60 Jahre Görlitzer Meridianstein
Görlitz, 6. Mai 2021. Genau heute vor 60 Jahren wurde der Görlitzer Meridianstein eingeweiht. Gerhard Joos aus Schliern bei Köniz in der Schweiz, Autor des Buches "23½° – Geoastronomie im Alltag und auf Reisen", hat mit seiner Frau wiederholt in Sachsen Urlaub gemacht und dabei auch den Meridianstein an der Stadthallte Görlitz besichtigt. Aus Anlass des Jubiläums hat er dem Görlitzer Anzeiger den nachstehenden Text übermittelt.
Wo die Uhren am genauesten gehen

Von Gerhard Joos. Unzählige Örtlichkeiten gibt es nicht, wo sich ein »globaler Moment« erleben lässt: Man steht zwar im flachen Gelände, aber die Gedanken kreisen um den Erdball unter den Füssen als Ganzes, denn man befindet sich auf ihm gerade an einer ganz besonderen Stelle. Nord- und Südpol fallen dabei natürlich ausser Betracht; aber beispielsweise auf der kleinen norwegischen Insel Vikingen verweist ein Denkmal auf den dort unsichtbar verlaufenden nördlichen Polarkreis. Oder in Ecuador kann man bequem zum Äquator fahren. Südlich der Hauptstadt Quito steht ein 30 Meter hohes Monument, missverständlich »La Mitad del Mundo« (Der Mittelpunkt der Welt) genannt.
Einen solchen besonderen Ort lässt sich auch in Deutschland aufsuchen, im Stadtpark von Görlitz. Dort steht der »Meridianstein«, eine den Erdball symbolisierende Granitsteinkugel mit der Inschrift »15. Meridian« und weiteren Hinweisen. In 15 Grad Abstand östlich vom Nullmeridian von Greenwich verläuft hier der Längenhalbkreis, der die Mitteleuropäische Zeit definiert – unsere Normalzeit, die Zeit, nach der wir im Winterhalbjahr leben. Mittlere Ortszeit (auch Sonnenzeit genannt) und normale Uhrzeit stimmen hier also überein. Oder noch anders gesagt: In Görlitz folgt die bürgerliche Normalzeit ziemlich genau dem – leicht ungleichmäßigen – Lauf der Sonne.
Geschaffen vom Görlitzer Bildhauer Carl Däunert und eingeweiht am 6. Mai 1961 wird der Meridianstein seit nunmehr 60 Jahren von Menschen aus Nah und Fern aufgesucht. 1961 war das Jahr des ersten bemannten Weltraumfluges, erfolgreich ausgeführt vom sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin, woran das Denkmal ebenfalls erinnern will.
Im Hinblick auf das 60-Jahre-Jubiläum hat der Meridianstein bereits vor einigen Monaten durch die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH unter Mitwirkung eines Spezialisten für Geoastronomie eine touristische Aufwertung erfahren. Ausgehend von der Beobachtung, dass sich Besucherinnen und Besucher vor Ort nicht selten mit der einen oder anderen Sachfrage konfrontiert sehen und damit allein bleiben, wurde rund ein Dutzend solcher Fragen samt gut verständlichen Antworten zusammengestellt und im Internet publiziert (www.goerlitz.de/15.-Meridian.html). Die Zusammenstellung kann auch als PDF heruntergeladen und auf dem Handy oder ausgedruckt in den Stadtpark mitgenommen werden.
1961 steckte die Entwicklung der GPS-Technologie noch nicht mal in den Anfängen. Das Globale Positionierungssystem ist erst seit circa 25 Jahren voll funktionsfähig. So irritiert es überhaupt nicht, dass sich in der Zwischenzeit herausstellte: Der Meridianstein sollte 137 Meter weiter östlich in den Neißewiesen unten stehen. Dem Erleben eines »globalen Moments« tut dies jedoch keinerlei Abbruch. Die 137 Meter entsprechen einer Differenz von weniger als zwei Tausendstel Längengrad – auf einem Globus mit einem Meter Durchmesser wäre dies in der Breitenlage von Görlitz ein hundertstel Millimeter…
Mehr:
Das Buch "23½° – Geoastronomie im Alltag und auf Reisen" von Gerhard Joos, ISBN 978-3-0355-0722-5, ist im hep Verlag in Bern erschienen.
Der Meridian im Görlitzer Anzeiger:
- 05.12.2013: Görlitz hat ein Luxusproblem: Die Meridianmarkierung
- 25.10.2011: Blauer Meridian



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- Quelle: red / Gerhard Joos | Fotos: © BeierMedia.de
- Erstellt am 06.05.2021 - 06:59Uhr | Zuletzt geändert am 10.07.2022 - 10:18Uhr
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