Sachsen nimmt Strukturentwicklung selbst in die Hand
Dresden | Cottbus / Chóśebuz, 29. April 2020. Die im November 2019 gegründete landeseigene (Gesellschafter sind der Freistaat Sachsen mit 51 Prozent und die Sächsische Aufbaubank mit 49) Sächsische Agentur für Strukturentwicklung GmbH (SAS) mit Sitz in Weißwasser / Běła Woda wird seit einer Woche von Jörg Mühlberg als Geschäftsführer geleitet und wird damit aktiv. Das ist auch gut so.
Die Zeit drängt – Sachsen handelt
Thomas Schmidt, Sächsischer Staatsminister für Regionalentwicklung, sieht in der Bestellung Mühlbergs den – wenn auch späten, möcht' man anmerken – Startschuss für die Strukturentwicklung in den sächsischen Revieren: "Wir setzen uns dafür ein, dass die Gesetzgebungsverfahren zum Kohleausstieg und zur Strukturstärkung in den davon betroffenen Regionen auf Bundesebene noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden. Der Freistaat macht seine Hausaufgaben und wird organisatorisch und personell gut aufgestellt sein, um das Strukturstärkungsgesetz umzusetzen, das insgesamt 40 Milliarden Euro Bundesmittel für die Strukturentwicklung vorsieht."
Sachsen will den auf den Freistaat entfallenden Teil der Bundesmittel, also rund zehn Milliarden Euro, von denen etwa 3,4 Milliarden als Finanzhilfen des Bundes für Investitionen des Freistaates und seiner Kommunen bestimmt sind, in den nächsten knapp zwanzig Jahren sinnvoll und wirksam einsetzen. Die SAS will im Auftrag des Freistaates Sachsen eng mit anderen in der Strukturentwicklung aktiven Akteuren zusammenarbeiten, so neben der Sächsischen Aufbaubank (SAB) und der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) besonders mit den regionalen Strukturentwicklungsgesellschaften für das Lausitzer Revier (Wirtschaftsregion Lausitz GmbH - WRL) und für das Mitteldeutsche Revier (Metropolregion Mitteldeutschland Management GmbH - MMM); hinzu kommen die entsprechenden Akteure aus Brandenburg (für das Lausitzer Revier) und Sachsen-Anhalt (für das Mitteldeutsche Revier).
Reaktion aus Brandenburg
Die Bestellung Mühlbergs zum Geschäftsführer hat die Gesellschafter der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH, die ihren Sitz in Cottbus hat, am darauffolgenden Tag zu einem Arbeitsgespräch veranlasst. Einer Verlautbarung nach, die das Ausmaß des Pikiertseins nur vermuten lässt, stellten sie übereinstimmend fest, "dass die Form einer Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Gesellschaft zwischen den Landkreisen aus Sachsen und den Landkreisen und der kreisfreien Stadt Cottbus aus Brandenburg ein Wert als solcher und nach Möglichkeit beizubehalten ist." Und weiter heißt es: "Die Landkreise Bautzen und Görlitz werden der geplanten Übernahme der Verantwortung der WRL im Strukturwandel in Brandenburg nicht im Weg stehen. Sollte sich die Brandenburger Landesregierung dahingehend entscheiden, wird dieser Schritt von allen Gesellschaftern und der Region begrüßt."Gesellschafter der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH sind die Landkreise Bautzen / Budyšín, Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Görlitz, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße und die kreisfreie Stadt Cottbus. Entsprechend scheint die Gesellschaft brandenburglastig, so definiert sie etwa vier "Regionale Wachstumskerne" als "Regionen mit Leuchtturm-Chrakter": Schönefelder Kreuz, Cottbus, Spremberg / Grodk und Westlausitz, wobei die sächsische Westlausitz nicht vorkommt. Insgesamt wirkt die übertrieben werbliche Sprache der Website eher abschreckend für Unternehmer, die sich an Realitäten orientieren.
Dabei verfügt Brandenburg über wertvolle Erfahrungen in der Wirtschaftsförderung, so etwa aus der Pleite der Landesentwicklungsgesellschaft im Jahr 2010, die es schaffte, in den nur zehn Jahren ihrer Existenz einen Verlust von 200 Millionen Euro aufzutürmen oder – besser gesagt – zu versenken. Das Halbleiterwerk Frankfurt/Oder beispielsweise, in dem Finanzhilfen des Landes Brandenburg lieber in Gehälter statt in Investionen gesteckt wurden, was dem wirtschaftlichen Selbstmord gleichkam, und das famose Cargolifter-Projekt im Landkreis Dahme-Spreewald, inzwischen Freizeitpark, haben den Erfahrungsschatz weiter angereichert.
In Sachsen läuft das anders
Im Gegensatz zu Brandenburg hat Sachsen seinen Mikroelektronikstandort in Dresden nicht nur gerettet, sondern weiter gestärkt. Für den Strukturwandel in den beiden sächsischen Braunkohleregionen ist ein Paket aus 24 Sofortmaßnahmen geschnürt. Um den Wandel weiter voranzutreiben kann es nur richtig sein, wenn Sachsen angesichts der Vielzahl der Akteure im Lausitzer Revier mit seiner Agentur für Strukturentwicklung die Zügel selbst in die Hand nimmt.Ganz gleich, ob man nun von Strukturwandel oder Strukturentwicklung spricht, eine künftige wirtschaftliche Ausrichtung muss auch in der Lausitz einer Reihe von Kriterien genügen, meint der Unternehmensberater Thomas Beier:
- Beschäftigung und Einkommen
Stichworte sind der Abschied von den Arbeitsmodellen des Industriezeitalters hin zu stärkerer örtlicher und zeitlicher Flexibilität (was nicht unbedingt Arbeit am PC bedeutet) unter Berücksichtigung der Work-Life-Balance, außerdem müssen Beschäftigungsmöglichkeiten für Geringqualifizierte und jene, deren bisherige Qualifikationen nur noch teilweise gefragt sein werden, einbezogen werden. - Digitalisierungskompatible Geschäftsmodelle
Unternehmen müssen ihre digitale Zukunftstrobustheit überprüfen und Entwicklungen möglichst vorwegnehmen. - Ökologie und Nachhaltigkeit
Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung werden zu maßgeblichen Verkaufsargumenten.



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- Quelle: red | Foto: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 29.04.2020 - 10:21Uhr | Zuletzt geändert am 15.06.2020 - 17:02Uhr
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