ARGE + ARGE = Jobcenter
Landkreis Görlitz. Die ARGEn (Arbeitsgemeinschaften zur Verwaltung und Betreuung der Hartz-IV-Empfänger) im Landkreis Görlitz heißen seit dem Jahreswechsel 2010/11Jobcenter. Grundlage für den neuen Namen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Die Arbeitsgemeinschaft Niederschlesische Oberlausitz und das Dienstleistungszentrum für Arbeit Görlitz sind zudem seit dem 1. Januar 2011 zum "Jobcenter Landkreis Görlitz-Nord" fusioniert. Der Kreistag hatte dem Zusammenschluss der beiden ARGEn in 2010 zugestimmt.
Alter Wein in neuen Schläuchen, meint Fritz R. Stänker
Für die von der Verwaltung "Kunden" genannten Hartz-IV-Empfänger ändert sich dadurch, so die Landkreisverwaltung, nichts. Weil das Jobcenter, das seinen Sitz in Görlitz hat, auch juristischer Nachfolger der ARGEn ist, behalten alle getroffenen Vereinbarungen ihre Gültigkeit. Auch künftig arbeiten Mitarbeiter der Arbeitsagentur und des Landratsamtes zusammen. Die Standorte in Niesky und Weißwasser sowie die Öffnungszeiten bleiben erhalten.
Der bisherige Geschäftsführer des Dienstleistungszentrums für Arbeit Görlitz, Eberhard Nagel, wurde durch die Trägerversammlung zum Geschäftsführer des Jobcenters Landkreis Görlitz-Nord bestellt. Zu seinem Stellvertreter wurde Roland Richter, der bisherige Geschäftsführer der ARGE Niederschlesische Oberlausitz, gewählt.
Kommentar
Neuer Wein in alten Schläuchen - wie anders soll man es bezeichnen, wenn alles beim Alten bleibt und nur der Name aufgepeppt wird? Nun bin ich bestimmt kein Feind von Anglizismen, aber warum sich eine deutsche Verwaltung eine englischsprachige Bezeichnung geben muss, wird wohl für ewig ein unter dem Aktenstaub verborgenes Rätsel bleiben. Vielleicht verstehen die Hartz-IV-Empfänger das ja besser als "ARGE", was nichts Gutes assoziiert hat.
Soll wohl dynamisch klingen: "Jobcenter", ist aber, so scheint´s mir, eher irreführend: Weder gibt es da ausreichend Jobs noch sind sie dort konzentriert, von den vielen beim Jobcenter selbst angestellten Arbeitslosigkeitsverwaltern mal abgesehen. Zudem besteht in meiner Auffassung ein gewaltiger Unterschied zwischen dem, was benötigt wird, nämlich Arbeitsplätzen, und "Jobs", die eher nach gering bezahlter Gelegenheitsbeschäftigung klingen.
Auch ein schickes Jobcenter kann nicht die Folgen einer langjährig verfehlten Wirtschaftspolitik und wirkungsarmen Entwicklungsgesellschaft im Landkreis Görlitz kaschieren, besonders im nördlichen Teil: Hier wird die einst stolze Glasmacherstadt Weißwasser der Verelendung preisgegeben. Die Folgen für die soziale Struktur in der Stadt sind dramatisch: Wer als Leistungsträger keine besonderen Bindungen hat, zieht weg. "Ich will meinem Sohn das Aufwachsen in dieser Stadt ersparen und damit verhindern, dass er in Asozialität und Kriminalität landet", so ein Hochschulabsolvent (Name der Redaktion bekannt), der auf gepackten Koffern nach Baden-Württemberg sitzt.
Auch unter dem Mantel "Jobcenter" ist es ein aussichtsloser Kampf, der gegen den Niedergang geführt wird: Gelegentliche Jobs zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit für die einen, das Abstellgleis für die anderen. Wer gut ausgebildet ist und was kann wird animiert, sein Heil in der Fremde zu suchen.
Selbst im Mezzogiorno hat man geschafft, wozu sich die Politik im äußersten Osten Deutschlands unterm Strich als unfähig erweist: Eine Strukturpolitik umzusetzen.
Verkehrswege, eine Solequelle und große Badeteiche sind dafür bissel wenig,
meint Ihr Fritz R. Stänker


Wo Kunden keine sind
Von Ernst am 26.01.2011 - 13:40Uhr
Auch wenn er gelegentlich über die Stränge haut sind die Kommentare von Herrn Stänker oft sehr treffend.
Wenn die Arbeitslosen von der Verwaltung als "Kunden" tituliert werden, dann ist das so, als würde man sich über sie lustig machen. Die Leute sind der Behörde ja weitgehend ausgeliefert, sich können sich nicht aussuchen, wo sie vorstellig werden, was sie bekommen und bezahlen tun sie als Leistungsempfänger auch nichts.
Allerdings scheint das Jobcenter ja recht erfolgreich um "Kunden" zu werben, so erfolgreich, dass sie schon Schlange stehen . . .

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- Quelle: red | Fritz R. Stänker
- Erstellt am 25.01.2011 - 11:39Uhr | Zuletzt geändert am 26.01.2011 - 01:29Uhr
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