Wie sich die Sprache mit der Zeit wandelt
Görlitz, 25. Juli 2019. Seine entwickelte Wortsprache macht den Menschen einzigartig. Mit ihr kann er viel ausdrücken, durch Tonfall, Betonung, Sprechtempo und Laustärke sogar viel mehr als Worte, und er kann andere Menschen beeinflussen. Die Sprache ermöglicht es uns, Sachverhalte und Befindlichkeiten mitzuteilen, wobei hinzukommt, wie andere Personen das Gesagte bzw. Gehörte verstehen und interpretieren. Dabei hat sich unsere Sprache im Laufe der Jahrhunderte stark gewandelt und auch heute noch verändert sie sich weiter.
Abbildung oben: Sprache ist wichtig, um sich zu sozialisieren und die Welt zu erkennen
Berechtigte Sorge um unsere Sprache?
Die deutsche Sprache zählt zu den indogermanischen Sprachen. Sie sich im Mittelalter von den anderen germanischen Sprachen getrennt. Das sogenannte Neuhochdeutsch wird erst seit ca. 1650 gesprochen. Seit dieser Zeit hat sie sich noch viele weiter entwickelt und verändert. Abgesehen von Aussprache und die Grammatik geht es bei der Entwicklung einer Sprache vielmehr um die neuen Wörter (zum Beispiel, wenn sie aus einer Fremdsprache stammen) oder um solche, die ganz aus dem Wortschatz verschwunden sind oder heute veraltet wirken.
Kritiker zeigen sich immer wieder aufs Neue sehr besorgt darüber, dass ein Verfall der Sprache stattfinden würde. Andere dagegen halten diese Entwicklung nicht für sonderlich besorgniserregend. Sie sehen nur einen Wandel der Sprache, aber keinen Verlust. Zu dieser kontroversen Meinungsbildung trägt aktuell sicherlich auch die sogenannte Onlinesprache vieles bei. Was für viele (vor allem jüngere Leute) schon absolut normal ist, klingt für andere nur wie "böhmische Dörfer" oder sinnfreies Gequatsche. Es tauchen Ausdrücke auf wie zum Beispiel "shart", "sesh", "triggered", "fakku", "Forsen" oder "swol" und man kann sich durchaus berechtigt fragen, was einem das sagen soll.
Zum Beispiel ist "shart" ein Schachtelwort aus "shit und "fart" (das amerikanische Englisch ist voll von derben Ausdrücken, von "fuck you" bis "motherfucker"), jedenfalls bedeuten die beiden Wörter "Scheiße" und "Furz". Vielleicht erklärt sich manchem schon jetzt die Bedeutung dieses Schachtelwortes: Wenn also beim "fart" mehr herauskommt, wird das Ereignis dann als "shart" – zu gut Deutsch am ehesten "feuchter Furz" – bezeichnet. Oder man nimmt das Wort "swol/swoll" aus der Onlinesprache. Eigentlich steht "swol" für "geschwollen" und "swollow" für "schlucken"; im Deutschen meint man mit "swol" oder "swoll" heutzutage "aufgepumpt" oder "muskulös" – Arnold Schwarzenegger ist eben ein "swol guy".
Der Sprachwandel ist ein alter Hut
Der deutsche Sprachwandel ist zwar ein Phänomen, aber sicherlich so alt wie die Sprache selbst. Wenn man sich den vielleicht bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker aus dem Mittelalter, Walther von der Vogelweide (1170 bis 1230), anschaut, würden ihn wohl die meisten ohne eine modernere Übersetzung gar nicht verstehen. Wenn bei ihm seine "minne" zu einer "juncfrouwe"erklärt wird, die besonders "rîch" ist, kann dies bei manchen Zeitgenossen für Fragezeichen und noch öfter für Irrtümer sorgen.Das Wort "minne" könnte man in etwa durch "Liebe" austauschen, in der modernen deutschen Umgangssprache wie auch in der Literatur kommt "minne" aber de facto nicht mehr vor. So geht es auch vielen anderen Ausdrücken und Sprichwörtern, die Dinge rund ums Glück beschreiben. Mit dem aus dem Mittelalter stammenden Titel "juncfrouwe" sind nicht (wie einige vielleicht glauben mögen) die nicht vorhandenen sexuellen Erfahrungen gemeint, sondern es geht um den hohen sozialen Stand einer Frau. Und weil die "Jungfrau" von Walther von der Vogelweide als "rîche" bezeichnet wurde, hatte sie deswegen nicht unbedingt viel Geld. Im Mittelalter hatte das Wort "rîch" nicht nur "reich" zur Bedeutung, sondern man beschrieb damit auch, dass etwas oder jemand beispielsweise vornehm, mächtig, gewaltig oder ansehnlich war.
Auch zur Zeit Goethes machte sich der Sprachwandel bemerkbar: Mit "merkwürdig" war zu seiner Zeit nicht etwas "seltsames" gemeint: Nein, ganz genau im wörtlichen Sinne wurde damit "etwas, das man sich merken sollte" beschrieben. Es war also des Merkens würdig.
Man sieht, die Sprachen hat sich schon immer gewandelt/verändert. Der Sprachwandel betrifft alle, die eine Sprache sprechen. Er fand und findet zu allen Zeiten statt.
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- Quelle: red | Foto zwei Mädchen: Pezibear / Petra, Foto sechs Mädchen: mirceaianc / Mircea Iancu, beide Pixabay und Lizenz CC0 Public Domain
- Erstellt am 25.07.2019 - 18:05Uhr | Zuletzt geändert am 25.07.2019 - 19:13Uhr
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