Time to say goodbye, aber ganz langsam bitte
Görlitz, 10. Oktober 2022. Es kommt der Tag, an dem ein in die Jahre gekommener Liedermacher, der mal Robert Zimmermann hieß, auf den Eingangsstufen zum Apollo-Theater sitzen und "It's All Over Now, Baby Blue" singend wird. Gestern endete seine Deutschland-Tournee, Tickets gibt's noch für Amsterdam am 16. und 17. Oktober 2022. Zum Glück war es noch nicht die Abschiedstournee des Meisters, nur die Görlitzer Lesebühne Hospitalstraße leistet sich so etwas. Aber nicht einmal für eine richtige Tournee reicht es an der Neiße: Eine bodenständige Abschiedssaison ist angekündigt und der Novemberblues schaut schon um die Ecke.
Abb.: Caro Renner zeigt, wie sie mit Anmut und Leichtigkeit die wirbelnde Luftgitarre spielt. Interessant und weltweit einzigartig dabei der Doppelkapodastergriff der rechten Hand
Foto: privat
Am 22. Oktober 2022 ist der Anfang vom Ende

Wer kennt sie nicht, die glorreichen Drei, von links: Axel Krüger, Heinz Eggert und Mike Altmann
Foto: Paul Glaser, Görlitz
Thema: Lesebühnen

Lesebühnen sind in Görlitz fester Kulturbestandteil - teils musikalisch unterlegt, teils mit Autoren von vor Ort, teils mit weitgereisten Schreib- und Lesenden.
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Ursprünglich sollte bereits in der Spielzeit 2021 Schluss sein mit dem apollonischen Lesebühnenwesen, doch ein Virus machte seinen Job, ging viral und ließ nur eine allereinzigste Veranstaltung 2021 zu. Ahnungsvolle Leserinnen wissen: Wird ihnen beteuert, sie seinen "die Allereinzigste", dann ist angesichts der mehrfachen Alleinstellung irgend etwas faul. Aber das nur am Rande.
It`s showtime, folks!
Für die erste Show nach dem ungewollten Abbruch vor einem Jahr verspricht der gastgebende Axel Krüger Stabilität. "Draußen wandelt sich die Welt rasant", ist ihm beim Blick aus dem Weinkeller aufgefallen – und es war nicht das bunte Laub! Jedenfalls sollen "mit Betreten des Apollo unsere Besucher das gute Gefühl haben, zu Hause zu sein." So kann man die Abwehr jeglicher Veränderung auch beschreiben, Klartext: Am Konzept ändert sich wieder mal nichts. Krüger wird also gemeinsam mit seinem Bühnenbretterkompagnon Mike Altmann Texte aus eigener Manufaktur vortragen – "gewohnt bissig, selten korrekt und dennoch in friedlicher Mission unterwegs", wird angekündigt, was noch zu beweisen ist.
Der Verstärker aus den Bergen
Zu ihrem Auftritt holen sich die beiden Görlitzer Popliteraten Verstärkung ins altehrwürdige Haus auf der Hospitalstraße: Aus den Höhen des Zittauer Gebirges herab schreitet Heinz Eggert, um nach mehr als sechs Jahren Apolloabstinenz endlich wieder zu Gast zu sein. Der Grandsigneur aus dem Herzen der Dreiländerregion gibt Kurzgeschichten und Anekdoten aus seinem bewegten Leben preis. Eggert war nicht nur Harleyfahrer, sondern auch Pfarrer in Oybin, sächsischer Innenminister, Landtagsabgeordneter, Kolumnist, Talkshowmoderator und ehrenamtlicher Sterbebegleiter im Hospiz.Angesichts des erwarteten Gastes kann der Krüger wieder einmal die freche Schnauze nicht halten: "Es ist eine große Ehre mit Heinz Eggert auf einer Bühne zu stehen. Aber auch bequem, da er uns bei der Redezeit enorm entlastet." Wenn sich das so auf der Bühne fortsetzt, wird der Abend lustig.
Wenn das Glück die Bühne betritt
So ein Altherren-Trio kann ja, falls man kein Glück hat und dann auch noch etwas Pech hinzukommt, den ganzen Abend schmeißen. Doch dem ist vorgebeugt: Statt Pech kommt Caro Renner und es ist ein Glück, dass die Görlitzerin Liedermacherin geworden ist. Sie sorgt für musikalische Zwischentöne, wenn die Erinnerungen gar zu schwer werden. Renner war schon mehrfach bei der Lesebühne zu Gast und ist ein absoluter Publikumsliebling. Wozu sie die Herrenriege überhaupt braucht, bleibt eines der Rätsel der gehobenen Unterhaltungskunst. Lesebühnenveteran Krüger findet auch dazu Worte: "Caro bringt mit ihrer Musik und ihrer Persönlichkeit Wärme in die gute Stube. Wir haben sie aber nicht aus Energiespargründen eingeladen."Prädikat: Unbedingt hingehen!
Sonnabend, 22. Oktober 2022, 19.30 Uhr,
Apollo-Theater Görlitz, Hospitalstraße 2, 02826 Görlitz.
Wer Zeuge der Bühnenereignisse werden möchte, ist zum Eintritt von 15 Euro herzlich willkommen. Karten gibt es an Vorverkaufsstellen und online unter www.g-h-t.de.
Kulturzuschlag:
Alles ist vorbei, nur nicht der Meister



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- Quelle: red | Fotos Caro Renner: privat, Foto drei Typen: Paul Glaser
- Erstellt am 10.10.2022 - 14:52Uhr | Zuletzt geändert am 13.10.2022 - 12:29Uhr
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