Mitteilungsblatt Februar 2014 des zur Sache! e.V.

Mitteilungsblatt Februar 2014 des zur Sache! e.V.Görlitz, 22. Januar 2014. Welche sind die größten Entwicklungshemmnisse für Görlitz? Ein fehlendes zentrales Jugendzentrum? Oder kommt ohne eine "Insel der Sinne" die Entwicklung am Berzdorfer See nicht in die Gänge? Würde eine sanierte Stadthalle zum Aufblühen der Stadt beitragen? Oder setzt eine Geburtstagsfeier Zeichen? Einige der Fragen greift die bereits jetzt veröffentlichte Februar-Ausgabe des Mitteilungsblatts des zur Sache! e.V. auf. Der Görlitzer Anzeiger als unabhängige Plattform macht Informationen des zur Sache! e.V. - wie auch die von anderen demokratischen Organisationen in Görlitz zur Veröffentlichung bereitgestellten - zugänglich.

Archivbild: © Görlitzer Anzeiger
Anzeige

Von der "Helenenbadisierung“ der Görlitzer Lokalpolitik und anderem mehr

Von der "Helenenbadisierung“ der Görlitzer Lokalpolitik und anderem mehr
Die abgebildeten Görlitzer Fotomotive
(Neiße mit Viadukt, ganz oben Kreuzung Rauschwalder Straße / Cottbuser Straße) gehören nicht zum Mitteilungsblatt des zur Sache e.V.
Archivbild: © Görlitzer Anzeiger

Thema: zur Sache! e.V.

zur Sache! e.V.

zur Sache! e.V. ist eine Wählervereinigung, die am 16. Februar 2009 in Görlitz gegründet wurde.

Das nachstehende sowie zum Download bereitgestellte Dokument gibt nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder.

zur Sache! e.V.
Mitteilungsblatt Februar 2014



Liebe Mitglieder,
sehr verehrte Damen und Herren,

dieses Informationsblatt unseres Vereins erscheint in der Zeit wichtiger Ereignisse in Görlitz. Wir wollen unseren Mitgliedern Informationen geben, die für die Beurteilung und Entscheidung anstehender Probleme wichtig sind. Unsere Bitte ist: Unterstützen Sie unsere Arbeit dadurch, dass Sie diese Informationen weitergeben oder uns wissen lassen, wer an diesem Mitteilungsblatt Interesse haben könnte.

Inhalt

1. Problembewusst oder Populismus
2. Dr. Walter Oeckl: Die Welt der „Bürger“ (BfG e.V.)
3. Von falscher Sichtweise
4. Bewegung in Görlitz
5. Sturheit gegen Vernunft
6. Drei mal 50 Jahre
7. Merkwürdiger Mischmasch
9. Nebenher gesagt
8. Hermann W. Bläss und der Verein “Zur Sache!“

1. Problembewusst oder Populismus

„Es gibt keinen Neuschnee“, meinte einst Kurt Tucholsky. Jedes Problem hat es schon einmal gegeben, also sollte von jedem Problem auch ein Lösungsweg existieren. Den zu suchen - wäre das schon die Lösung? Diese Logik kann einleuchten, gilt aber keinesfalls in Görlitz. Denn was wollen Sie tun, wenn es ein Problem gibt, aber keiner will es sehen? Wie ein zerbrochenes Glas, das einfach unter die Kommode geschoben wurde. Wie kann man da helfen?

Vor gut 2000 Jahren beobachtete der Stadtpolitiker Cato, der Zensor (234-149 v.Chr.), dass seine Stadtoberen die drängenden Probleme ihrer Zeit verschliefen. Sie ignorierten alle Gefahren und lebten fröhlich in den Verfall hinein, überaus zufrieden mit sich selbst. Um diese Schläfer zu wecken, beendete Cato jede seiner Reden, ob es passte oder nicht, mit dem Satz: „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam“. Heute heißt die Übersetzung: „Haltet ein! Ihr ruiniert die Stadt!“. Oder ausführlicher mit den Worten der Rechtsaufsicht/des Kommunalamtes:
1. Die Leistungsfähigkeit von Görlitz ist nur noch 2013 gesichert,
2. Die Schuldentilgung ist in keinem Jahr ausreichend.
3. Die Steuereinnahmen im Haushalt sind zu hoch angesetzt.
4. Die Haushaltsplanungen vermindern die Mittel der Stadt um 10 Millionen.

Das Mitteilungsblatt nimmt sich die Freiheit und diesen Cato zum Vorbild und wird, ob es passt oder nicht, den Oberbürgermeister samt seiner ihn soufflierenden Stadtratsfraktion von CDU und BfG immer wieder an den erbarmungswürdigen Zustand einer so schönen und bald ruinierten Stadt erinnern.

Denn nichts scheint der Koalition von BfG/Grüne, CDU/FDP und OB im Stadtrat ferner zu liegen als der Gedanke, dass die erste Aufgabe städtischer Politik darin besteht, die Selbstbestimmung der Stadt zu sichern. Görlitz muss mehr sein als ein Standort, mehr als eine Verwaltungseinheit. Kaum ein Bürger, den das zunehmende Elend der Stadt nicht anrührt. Die Bürger können gar nicht anders als die gegenwärtige Stadtratsmehrheit zum Teufel zu wünschen: Wegen erwiesener Unfähigkeit und wegen der immer wieder gezeigten Vorliebe, eigene Wünsche den Interessen der Stadt vorzuziehen. Die vielen falschen Weichenstellungen werden nicht einmal von der lendenlahmen Presse thematisiert. Und so geht es nur noch um das Tempo, mit dem der Zug gegen die Wand fährt. Der einzige Unterschied zwischen CDU und BfG ist dabei, wer diese Reise gemütlicher gestaltet.

Der Dauer-Besitz der städtischen Ämter hat zum rasanten Stillstand geführt. Er ist zur Einnahmequelle für eine kleine politische Klasse degeneriert. Der Bürger wird unterdessen auf Spielwiesen beschäftigt, wie „Bürgerbeteiligung“ oder auf ein „Audit“ verwiesen, wo er sich der Illusion hingeben darf, irgendjemanden interessiere seine Meinung. - Ist ein solches Denken Problembewusstsein oder Populismus? Als Antwort die Meldungen der letzten Wochen:

Görlitz verliert zunehmend an Bedeutung. Sogar Löbau läuft unserer Stadt den Rang ab! Löbau bekam im letzten Jahr die „Bildungsmesse“. In diesem Jahr wird wohl auch die große „Landwirtschaftsausstellung der Oberlausitz“ dort stattfinden. Denn die 55000-Einwohner-Stadt Görlitz hat keine Halle. Selbst einfache Tanzstundenbälle oder Modelleisenbahn-Ausstellungen (am letzten Wochenende ein großer Besuchermagnet in Löbau!) sind in Görlitz nicht mehr möglich. Die Stadthalle fehlt. Ist es da ein Trost, dass der Oberbürgermeister auf dem Bau eines Jugendzentrums beharrt? Wo sind die Görlitzer Zorn-Bürger, die den zunehmenden Schaden von der Stadt abwenden?

Nach 15 Amtsjahren schärften die „Bürger für Görlitz“ in diesen Tagen ihr Profil. Ihnen kam jetzt eine ganz „neue“, eine tolle Idee: Neue Arbeitsplätze sind der Schlüssel für die künftige Görlitzer Entwicklung. Dr. Weidles Ausführungen sind so originell wie Eulen, die nach Athen getragen werden. Jeder Görlitzer Bürger hätte ihm das schon vor 20 Jahren gesagt. Und trotzdem scheint er doch zu glauben, er habe nun endlich das Ei des Kolumbus gefunden. Alles andere wäre Hochstapelei – oder mangelnde intellektuelle Substanz?

Nicht einmal beim Thema „Hundekot“ kam die Stadt „zu Potte“. Bautzen hat Görlitz den Rang abgelaufen. Inzwischen gibt es dort 10 „Hundetoiletten“. Von den Abfallkörben am Berzdorfer See schweigen wir beschämt. Denn wir sprechen nichtvon der Administration eines Urwalddorfes, sondern von Görlitz.

Bürgerbüros bleiben weiterhin geschlossen. Nach gewonnener Wahl sind sie auch nicht mehr nötig. Die Stadt hat ein Audit für 40 000 EURO in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse? Fragen Sie den Rathauspförtner. Der kennt sie schon seit Jahren.

Da die Wahl vor der Tür steht, wird wieder mit dem „Helenenbad“ gepokert. Dr. Weidle hatte wider besserem Wissen vor der letzten Wahl versprochen: „Wer mich wählt, wählt das Helenenbad“. Das brachte ihm den Wahlerfolg, den Wählern aber nicht das Helenenbad. Nach 5 Jahren versucht er nun den gleichen Trick. Es steht die Wette: Nach der Wahl wird noch kurze Zeit belanglos palavert, dann ist alles wieder vergessen.

Unprofessionell wie immer auch die kindliche Freude der „Bürger für Görlitz“ am Wort des Landrates, er werde gut über Görlitz sprechen, wenn die Stadt weiter so nett bleibt. Heulen und Nachdenken, was falsch gemacht wurde, wäre die richtige Reaktion gewesen. Denn Dr. Weidle beweist, dass er bis heute nichts vom Funktionieren einer demokratischen Administration weiß. Der unterschiedliche Amtsauftrag, den Landrat und OB haben, kann nicht zur Verbrüderung führen, sondern muss im austarieren der unterschiedlichen Interessen bestehen. Natürlich ist der Landrat der Stadt sehr dankbar, wenn sie ohne Widerstand exorbitante Gebührenerhöhungen akzeptiert und sich mit dem wohl niedrigsten Mietzuschuss für Bedürftige der Städte im Landkreis zufrieden gibt. Die großen Verlierer sind auch nur die Görlitzer Bürger.

Das Problem „Stadthalle“ ist nach den in den letzten Monaten geäußerten Vorstellungen und Zielsetzungen mit gesundem Menschenverstand nicht mehr zu erfassen. Ohne gründliche Prüfung wurde die Halle geschlossen, unter Verzicht auf Millionen Fördergeld. Verloren und „verbraten“ sind städtische Mittel in sechsstelliger Höhe, durchaus ein Thema für den sächsischen Rechnungshof. Und jetzt, „gefühlt“ wenige Tage danach, wird nach Sanierungsmodellen gerufen, ob man nicht doch….? Geht es noch schlimmer?

Letztens, aus Platznot, nicht wegen weiterer fehlender Beispiele: Der Baubürgermeister Wieler warnt zur Zeit vor zu schnellem Vorgehen am Berzdorfer See. Kommentar Dr. Weidle: „Wir vertrauen ihm auch weiterhin“. Also Stillstand allüberall. Wer veralbert hier wen?

Ist es ein Wunder, dass immer mehr Görlitzer auf die Seite der Enttäuschten und der Verbitterten wechseln? Das Verständnis für erfolgreiches Wirtschaften ist der Mehrheitsfraktion im Stadtrat völlig abhanden gekommen, falls sie es je hatte. Mit großen Worten soll vorsichtig umgegangen werden. Trotzdem ist an Ludwig Erhard zu erinnern. Seinen Erben hinterließ er einen kleinen zerknitterten Zettel im Portemonnaie: „Geld ist noch verborgen in der großen Kommode hinter dem alten Kaffeeservice“. Was werden wir nach dieser Koalition im Haushalt finden? Geld sicher nicht. Sicher aber viel zerbrochenes Glas aus dem Besitz der Stadt, unter die Kommode geschoben.

2. Die Welt der „Bürger“ (BfG e.V.)
von Dr. Walter Oeckl

Bei Lektüre der euphorischen SZ-Berichterstattung über den Neujahrsempfang der Bürgervereinigung und das durch Fraktionssprecher Weidle geoffenbarte politische Programm für den Kommunalwahlkampf 2014 hatte ich zunehmend das Gefühl, mich trete ein Pferd.
Ist es doch schon höchst erstaunlich, was sich die größtenteils selbst ernannte politische Elite dieser Stadt erlauben darf, geschweige denn leisten kann. Als aber jetzt von Ober-Stadtrat Weidle der politische Paradigmenwechsel von der Kultur zur Wirtschaft verlautbart wurde und der Primat der Arbeitsplätze vor ausufernder Kulturpolitik gefordert wurde, da fragte sich der politisch interessierte Görlitzer hoffentlich doch, warum erst jetzt und warum gerade jetzt. Zwar ist späte Einsicht immer noch besser als gar keine – aber angesichts der bevorstehenden Pleite dieser Stadt im Jahre 2016, angesichts des unter Federführung der „Bürger“ anfangs bekämpften und dann völlig zerbröselten „Neiße-Fonds“, der als eiserne Reserve noch heute eine jährliche Rendite zur kontinuierlichen Entwicklung dieser Stadt hätte beisteuern können, kommt einem der Meinungswandel der Bürgervereinigung zunächst verdächtig und bei weiterer Überlegung durchaus nicht nur sachorientiert vor!

Mussten wir uns doch jahrzehntelang arg bemühte Vorträge und Traktate gefallen lassen, die ob des Millionenlochs „Theater-Komplex“ dem Stadtpublikum vorzuzaubern versuchten, die Verteilungswirkung der darin versenkten öffentlichen und kommunalen Gelder würden über Multiplikatoreffekte der gezahlten Investitionen, Löhne und Gehälter die lahmende Görlitzer Wirtschaft kräftig befeuern. Da wurden Projekte gesponnen, die Stadthalle aufzumöbeln, nahebei das ehemalige Kondensatoren-Werk zum internationalen Begegnungszentrum auszubauen – natürlich alles mit Fördermitteln – aber von der direkten und gezielten Entwicklung der Wirtschaft, vom kontinuierlichen Ausbau der Infrastruktur war niemals die Rede. Und wenn andererseits die nötige Ausweitung von Gewerbeflächen gefordert wurde, dann waren die „Bürger“ die ersten, die aus Angst, dass dann kein Geld mehr für Theater und Kultur da sein könnte, solche Investitionen im Stadtrat kleinredeten und damit verhinderten.

Auch wenn jetzt plötzlich nach langen Jahren der Berzdorfer See in den Fokus geraten ist, kann man sich schon fragen, ob diese Frage nicht ein bisschen spät aufs Tableau kommt. Der See interessierte bis dato schlicht überhaupt nicht und die Frage seiner Namensgebung hat andererseits im Augenblick sicherlich keine Priorität. Aber – und das ist für die Görlitzer Stadtpolitik extrem wichtig – die Ausweidung der Namensgebungsfrage bringt Emotionen hoch und – noch! wichtiger – kostet dabei noch nicht einmal Geld. Die derzeit grassierende Ödnis an den Seeufern, eine Hafenmole ohne restlichen Hafen und zwei Strandflächen im Süden und Norden, sonst gähnende Leere, sind der sinnfällige Beweis für eine Stadt- und Stadtratspolitik der situationsspezifischen Schaumschlägerei, der jegliche Nachhaltigkeit in der Planung fehlt.

Und welche Botschaft steht nun hinter alledem? Welches Resümee lässt sich für die (Gedanken-)Welt des Bürgervereins und dessen bevorstehenden Kommunalwahlkampf ziehen?
Jetzt, wo der Offenbarungseid von Görlitz nicht mehr lange auf sich warten lässt, wird mit Schmackes die Karte des wirtschaftlichen Aufschwungs gespielt, wird für Wirtschaft, Industrie und Handel getrommelt als hätte man diese in den vergangenen 20 Jahren nicht als gerade mal notwendiges Übel betrachtet, das zwar den finanziellen Hintergrund für all die schönen Dinge zu erwirtschaften hat, die der Bürgerverein sich so gern auf die Fahnen schreibt, dem aber sonst keine Sympathien geschenkt werden, sondern von dem mit Fug und Recht erwartet werden kann, dass er den Mehrwert heranschafft, um das Rad am Laufen zu halten.

Man kann diese populistische Politanbiederungsattacken auch als die „ H e l e n e n b a d i s i e r u n g “ der Görlitzer Lokalpolitik charakterisieren.

3. Von falscher Sichtweise

Das Mitteilungsblatt wurde jetzt darauf aufmerksam gemacht, dass sich weder OB Deinege noch der Stadtrat auf die Behauptung zurückziehen können, der Landkreis sei für die sozial Schwachen zuständig, nicht die Stadt Görlitz. Denn schon längst gibt es im Rathaus wieder einen Mitarbeiter für Soziales und im Förderschulzentrum in Königshufen einen Sozialarbeiter, der auch von der Stadt alimentiert wird. Die Stadt fördert unter anderem das Jugendparlament des „Second Attempt e.V.“, das Kinderkulturcafé „CAMALEON“ des „Tierra eine Welt e.V.“, ja sogar einen Zirkusworkshop.

Also steht nichts der Aufgabe entgegen, Einnahmen der Stadt als sinnvolle produktive Maßnahme für sozial schwache Jugendliche einzusetzen und gegen Drogen und Schulabbruch anzugehen. Noch im Ohr schwingen die großen Worte vom Juli 2012, „Schulen sind künftig Chefsache“. Hat schon einmal ein Gespräch zwischen den Schulen und dem „Chef“ über Hilfen für Schulabbrecher und Schulversager stattgefunden?

Es ist eine sozialpädagogische Wahrheit, dass der Mensch einen Hang zur Trägheit hat und das dazu das moralische Versacken gehört, ebenso wie das Verschweigen und das Schönfärben des Unangenehmen. Die Leichtgläubigkeit und Vergesslichkeit der Leute ist dafür keine Entschuldigung.

Einundzwanzig ! Jahre nach der Wiedervereinigung schrieb Bürgermeister Wieler im Februar 2011: “Wir haben (in Görlitz) noch nicht die richtige soziale Strategie“ gefunden.“ Die sucht er heute noch. Und so werden zur Abwechslung wieder einmal „Runde Tische“ veranstaltet, die Aktivismus vortäuschen sollen. Doch auch sie werden keine „soziale Strategie“ bringen. Die Probleme sind bekannt. Wer sie sehen will, der sieht sie!

4. Bewegung in Görlitz

Im September vorigen Jahres hieß es, in die Debatte um ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen komme Bewegung. Zum Tempo dieser Bewegung wurde allerdings nichts gesagt. Und so bewegen wir uns immer noch, allerdings unentwegt auf der gleichen Stelle.

Die Stadt Aue, dem gleichen Polizeigesetz wie Görlitz verpflichtet, schafft es jetzt schon im zweiten Jahr, mit einer Alkoholsatzung die städtischen Plätze von 11-23 Uhr von Montag bis Samstag Alkohol-frei zu halten. Wie das Ordnungsamt Aue mitteilte, wird vom Amt die Einhaltung erfolgreich überprüft. Die jährlich notwendige Verlängerung dieses Verbotes wird damit begründet, dass bei Aussetzen der Verordnung die bekannte Gefährdung für die Öffentlichkeit wieder begünstigt wird. Für Görlitz kommt als weitere Begründung hilfreich hinzu, dass Schulen öffentliche Plätze als Pausenhof nutzen.

Darf man aus dem Görlitzer Tempo schließen, das Arbeitsmotto des Bürgermeisters sei auch hier: “Im Zweifel für den Stillstand“?

5. Sturheit gegen Vernunft

Bürgermeister Wieler erklärte: “Wer sich in den Dialog mit Jugendlichen begibt und wer schaut, was es in anderen Städten gibt, der wird sagen, dass wir ein solches Jugendzentrum bauen sollen. Eine Bedarfsanalyse plant die Stadt dagegen nicht.“

Es sollen also für nicht einmal 5% der Bevölkerung mindestens 2 Millionen Euro aus dem klammen Haushalt der Stadt und dazu ein Mehrfaches an Fördergeld, also Steuergeld ausgegeben werden, um ein Zentrum zu bauen, das nicht gebraucht wird. Diese Behauptung ist erlaubt, denn keine Bedarfserhebung widerlegt sie.

Anderer Bedarf ist aber gut belegt: Und der betrifft 100% der Bevölkerung: Stolperfreie Gehwege, intakte Straßenbeläge, Absenkung der Bürgersteige für Kinder- oder Gehwagen, gepflegte Parkanlagen, mehr Sauberkeit durch zusätzliche Papierkörbe, Hundetoiletten, Investitionen am Berzdorfer See, ein Parkhaus an Marienplatz oder Elisabethstraße und nicht zuletzt die Stadthalle als Versammlungsort aller Görlitzer, für Musik und Kunst, als Jugend-, Vereins- und Altenzentrum.

Jeder Görlitzer weiß von den überdimensionierten Plänen dieses Jugendzentrums, das in wenigen Jahren die teuerste Investitionsruine der Stadt sein wird. Pläne von Potsdam wurden im Stadtrat als Vorbild genannt. Doch Potsdam hat gar kein Jugendzentrum, sondern kleinere Jugendeinrichtungen, wie bisher Görlitz auch. Wo man auch in Potsdam anfragt, heißt es: „Ja kein Zentrum, kleine Einheiten sind die bessere Lösung“.

6. Drei mal 50 Jahre

Seinen 50. Geburtstag feierte Joachim Paulick in seiner Amtszeit als Oberbürgermeister in der Kunstmühle-Ludwigsdorf. Es gab einen privaten und einen offiziellen Teil dieser Feier. Zu beiden lud der Privatmann Paulick. Er bat auch, von Geschenken abzusehen und sammelte stattdessen rund 5000 EURO für Hilfsbedürftige in Görlitz. Die nicht geringen Kosten beider Feste beglich er aus dem eigenen Geldbeutel.

Wenige Jahre später, in der Ära Deinege, feierte Bürgermeister Wieler seinen 50. Geburtstag. Die Einladungen wurden mit dem Briefkopf der Stadt verschickt, Rückmeldungen an ein Telefon, mit einer Angestellten der Stadt besetzt, erbeten. Die gesamte Organisation, selbst das üppige Buffet organisierte die stadteigene Kultur Service GmbH. Gefeiert wurde im Kaisertrutz, Museum der Stadt und zu einer Zeit, in der sonst alle arbeiten.

Das erinnert an einen dritten 50. Geburtstag, den der Bürgermeister von Germersheim ausgiebig feierte. Das lustige Treiben war nach Angaben der Verwaltung nicht gerade billig. Das kam dem Bund der Steuerzahler zu Ohren, der meinte, Geburtstage sind immer privat, nie dienstlicher Anlass, auch wenn es sich um Personen des öffentlichen Lebens handelt. Der Bürgermeister zahlte darauf reumütig 7000 EURO und gelobte Besserung.

Um Lessings Ringparabel zu variieren: Wen von den Dreien würden Sie zu ihrem Vermögensverwalter machen?

7. Merkwürdiger Mischmasch

Deutschlands Ehrensache war es noch vor gar nicht langer Zeit, zwischen „privat“, „geschäftlich“ und „Ehrenamt“ genau zu unterscheiden. Nachdem unsere oben genannte Frage nach Geburtstagsfeiern schon vom Bund der Steuerzahler beantwortet wurde, verwundern wir uns weiter und fragen:

Kürzlich, schon in der Ära Deinege, ging ein Auftrag der Stadt in Sachen „Bürgerbeteiligung“ an ein Mitglied der Fraktion BfG/Grüne im Stadtrat, an sich schon ein ungewöhnlicher Vorgang. Selbstverständliche Folge sollte doch nun sein, dass diese Fraktion damit nicht mehr unabhängig ist und sich an keinerlei Beschlussfassungen in dieser Sache beteiligen kann.

Im letzten Mitteilungsblatt schrieben wir, dass die Stadt in Person ihres Kultur-Bürgermeisters beabsichtigt, sich mit erheblichen Aufwendungen an den Breslauer Kulturhauptstadt-Feiern zu beteiligen. Darauf erhielt unser Blatt die Mitteilung, wir sollten doch klären: Stimmt es, dass die Ehefrau des Kultur-Bürgermeisters unter den Künstlern ist, die mit diesem hochpreisigen Kunstprojekt nach Breslau geschickt werden?

Natürlich gibt es keine klaren Grenzen zwischen legaler und wirklicher Korruption. Aber es ist bedauerlich, dass Amtsträger mit ihrer Amtsgewalt nicht zufrieden sind und immer wieder die Legalität ein wenig auf ihre fleischlichen Genüsse zurechtschneiden.

8. Nebenher gesagt

In Görlitz wird erzählt, Die LINKE. und die „Piraten“ wollten sich für die Kommunalwahlen 2014 zusammentun. Eigentlich ist das keine Meldung. Jedoch: Sind die „Piraten“ denn nicht mehr gegen den Überwachungsstaat???

Auf die Frage, wo er Sylvester verbracht habe, antwortete ein polnischer Freund: „Sala Biala“, zu Deutsch: „Im weißen Saal“. Wo das in Zgorzelec ist? Lachende Antwort: Es ist ein in Polen beliebter Ausdruck für „im Bett“.

Über seine Arbeit kann jeder selbst die zutreffendste Auskunft geben. So OB Deinege jüngst zur Geburtstagsfeier im Kaisertrutz, er sei jetzt auf die Idee gekommen, wie er künftig seltener ins Fettnäpfchen trete. Er wolle sich mit Herrn Wieler verabreden, dass der die Hälfte seiner Fettnäpfchen übernehme. - Jeder wählt eben selbst seinen Arbeits-Stil.

Von August Kékulé, dem Chemiker, stammt die Sentenz: Wir müssen lernen, Visionen zu haben. Sie können uns vielleicht nach vorn bringen. Aber hüten wir uns, unsere Visionen zu veröffentlichen, ehe sie nicht durch den wachsamen Verstand geprüft worden sind.

Eine Anfrage: Vor langer Zeit wurde mitgeteilt, dass im November 2013 das Ergebnis eines Jahres „Begrüßungspaket der städtischen WBG für Neugörlitzer“ ausgewertet sein wird? Warum erfahren wir nicht das Ergebnis und die Kosten?

Im deutschen Sprachraum wird vorwiegend im Dialekt geschimpft. Mit ihm ist man vertraut und dem Nachbarn näher, teilte jetzt DER STANDARD in Wien, mit. Die Top drei der beliebtesten deutschen Schimpfwörter sind: Trottel, Arschloch und Idiot. Völlig unmodern ist das Verfluchen, das in slawischen Ländern gern benutzt wird. Es funktioniert nur in den Ländern, wo der Aberglaube zur Volkskultur gehört. Dagegen bevorzugen Menschen aus islamischen Ländern die Ahnenschmähung als Schimpfvariante. Bayern als katholisches Land tut es gern sakral: Himmelhergott! und Kruzifix! Selbst vor dem Schimpfen macht die Globalisierung nicht halt: Sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern gehört „Shit“ zur Alltagssprache. Nur so kann man einordnen: dass OB Deinege nach seiner Neujahrsansprache im Regionalfernsehen und im „World-Wide-Web“ ein „Shitstorm“ bei „Facebook“ entgegenschlug.

9. Hermann-W. Bläß und der Verein „Zur Sache!“

„Zur Sache!“ meldet einen wichtigen Gewinn. Hermann-W. Bläß hat sich bereit erklärt, aktiv im Verein mitzuarbeiten.
Der Neugörlitzer lebt seit 5 Jahren in der Stadt und hat in den letzten Monaten kraftvoll unsere Ziele unterstützt. Herr Bläß war langjähriger Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED), der größten Eisenbahner-Gewerkschaft Deutschlands, über lange Zeit auch deren Betriebsratsvorsitzender für das gesamte Organisationsgebiet.

Als ehemaliger Stadtrat von Schwerte verfügt er über das notwendige Handwerkszeug, um die Spreu vom Weizen in Görlitz zu unterscheiden. Motto seiner Arbeit: „zuerst für die Belange der kleinen Leute“ und „unerschrocken mit Stehvermögen“. Mitschwimmen bei Mehrheiten ist nicht seine Sache. Lesenswert sein als Leserbrief in der SZ vom 21. Dezember 2013 geschriebener Kommentar zum geplanten Jugendzentrum der Stadt:

„Das ist ja mal eine „Bürgerfreundliche Vorgehensweise“ von Bürgermeister Wieler, wenn er erklärt „Wer sich in den Dialog mit Jugendlichen begibt und wer schaut, was es in anderen Städten gibt, der wird sagen, dass wir ein solches Jugendzentrum bauen sollen. Eine Bedarfsanalyse plant die Stadt dagegen nicht.“
Bravo! Das ist Bürgerdemokratie. So sind also nur Gespräche mit den Befürwortern der Renovierung der Stadthalle nötig, mit den Behinderten wegen Zugangs- und stolperfreier Gehwege, mit den Bürgern, die sich über vermüllte Straßen/Parks und Hundekot ärgern, über fehlende Papierkörbe, über den Stillstand am Berzdorfer See, den verkehrlichen Umbau des Postplatzes, die Nutzung der Synagoge, das fehlende Parkhaus am Marienplatz – und schon wird alles besser.

Toll! Aber, die 66% Fördergelder sind Steuergelder und bevor man ein Zwei-Millionen-Jugendprojekt für nicht einmal 10% der Bevölkerung plant, sollte eigentlich zuerst eine Bedarfsanalyse erstellt werden. Der bisherige Zick-Zack-Kurs ist doch der eindeutige Beweis dafür…“

Ihre
Peter Gleißner, Fraktionsvorsitzender
Joachim Paulick, Vereinsvorsitzender

Download!
Mitteilungsblatt des zur Sache! e.V. Januar 2014 (ca. 106KB)

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: red | Archivbilder: © www.goerlitzer-anzeiger.de
  • Erstellt am 22.01.2014 - 16:13Uhr | Zuletzt geändert am 09.05.2022 - 10:11Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige