Schicksal der Görlitzer Stadthalle liegt nun in den Händen des Landratsamts

Görlitz-Zgorzelec. Die Stadt Görlitz hat am 15. Juli 2010 alle von der Rechtsaufsicht zur Erteilung einer Gemeindewirtschaftsrechtlichen Stellungnahme (GWS) für den ersten Bauabschnitt des Projekts Stadthalle abgeforderten Unterlagen beim Landratsamt Görlitz eingereicht. Die landratsamtliche Ausichtsbehörde hatte der Stadt lediglich knapp vier Wochen Zeit gelassen, eine enorme Anzahl von Unterlagen zusammenzutragen und aufzubereiten.

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Stadt hofft auf Freizeichen für die Stadthalle als eines ihrer Wahrzeichen

Thema: Stadthalle Görlitz

Stadthalle Görlitz

Die Stadthalle Görlitz wurde 1910 als Veranstaltungsort des Schlesischen Musikfestes eröffnet. Hoher Sanierungsbedarf und die ungenügende Selbstfinanzierung führten im Jahr 2005 zur Einstellung des Betriebs und zu Verkaufsbestrebungen seitens der Stadt Görlitz. Die Ende Januar 2010 vom Stadtrat beschlossene Sanierung wurde, ohne dass Arbeiten am Gebäude begonnen hätten, im Oktober 2012 gestoppt, weil Fristen für Fördermittel zu kurz waren. Erst 2018 stellten Bund und Land Geld für eine über die Sicherung hinausgehende Sanierung bereit. Eine große Herausforderung stellen die Betriebskosten für die Stadthalle Görlitz dar.

Tatsächlich: Erst knapp vier Wochen ist es her, dass die Aufsichtsbehörde zur Bewertung des Großvorhabens bis zum Stichtag 15. Juli 2010 u. a. verlangte::

Einen Bericht über den Haushaltsvollzug zum 30. Juni 2010
Um den Haushalt nicht zu gefährden, sollten zum Halbjahr mindestens 50 Prozent der Einnahmen und maximal 50 Prozent der Ausgaben realisiert sein. Dies war zum Stichtag 30. Juni im Verwaltungshaushalt der Stadt Görlitz der Fall.
Daher gibt es aus Sicht der Stadt Görlitz aktuell keine Anzeichen, die auf eine Nichtumsetzung des Haushaltsvollzuges einschließlich des beschlossenen Haushaltssicherungskonzeptes hindeuten. Auch im Vermögenshaushalt achtet die Stadt konsequent auf einen ausgeglichenen Haushalt, so die Stadtverwaltung in einer Mitteilung. Es zeichne sich demnach auch in diesem Teilhaushalt kein Sachverhalt ab, der in 2010 zu einer Fehlbetragsentwicklung führen könnte.

Einen Bericht über den Vollzug des Haushaltssicherungskonzeptes ab 2010 zum Stand 30. Juni 2010
Vereinzelte Maßnahmen des beschlossenen Haushaltssicherungskonzeptes werden nicht in vollem Umfang realisiert; andere hingegen werden voraussichtlich übererfüllt werden können. Mit dem Datenstand vom 30. Juni 2010 und den jetzt vorliegenden Erkenntnissen geht die Stadtverwaltung davon aus, dass für 2010 eine Gesamterfüllung des beschlossenen und genehmigten Haushaltssicherungskonzeptes zum Jahresende 2010 umgesetzt wird. Das beschlossene Konsolidierungsvolumen betrug für die Jahresscheibe 2010 ca. 3,4 Millionen Euro. An allen Maßnahmen, die 2011 bis 2013 wirksam werden sollen, arbeitet die Verwaltung planmäßig.

Die Jahresrechnung des Haushaltsjahres 2009
Der Haushaltsausgleich 2009 wurde erreicht. Das bedeutet, der Verwaltungshaushalt war 2009 - wie angestrebt - seit 2002 erstmals wieder strukturell ausgeglichen.

Neben der geplanten Deckung von Altfehlbeträgen in Höhe von rund 800.000 Euro konnte sogar eine überplanmäßige Deckung in Höhe von rund 83.000 Euro erzielt werden. Die Altfehlbeträge belaufen sich damit per 31. Dezember 2009 noch auf rund 26,5 Millionen Euro. Diese werden planmäßig in den Jahren 2010 und 2011 vollständig abgetragen. Es stehen somit im Vermögenshaushalt noch Mittel aus dem sogenannten Neißefonds in Höhe von rund 18,25 Millionen Euro zur Verfügung. Die Differenz in Höhe von rund 5,25 Millionen Euro kam bzw. kommt investiv für das Neißebad, die Bibliothek, das Musiktheater, die Museen und das Landratsamt zum Einsatz.

Außerplanmäßig konnten auch drei zweckgebundene Rücklagen in Höhe von insgesamt ca. 500 Tausend Euro gebildet werden. Es erfolgte eine weitere Entschuldung des Stadthaushaltes. Die Pro-Kopf-Verschuldung (einschließlich Friedhof) lag zum Ende 2009 bei noch 709 Euro Einwohner. Es mussten zwar weiterhin kurzfristige Kassenkredite aufgenommen werden, allerdings zu einem aktuell äußerst niedrigen Zinssatz.

Eine Übersicht über die Haushalts- und Finanzlage der Stadt Görlitz, dieses Projekt betreffend
Die Stadt bildet darin u.a. das Investitionsvolumen zum Projekt Stadthalle ab. Die Gesamtkosten belaufen sich danach auf rund 21,3 Millionen Euro, wobei mit ca. 4,4 Millionen Euro Eigenmitteln der Stadt - einer Entnahme aus dem sogenannten Neißefonds - kalkuliert wird. Fördermittel könnten aus den Programmen EFRE und Städtebaulicher Denkmalschutz (SDP) fließen. Auch die prognostizierten Personal-, Sach- und Betriebskosten ab dem Jahr 2013 sowie der mögliche Zuschuss der Stadt wurden hier in den Haushalt eingearbeitet. Das erste volle Jahr der Inbetriebnahme der Stadthalle wäre dann 2015.

Den Entwurf eines zweiten Nachtragshaushaltes 2010

In diesem Nachtragshaushalt soll die Sanierung der Stadthalle hinsichtlich der erforderlichen Investitionen als auch der zur erwartenden Folgekosten, vor allem der Betriebskosten, abgebildet sein. Ein solcher Entwurf wurde von der Verwaltung erarbeitet.

Nun muss das Landratsamt Stellung beziehen

Nun bleibt die Entscheidung des Landratsamtes abzuwarten. Fällt diese positiv aus, wird die Stadt das förmliche Verfahren zum Erlass einer solchen Satzung einleiten. Dazu zählt auch und insbesondere die Beschlussfassung durch den Stadtrat. Dessen Entscheidung könnte nach öffentlicher Bekanntmachung und Auslegung des Entwurfes, Vorberatung in den Ausschüssen und Behandlung etwaiger Einwände durch Einwohner in der Stadtratssitzung am 30. September 2010 fallen.

Mit den heute eingereichten Unterlagen soll die Stadt nachweisen, dass ihre dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit - auch unter Einbeziehung der Kosten für die teilweise Wiedernutzbarmachung der Stadthalle - als gesichert angesehen werden kann. Ergänzend zum bereits gestellten Antrag auf Erteilung einer GWS waren Nachfragen zu Nutzer- bzw. Auslastungsprognosen, Konkurrenzsituation, Finanzausstattung für Marketing, Verkehrsanbindung der Stadt und deren Infrastruktur zu beantworten.

Der Landkreis kündigte an, dass er nach Vorlage der o. g. Unterlagen bis zum 30.07.2010 die erwünschte GWS zu erstellen vermag. Diese bildet die Grundlage für jede Fördermittelbeantragung. Die Stadt hatte sich in verschiedenen Gesprächen und Korrespondenzen mit Staatskanzlei, SMI und Landesdirektion intensiv um eine konkrete Aussage zur In-Aussicht-Stellung von Fördermitteln bemüht. Fundament eines Förderantrages sei jedoch letztlich immer wieder der Nachweis, dass die Stadt sich mit dem Vorhaben Stadthalle finanziell nicht überhebe und die Halle über kurz oder lang nicht zur Investruine werde, so auch unisono die zuständigen Stellen des Freistaates.

Die Stadt hofft nun, in greifbarem Zeitraum dem Vorhaben Stadthalle mit einer möglichst positiven GWS einen entscheidenden Schritt näher zu kommen. Weiterer Verzug könnte die Abfinanzierung möglicher Fördermittel und damit das Projekt Stadthalle als solches gefährden.


Das Foto zeigt den Umfang der vom Landratsamt Görlitz als Rechtsaufsichtsbehörde eingeforderten Unterlagen.



Kommentar:

Fördern oder Papier fordern - für den Bürger steht allein der Fakt, dass die Stadthalle noch immer geschlossen ist. Die Gefahr dabei ist, dass mit den Jahren nicht nur das Gebäude, sondern auch die Bedeutung der Kulturstätte verloren geht.

Das Gute hingegen ist nun, dass nach der Sysiphus-Arbeit der Stadtverwaltung das Görlitzer Landratsamt klar Farbe bekennen muss - und zwar grün für die Stadthalle und nicht schwarz oder rot. Ansonsten ist mit dem Verlust von Fördermitteln, zumindest anteilig, zu rechnen, wodurch die Gesamtfinanzierung wieder kippen könnte.

Kultur auf´s Land! - aber die Stadthalle für Görlitz,

meint Ihr Fritz R. Stänker


Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Stadthalle für GR

Von Frank am 17.07.2010 - 01:21Uhr
Schön, dass wir das nach den ganzen Jahren mit dem Kampf ums Geld und der leidlichen Notsicherung des Objektes bald geschafft haben, aber wenn ich schon höre, dass die Sache noch am Herrn Landrat vorbei muss, wird mir als Görlitzer gleich mal wieder schlecht, der braucht jeden Cent für sein überteuertes Schloss.

Hoffentlich geht´s doch noch gut und "Daumen drücken" für die Stadthalle!

MfG Frank

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  • Quelle: red | Foto: Stadtverwaltung Görlitz
  • Erstellt am 15.07.2010 - 23:10Uhr | Zuletzt geändert am 10.10.2012 - 06:40Uhr
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