Fachkräfteallianz spült Geld in den Landkreis Görlitz

Landkreis Görlitz, 19. April 2016. Der Freistaat Sachsen stellt über das von Martin Dulig (SPD) geführte sächsische Wirtschaftsministerium im Jahr 2016 für den Landkreis Görlitz im Rahmen der Fachkräfteallianz 315.000 Euro bereit. Das Geld soll verwendet werden, um Maßnahmen zur "Fachkräftesicherung" mit bis zu 90 Prozent der förderfähigen Kosten zu bezuschussen. Bis zum Jahr 2020 wird jährlich ein Regionalbudget bereitgestellt, aus dem für entsprechende Projekte im Landkreis Görlitz Geld beantragt werden kann. Im Jahr 2016 stehen für ganz Sachsen für die "Fachkräftesicherung" etwa 4,3 Millionen Euro bereit.

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Antragstellung ab 29. April 2016

Thomas Baum aus der Oberlausitz, der für die SPD im Landtag sitzt, begrüßt die Förderung: "Wir haben die Fachkräfteallianz im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Jetzt ist das Geld für mindestens fünf Jahre da und hier vor Ort können gezielte Maßnahmen zur Sicherung von Fachkräften umgesetzt werden." Erhabe sich beim Arbeitsminister dafür eingestzt, dass die Mittel direkt in die Regionen fließen, weil man hier am besten wisse, wie das Geld zielgerichtet eingesetzt werden kann. Außerdem seien, so Baum, die Förderbereiche breit gefasst. Das ermögliche einen großen Handlungsspielraum.

Was kann gefördert werden?

Die Regionalbudgets können unter anderem eingesetzt werden, um

    • Unternehmen zu informieren und zu sensibilisieren,
    • Unternehmens- und Branchenverbünde zu stärken,
    • Fachkräftepools einzurichten,
    • Kooperationen von Hochschulen und Wirtschaft weiter voranzubringen,
    • Familie und Beruf besser vereinbar zu machen sowie
    • regionale Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit zu finanzieren.

    "Die sächsische Wirtschaft wächst, Unternehmen expandieren – doch schon heute suchen einzelne Branchen dringend Fachkräfte. Die Maßnahmen sind ein wichtiger Schritt, um qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen und im Landkreis Görlitz zu halten", erklärte Baum.

    Was soll wie bewirkt werden?


    Statistiker gehen davon aus, dass dem sächsischen Arbeitsmarkt allein bis zum Jahr 2025 rund 465.000 Erwerbstätige nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Die Förderung aus der Fachkräfterichtlinie soll dieser Entwicklung entgegenwirken.

    Bis zum Jahr 2020 sind runde 40 Millionen Euro beantragt, davon ungefähr 22 Millionen Euro für die regionale Förderung und etwa 9 Millionen Euro für sachsenweite Vorhaben. Weitere zirka 9,5 Millionen Euro fließen in ein Programm "Arbeitsmarktmentoren für Geflüchtete".

    Mit der Sächsischen Aufbaubank (SAB) sei ein einfaches und schlankes Förderverfahren abgestimmt worden, wurde aus dem Büro von Thomas Baum mitgeteilt.

    Die Richtlinie tritt am 29. April 2016 in Kraft - erst dann können Anträge bei der SAB gestellt werden.

    Kommentar:

    Wirtschaftsentwicklung heißt immer, Engpässe zu erkennen und den Hebel am wirkungsvollsten Punkt anzusetzen. Nun, man darf getrost davon ausgehen, dass im Wirtschaftsministerium wie auf Landkreis-Ebene genügend Expertise vorhanden ist, eine sinnvolle Mittelverwendung zu gewährleisten. Schließlich sind Fördermittel ja auch unmittelbar Fördermittel, fließen sie doch letztlich in irgendwelche Taschen und werden (hoffentlich) verkonsumiert.

    Zu diskutieren wäre doch eher die Frage, ob es a) tatsächlich einen generellen Fachkräftemangel gibt und ob b) dieser mit Fördermitteln zu beheben oder zumindest zu lindern ist.

    Als Unternehmen ständig nach Fachkräften im Sinne von Spitzenleuten zu suchen, sollte für jeden leistungsorientierten Betrieb zum Routinegeschäft gehören. Die Praxis zeigt viel eher, dass hoch qualifizierte Leute wie beispielsweise Studienabsolventen mit Bestnoten, die in ihre alte Heimat Oberlausitz zurückkehren wollen, hier als "Überqualifizierte" keine Arbeit finden und deshalb ihre berufliche und damit auch persönliche Zukunft in anderen Regionen Deutschlands aufbauen.

    Der Mangel an Fachkräften in der Oberlausitz, so zumindest mein Eindruck, bezieht sich eher auf ganz normale Qualifikationen wie Facharbeiter und Ingenieure mit ganz speziellen Profilen. Bei den Facharbeitern liegt die Wurzel des Übels aber ganz woanders: Schlechte Schulnoten, mangelndes Engagement als Azubi, Lehrabbruch, warum auch immer - der leistungsstarke motivierte Jungfacharbeiter dürfte tatsächlich zur Mangelerscheinung geworden sein. Für hochspezialisierte Ingenieure hingegen stellt sich, so lange Auswahl gegeben ist, die Frage, ob eine Randregion wie die Oberlausitz tatsächlich so viele Vorzüge aufzuweisen hat, dass sie ihre Nachteile ausgleichen kann.

    Können geförderte Maßnahmen wie oben im Beitrag genannt etwas bewirken in einem Bereich, in dem die Kräfte des Arbeitsmarktes allein in der Lage sein sollten, ein Fachkräftedefizit auszugleichen? Neben der Bezahlung längst ausschlaggebend geworden ist der Anspruch der Arbeitnehmer, gut geführt zu werden, Spaß an der Arbeit und Entscheidungsfreiheiten zu haben, flexible Arbeitszeiten und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten nutzen zu können. Auf den Punkt gebracht: Entweder Arbeitsplatz und Region passen - oder eben nicht.

    Zugute halten muss man Wirtschaftsministerium und Freistaat, dass überhaupt versucht wird, Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt voranzubringen,

    meint Ihr Thomas Beier

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  • Quelle: red
  • Erstellt am 19.04.2016 - 11:33Uhr | Zuletzt geändert am 19.04.2016 - 13:07Uhr
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