Ich habe Gott stets vor Augen
Görlitz, 7. März 2011. "Ich habe Gott stets vor Augen" - so steht es geschrieben seit hundert jahren über dem Thoraschrein des Görlitzer Synagogengebäudes. Mit einiger Mühe lässt sich die Inschrift entziffern. Sie ist der Zerstörungswut der Görlitzer Nazis entgangen, die Namen ihrer im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Mitbürger hingegen nicht, sie wurden mit deutscher Gründlichkeit ausgemerzt.
100 Jahre Synagogenneubau zu Görlitz - 73 Jahre Zerstörung
Dass die Synagoge dem Stadtbild erhalten und dem Feuer nicht vollständig zum Opfer fiel ist in paradoxer Weise einem Nazi zu verdanken, der um sein benachbartes Haus fürchtete und die Feuerwehr alarmierte. Anders die jüdische Gemeinde: Wer nicht fliehen konnte, endete in den Verbrennungsöfen der Vernichtungslager.
Von der Jüdischen Gemeinde zu Dresden im Jahr 1963 an die Stadt Görlitz verkauft verfiel das als Lager für das örtliche Theater genutzte Bauwerk weiter. Erst nach dem Untergang der DDR wurde das Gebäude gesichert, in Ansätzen restauriert und wird heute für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt.
Der Neubau in der Otto-Müller-Straße löste die Synagoge in der Nähe des Obermarktes, die noch heute von der Langenstraße aus sichtbar ist, ab. Das Dresdener Architekturbüro Lossow & Kühne hatte mit ihr einen vor hundert Jahren technologisch hochmodernen Stahlbetonbau realisiert.
Heute beeindruckt die ehemalige Synagoge zu Görlitz in ihrer Mischung aus Spuren der Vergangenheit, Improvisation und Sanierung - ein in eigener Art würdevoller Ort, der nur behutsam entwickelt werden sollte. Nicht anzustreben wäre eine das Vergessen fördernde Totalsanierung.
Ob in absehbarer Zeit eine Nutzung das Gotteshaus denkbar wird, hängt nicht nur von der Eigentümerin, der Stadt Görlitz, ab. Die Stadt besteht - wohl vor allem aus formalen Gründen - auf einer rein weltlichen Nutzung. Einfluss hat aber auch zweifelsohne, wie stark der Bedarf an einer Synagoge in Görlitz überhaupt ist.
Kurzfristig ist der aktuelle Lösung, den Bau zu nutzen für hochwertige Kultur, für Gespräche und für Ausstellungen die wohl einzige vertretbare Nutzungsmöglichkeit.
Die Synagoge im Görlitzer Anzeiger (Auszug):
24. Januar 2011: Ende einer Ausstellung
13. November 2010: Subtile Einblicke in jüdisches Leben
15. Mai 2010: Gedenkstätten als Räume für freies Denken
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- Quelle: Thomas Beier | Fotos: © BeierMedia.de 2005-2011
- Erstellt am 07.03.2011 - 09:16Uhr | Zuletzt geändert am 06.04.2020 - 16:44Uhr
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