34 Euro anzunehmen.
Diese Anweisung verstoße gegen § 89 Abs. 1 der Sächsischen Gemeindeordnung, wonach das Vermögen einer Gemeinde unter Berücksichtigung seiner Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit ungeschmälert erhalten bleiben soll. Dazu zählt auch das wirtschaftlichen Unternehmen der Stadt zugeordnete Vermögen einschließlich ihrer Forderungen. Die Grundsätze der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung verpflichten zur pfleglichen und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung.
Auch wenn dem Stadtrat ein weitgehender Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum zusteht, kommt die Rechtsaufsichtsbehörde hier zu dem Ergebnis, dass der Stadtrat im Zuge der Beschlussfassung Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat.
Keine Notwendigkeit zum Verzicht
„Für ein Vergleichsangebot ist grundsätzlich dann Raum, wenn sich die Ausgangssituation so darstellt, dass beide Vergleichsparteien nicht oder nur schwer abwägbare Risiken zu tragen haben, die es angezeigt erscheinen lassen, von den jeweiligen Maximalforderungen abzuweichen, um einen Vergleich eingehen zu können“, heißt es im Schreiben des RP. Durch Urteil des Landgerichtes Görlitz waren der ehemalige Geschäftsführer und die ehemaligen sechs Aufsichtsräte gesamtschuldnerisch verurteilt worden, weitere 222.934,75 Euro an die SRG zu zahlen. Dazu die Rechtsaufsichtsbehörde: „Insoweit bestand und besteht zunächst auch weiterhin keine wirtschaftliche Notwendigkeit seitens der Stadt, von vornherein auf einen bestimmten Teil der schlussendlichen Schadensersatzsumme zu verzichten.“
Dies gelte auch vor dem Hintergrund des Ergebnisses eines Gutachtens der Rechtsanwälte Thümmel, Schütze & Partner vom 3. Januar 2008, dass der ehemalige Geschäftsführer den Schaden allein zu tragen habe. Ein möglicher Schadensersatzprozess des ehemaligen Geschäftsführers gegen die Stadt sei, so die Stadtverwaltung, spekulativ. Ohnehin wäre fraglich, ob die vom damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden Hannich benannte Anspruchsbegründung überhaupt tragfähig sei, da der Schaden bei der SRG erst durch die Verlängerung des Vertrages mit dem Analytikbüro Knechtel eingetreten sei.
Zu Beschluss Nr. 635
Der Beschluss Nr. 665a-08 des Stadtrates der Kreisfreien Stadt Görlitz vom 24. April 2008 wird seitens des Regierungspräsidiums als rechtswidrig beanstandet. Unter erneuter Androhung einer Ersatzvornahme wird die Stadt Görlitz aufgefordert, diesen Beschluss innerhalb von zwei Monaten aufzuheben.
Hintergrund: Der Stadtrat hatte am 11. April 2008 Herrn Georg Brüggen, Herrn Harald Twupack, Herrn Uwe Vüllings, Herrn Dr. Walter Oeckl und Herrn Matthias Arndt als Mitglieder des Aufsichtsrates der SRG Stadtreinigung GmbH i.L. gewählt. Dagegen hatte Oberbürgermeister Joachim Paulick widersprochen und dies dem Stadtrat erneut zur Beschlussfassung am 24. April 2008 vorgelegt. Mit Beschluss Nr. 665a-08 bestätigte der Stadtrat seine Beschlussfassung vom 11. April. OB Paulick wirdersprach erneut und legte den Vorgang dem Regierungspräsidium Dresden als Rechtsaufsichtsbehörde zur Entscheidung vor.
Stadtrat zu Unrecht in den Aufsichtsrat bestellt
In seinem Bescheid stellt das RP Dresden nun fest, dass der Beschluss Nr. 665a-08 materiell rechtswidrig ist. Die Bestellung von Harald Twupack in den Aufsichtsrat der SRG GmbH i.L. verstoße gegen § 98 Absatz 1 Sächsische Gemeindeordnung. Demnach sollen die von der Gemeinde neben dem Bürgermeister und seinem Vertreter bestellten weiteren Vertreter über die für diese Aufgabe erforderliche betriebswirtschaftliche Eignung und Sachkunde verfügen. Oberste Pflicht der Aufsichtsräte sei es, ihre Entscheidungen ausschließlich am Wohl der Gesellschaft auszurichten, primär haben sie die Interessen der Gesellschaft und erst sekundär die Gemeindeinteressen zu vertreten.
Bereits im Rahmen der Beanstandung des Stadtratsbeschlusses Nr. 530a-07 vom 18. Juni 2007 war festgestellt und mitgeteilt worden, dass u.a. Herr Twupack dieser Pflicht nicht Genüge getan habe. Mit zwei weiteren Aufsichtsratsmitgliedern habe er gesellschaftsvertragswidrig und ohne Legitimation den Liquidator der SRG GmbH i. L. angehalten, gerichtlich rechtskräftig bestätigte Forderungen gegen die ehemaligen Aufsichtsräte nicht einzutreiben.
Eine Mehrheit des Stadtrates setzt sich für Gerechtigkeit ein
Von Ein Kämpfer für die Wahrheit am 01.08.2008 - 00:16Uhr
Das Regierungspräsidium ist zur Wunderwaffe von OB Paulick geworden und ergreift munter Partei für ihn. Weshalb glaubt die Öffentlichkeit, dass alle Bescheide des Regierunspräsidiums richtig sind?
21 Stadträte, hauptsächlich aus CDU und SPD, haben am 16.7.1998 den Verkauf der Deponie Kunnersdorf beschlossen mit der Folge von 20 Mio. DM Schaden für die Stadt Görlitz.
19 Stadträte (mehrheitlich PDS) waren gegen diesen Verkauf.
Das Regierungspräsidium hätte widersprechen müssen, hat es aber aus politischer Disziplin gegenüber dem damaligen Finanzminister Milbradt nicht getan, der diesen Verkauf unbedingt wollte. Die damaligen Aufsichtsräte Keller, Thoms, Schmidt, Lehmann u, S. Lechner sowie der Geschäftsführer Gottschling haben sich gegen diesen unverantwortlichen Verkauf und damit für die Interessen der Stadtreinigung GmbH eingesetzt. Dieser Aufsichtsrat wurde in gleicher Sitzung am 16.7.1998 abgewählt, er war dem Verkauf im Wege. 10 Jahre später beanstandet jetzt das RP die Wahl des Aufsichtsrates Harald Twupack, weil er sich angeblich nicht für die Interessen der Stadtreinigung einsetzt. Warum wurden der ehemalige Aufsichtsrat u. Geschäftsführer auf Schadenersatz verklagt wenn sie sich doch für die Interessen der Stadtreingung richtigerweise aus Sicht des Regierungspräsidiums eingesetzt haben? Warum hat das PR dieser Abwahl nicht widersprochen? Das RP will heute die Fehler von damals nicht eingestehen. Im Übrigen geht die Besetzung des Aufsichtsrates das RP gar nichts an. Die liegt allein in der Verantwortung des Stadtrates als Hauptorgan der Verwaltung.
Hier wird das üble Spiel dieser Behörde sichtbar,
Es ist inzwischen nachgewiesen, dass nicht die Vertragsverlängerung die Ursache für den Schaden des analytischen Labors Knechtel war, sondern die Tatsache, dass dieser Vertrag gegen den Willen des Stadtrates vor Unterzeichnung beim Notar Nevries durch einen Wahlbeamten der Stadt entfernt wurde.
Wenn ein Vertrag einem Käufer gar nicht erst angeboten und verkauft wird kann doch eine Vertragsverlängerung vorher nicht als Grund für eine Klage gegen Aufsichtsrat und Geschäfts-führer herangezogen werden! Das ist völlig absurd, und das versteht sogar ein Schulkind der 5. Klasse.
Hier wurde der Stadtrat in hinterhältigster Weise getäuscht. Deshalb hat dieser Wahlbeamte die volle Verantwortung zu tragen.
Das die Gerichte völlig falsch geurteilt haben wir dadurch klar. Eine Mehrheit des Stadtrates hat die wahren Zusammenhänge erkannt und will die Fehler korrigieren. Zudem steht im Verkausbeschluss Nr. 916-98 in Punkt 3, dass die Verluste aus dem Verkauf durch die Stadt an die Stadtreinigung auszugleichen sind und nicht durch die Herren Keller, Thoms, Schmidt, Lehmann, S. Lechner und Gottschling.
Besonders schlimm ist die Tatsache, dass Herr Paulick und das Regierungspräsidium diese Zusammenhänge kennen und dennoch die Wahrheit verleugnen!
Noch ein Beispiel wie OB und Regierungspräsidium in übelster Weise agieren. Im November 2006 teilt Herr Paulick dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtreinigung mit, dass Rechtsgutachten in Bezug auf Schuld oder Unschuld des ehem, Geschäftsführers und Aufsichtsrates durch das Regierungspräsidium nicht anerkannt würden, da sie nicht wertneutral seien. Ein reichliches Jahr später wird das Gutachten der Dresdner Kanzlei Thümmel, Schütze & Partner, wie auch im vorliegenden Bescheid angeführt, entgegen der Stellungnahme vom November 2006 doch als Schuldbegründung herangezogen.
Warum? Es richtet sich gegen die Beklagten, und da ist dem OB und dem Regierungspräsidium jedes Mittel recht.
Ich hoffe, dass durch den Sonderausschuss "Deponieverkauf" die volle Wahrheit an die Öffentlichkeit kommt. Ich bitte die Mehrheit im Stadtrat sich in der Sache Freistellung der ehem. Aufsichtsräte und des Geschäftsführers weiterhin für das Recht und gegen Unrecht einzusetzen. Sie haben den Beschluss Nr. 916-98 als Gesetz auf Ihrer Seite, auch wenn Gerichte, der Oberbürgermeister und das Regierungspäsidium dies mit aller Macht anders darstellen wollen. Wenn Beschlüsse des Stadtrates nichts mehr gelten sollen wären Oberbürgermeister und Stadtrat überflüssig.
Hinweis: Lesermeinungen geben nicht die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.
Froh sein oder lachhaft
Von Jeder der Denken kann am 29.07.2008 - 22:26Uhr
Ja, Sie haben recht, ich bin in Kommunalpolitik leider keine Koryphäe.
Als Stadtoberhaupt an der Grenze zwischen Exekutive und Legislative zu stehen, kann schon schwer sein.
Aber genau deshalb sollte da eine Person stehen die Interessen ausgleichen kann und nicht zwischen den Stühlen zu sitzen kommt um alsbald durchzufallen.
Und ein bisschen Ungehorsam um den Verlust der Kreisfreiheit schadet nicht wirklich.
Sicherlich wird der neue Kreistag der Stadt Görlitz noch recht einheizen, und Görlitz muss sich wieder unterordnen.
Der Sonderstatus ist weg, in einem sehr schwierigen Landkreis der extrem viele unterschiedliche Menschensschläge unter einen Hut bekomme muss.
Es wird irgendwie gelingen, ich hoffe recht schnell, damit die Politik auch im "Kleinen" wirksam werden kann.
Meinung aus Zittau
Froh sein
Von Görlitzer Türmer am 24.07.2008 - 18:24Uhr
Görlitz sollte froh sein, dass OB Paulick das alles erträgt.
"Schande über einer Kreishauptstadt"
Von Schlesier am 22.07.2008 - 20:26Uhr
Ist so nicht ganz richtig!
Wenn das Regierungspräsidium Stadtratsbeschlüsse kassiert, weil sie nicht den Regeln entsprechen, also rechtswidrig sind, kann Paulick herzlich wenig dafür. Hier sind es immer wieder die Stadträte der Fraktion "Bürger für Görlitz" und "Linke", welche mit ihrer Mehrheit glauben, sich über Gesetze hinweg setzen zu können. Unzählige Beschlüsse, welche mit deren Mehrheit und gegen den Widerspruch von Paulick gefasst wurden, hat das Regierungspräsidium zurück gewiesen.
Also sollte man hier auf die Stadträte schimpfen und denen Nahe legen, dass sie sich um "ihr Geschäft" kümmern sollten und die Politik (wenn auch nur im Kleinen) Anderen überlassen.
Aber lieber Zittauer, im Kreistag sind andere Mehrheiten und der Kreistag ist dann letztendlich auch für Zittau entscheidend.
Aber Du hast schon recht. Der Schaden, den die Gruppe um Weidle und Ahrens, nicht nur für Görlitz anrichtet, ist schon enorm. Und in Dresden lacht man wahrscheinlich nur noch über uns.
Schande über einer Kreishauptstadt
Von Jeder der Denken kann am 21.07.2008 - 21:57Uhr
Wie lange will sich die Stadt Görlitz noch blamieren und bloßstellen?
Und das soll die Kreishauptstadt werden?
Damit tut sich hier in dieser Region niemand was Gutes.
Es fehlen 95 tausend Ingenieurstellen - Herr Paulick, sicherlich ist auch was gut bezahltes ohne Verantwortung für Sie dabei.
Gruß aus Zittau
Schuster bleib
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- Quelle: /red
- Erstellt am 21.07.2008 - 13:07Uhr | Zuletzt geändert am 21.07.2008 - 13:26Uhr
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