Gesundheitsanalyse: Im Osten lebt sich's eher ungesund

Gesundheitsanalyse: Im Osten lebt sich's eher ungesundGörlitz, 15. Januar 2021. Von Thomas Beier. Gesund alt werden will wohl jeder, nur ist das Engagement dafür höchst unterschiedlich ausgeprägt und steigt, vor allem nachdem sich die ersten Zipperlein gemeldet haben, tendenziell mit dem Alter. Während mancher sich schon in jungen Jahren einer gesunden Lebensweise verschreibt, findet mancher erst später dazu und – leider – durchaus viele nie.

Bildquelle: Diabetes.Help
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Mit gesunder Lebensweise gegen die Volkskrankheiten

Mit gesunder Lebensweise gegen die Volkskrankheiten
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Neben den persönlichen Einstellungen und Verhaltensweisen und freilich auch Veranlagungen spielt natürlich das Lebensumfeld mit seinen Einflussfaktoren und gebotenen Möglichkeiten ein große Rolle für eine möglichst gesunde Lebensweise, die zu konstanter Gesundheit und hoher Lebenserwartung beiträgt.

Interessant dabei ist, dass sogenannte Volkskrankheiten wie etwa Bluthochdruck, Rückenschmerzen und Stoffwechselstörungen, speziell die Fettstoffwechselstörung und der Diabetes Typ 2 – der zwar als Altersdiabetes bekannt ist, längst aber auch immer jüngere Leute betrifft – zwar medizinisch unterschiedlich behandelt werden, aber allesamt grundsätzlich durch eine gesunde Lebensweise positiv beeinflusst werden können. In bestimmten Fällen können Patienten, die ihre Ernährung und ein Stück weit ihren Alltag umstellen, sogar die Symptomlosigkeit auch bei Verzicht auf Medikamente erreichen.

Anders gesagt: Wer mit gesunder Lebensweise gegen eins der genannten Leiden vorgeht, beugt zugleich anderen Beschwerden vor beziehungsweise kann diese unter Umständen ebenfalls lindern oder sogar abstellen.

Studie erfasst, was zu einem gesunden Leben beiträgt

Sicher kann vieles zu einem gesünderen Leben beitragen, etwa die Vermeidung von negativem, sogenanntem Di-Stress und ein geregelter Tagesrhythmus. Das Webportal Diabetes.Help hat wichtige Einflussfaktoren für gesundes Leben in der groß angelegten Studie “Die gesündeste Landeshauptstadt Deutschlands” untersucht und dabei auch die jeweilige Lebenserwartung in den Landeshauptstädten und Stadtstaaten einbezogen.

Erfasst wurden standortspezifische Daten, die etwa mit der Anzahl von Bio- und Wochenmärkten pro 100.000 Einwohner die Möglichkeiten für gesunde Ernährung widerspiegeln. Ebenfalls pro 100.000 Einwohner wurde die Anzahl der zugelassenen Pkw erfasst, außerdem die Zahl der Feinstaub-Messstationen pro Quadratkilometer.

Ein weiterer Bereich der Studie widmet sich der Gesundheitsversorgung in den Landeshauptstädten, darunter selbstverständlich auch Dresden. Analysiert wurde, wie viele Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Altersheime je 100.000 Einwohner verfügbar sind und wie lange man im Schnitt bis zur nächsten Apotheke braucht.

Bewegung und Sport sind ganz wesentlich, um den sogenannten Volkskrankheiten vorzubeugen oder diese besser in den Griff zu bekommen. Also wurde in der Studie auch die Anzahl von Fitnessstudios und Schwimmbädern pro Quadratkilometer ebenso berücksichtigt wie die Zahl der Sportvereine und Sportstätten je 100.000 Einwohner. Mehr noch: Auch welchen Anteil Erholungsflächen wie etwa Parks an der Stadtfläche einnehmen oder wie fahrradfreundlich eine Stadt ist, floss in die Bewertung ein.

Dem Anliegen von Diabetes.Help entsprechend erfassten die Analysten eines eigenen Diabetesindex. In diesen Index fließen Risikofaktoren, die einen Diabetes Typ 2 begünstigen, ein:
    • die Anzahl der Raucher je 1000.000 Einwohner sowie der Anteil an Übergewichtigen, der körperlich Inaktiven sowie jener, die unter Bluthochdruck leiden, ein,
andererseits auch
    • die Anzahl von Diabetiker sowie von Diabetologen je 100.000 Einwohner sowie der Bestand (Prävalenz) und dessen Veränderungen (Inzidenz) an Diabetes mellitus Erkranker.

Rote Lampe für ostdeutsche Landeshauptstädte

Aus den Rohdaten wurden entsprechende Sores abgeleitet, aus denen dann das Ranking der Landeshauptstädte entstand. Klarer Gesamtsieger ist München – ostdeutsche Städte hingegen kommen überhaupt nicht gut weg, die Landeshauptstädte der fünf im Jahr 1990 der Bundesrepublik beigetretenen Länder belegen die letzten Plätze in der Gesamtwertung des Rankings.

Interessant ist dabei der Blick auf die Detailbewertungen und Scores von Diabetes.Help, die auf der verlinkten Webseite zum Download angeboten werden. Die erfassten Daten zeigen, dass die einbezogenen ostdeutschen Städte nicht nur in der Gesamtwertung die Schlusslichter sind, sondern auch bei den Standortfaktoren, die in der downloadbaren Tabelle als “Städteübersicht” bezeichnet werden und sich in einer interaktiven Tabelle auf der Webseite als Score in der Spalte “Allgemein” wiederfinden: Während hier allein Potsdam deutlich besser abschneidet, gesellt sich Berlin zu den letzten Fünf.

Beim aus dem Gesundheitsindex abgeleiteten Score ist Schwerin der positive Ausreißer, während Stuttgart hinter Erfurt, Dresden, Berlin und Potsdam das Schlusslicht bildet. Anders bei Sport und Bewegung: Berlin ist Spitze, das nahe gelegene Potsdam hingegen Letzter. Beim Diabetes-Score, in dessen Datenbasis sich die teils die Folgen der anderen ausgewerteten Gegebenheiten zeigen, findet sich Magdeburg auf dem letzten Platz, die anderen fünf Letztplatzierten sind Schwerin, Erfurt, Dresden, Potsdam und Berlin.

Ist den Ostdeutschen ihre Gesundheit nicht so wichtig?

Natürlich müssen die in der Studie erfassten Zahlen und die daraus abgeleiteten Scores vorsichtig interpretiert werden, Ostdeutschland mit einem “Na, da seht ihr ja!” abzutun, wäre grundfalsch. Bei näherer Betrachtung ergibt sich nämlich ein höchst differenziertes Bild. So kommt Dresden nach Auswertung der Rohdaten (untere Tabelle der zum Download angeboteten Datenübersicht) beim Thema Rauchen am besten weg, hingegen Schwerin – gleich hinter der Görlitzer Partnerstadt Wiesbaden – am schlechtesten. Ebenfalls im Vergleich aller 16 Städte steht Magdeburg mit seinem hohen Anteil an Übergewichtigen auf der Schlussposition, Erfurt als offenbar “schlanke Stadt” hingegen auf dem Spitzenplatz. Dresden hat bei den körperlichen Aktivitäten die Nase ganz vorn, beim Bluthochdruck muss Magdeburg als eine Stadt, in der laut Datenbasis besonders ungesund gelebt wird, hinten anstehen.

Offenbar bedingt Eins das Andere: Wo etwa weniger auf gesunde Ernährung geachtet, siedeln sich weniger Bio-Märkte an, gibt es weniger oder nur kleine Wochenmärkte – ein Bild, wie es – bei allem Respekt vor den vorhandenen Anbietern – auch auf Görlitz und viele weitere Städte zutrifft, wo mangelnder Wettbewerb, so der Eindruck, zu höheren Preisen führt. Das wiederum senkt die Bereitschaft, etwas mehr Geld für eine gesunde Ernährung in die Hand zu nehmen. Zweifellos wirken sich auch soziodemografische Strukturen aus.

Eine weitere Rolle spielt, welche Grundeinstellungen und Normen sich in der Gesellschaft entwickelt haben. Gestalten die Menschen ihren Alltag selbstbewusst positiv? Wie weit folgt der Konsum nur dem Preis, wie weit spielen Nachhaltigkeitskriterien eine größere Rolle? Die schlechte Platzierung der ostdeutschen Landeshauptstädte komm ja nicht von ungefähr. Vielleicht sollten die ostdeutschen Ureinwohner, die so gern die Besonderheiten ihrer Vergangenheit betonen, einmal selbst überdenken, von welchen Grundsätzen sie sich leiten lassen und an einem gesundheitsbewussteren Verhalten in allen Lebensbereichen arbeiten.

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  • Quelle: Thomas Beier | Bilderquelle: Diabetes.Help
  • Erstellt am 15.01.2021 - 08:56Uhr | Zuletzt geändert am 15.01.2021 - 09:36Uhr
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