Görlitzer Stadtverwaltung erreicht Konsolidierungsziel

Görlitz-Zgorzelec. Das war dem Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick einen ausdrücklichen Dank an seine Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter wert: Das Konsolidierungsziel ist erreicht. Im Vergleich zu anderen deutschen Städten, die teils zu drastischen Einschnitten ins öffentliche Leben gezwungen sind, scheint Görlitz mit dem sprichwörtlichen "blauen Auge" davongekommen und nun recht gut da zu stehen.

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Oberbürgermeister erhofft nachhaltige Wirkung

In Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise war die Große Kreisstadt Görlitz gezwungen, rund 21 Millionen Euro im Verwaltungshaushalt zu konsolidieren. Bereits in der ersten Konsolidierungsrunde 2004 bis 2008 sind rund 57 Millionen - davon etwa 20 Millionen Euro nachhaltig - eingespart worden. „Insofern fiel das noch zu schöpfende Potenzial von Anbeginn schon deutlich geringer aus“, erklärte der Oberbürgermeister. Trotzdem hat die Verwaltung das Konsolidierungsziel in Höhe von 21.102.680 Euro nach fünf Monaten angestrengter Arbeit und ohne externe kostenintensive Begleitung erreicht.
Dafür dankte Oberbürgermeister Paulick den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung ausdrücklich. „Die Große Kreisstadt Görlitz ist bislang eine der ersten und auch eine der wenigen Kommunen, die ihr Gesamtziel für den Konsolidierungszeitraum 2010 bis 2013 planseitig erreicht hat. Ich hoffe, dass die aktuelle Konsolidierung möglichst nachhaltig wirkt und wir nicht durch äußere Umstände erneut gezwungen werden, einen solch strengen und mit tiefen Einschnitten verbundenen Kurs einzuschlagen“, stellte Paulick das Erreichte heraus. Gleichzeitig erging an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Görlitz erneut der Hinweis zum effizienten Mitteleinsatz und zur gründlichen Prüfung jeder Ausgabe auf ihre Notwendigkeit hin.

Woanders schaut es schlimmer aus

Andere Kommunen in Deutschland sind vergleichsweise zu deutlich drastischeren Maßnahmen gezwungen, wie der Deutsche Städtetag kürzlich in einer Presseinformation mitteilte. So gibt es in Ludwigshafen am Rhein Überlegungen, das Freibad gänzlich aufzugeben oder höhere Eintrittsgelder für das Theater zu verlangen. Wuppertal muss insgesamt fünf Schwimmbäder schließen und kann das Schauspielhaus nicht mehr als Spielstätte betreiben. Auch Duisburg als Teil der Metropole Ruhr (Kulturhauptstadt 2010) trägt sich mit dem Gedanken, die Rhein-Ruhr-Halle zu schließen. In Erlangen soll der Hebesatz bei der Gewerbe- und bei der Grundsteuer angehoben werden. Der Hamburger Verkehrsverbund erhält geringere Zuschüsse. In Marktredwitz wird die Jugendherberge geschlossen. In Regensburg soll aus Kostengründen aller Voraussicht nach die Einführung der Doppik - das die Kameralistik ablösende moderne Buchhaltungssystem der Vewaltung - zeitlich verschoben werden. In den Hannoveraner Bibliotheken werden künftig Kassen- und Buchungsautomaten die Bürger begrüßen.

Sachlich-konstruktives Wirken der Görlitzer Verwaltung

Die Arbeitsgruppe Haushalt der Stadt Görlitz hatte seit September 2009 regelmäßig 14-tägig zum Haushaltssicherungskonzept getagt. Seitens der Verwaltung waren die Beratungen von einer sachlichen und konstruktiven Arbeitsweise geprägt.
So wurden Vorschläge auf ihre Innen- und Außenwirkung hin geprüft, bevor sie in die Maßnahmeliste aufgenommen wurden. Der Stadtrat war in der Arbeitsgruppe zum Bedauern der Verwaltung nur durch wenige Fraktionsvertreter präsent.

Nun entscheidet der Stadtrat


Jetzt ist abzuwarten, wie und was der Görlitzer Stadtrat letztendlich zum „Sparpaket“ entscheiden wird. Bereits in der Stadtratssitzung vom 28. Januar 2010 waren auf Antrag der Fraktionen CDU/FDP und Bürger für Görlitz/Grüne Vorschläge aus dem von der Verwaltung vorgelegten Maßnahmepaket Teil 3 gestrichen worden, ohne dafür adäquate Deckungsvorschläge vorzulegen.

An die Räte appelliert die Stadtverwaltung, die Vorschläge der Verwaltung als realisierbar zu erkennen, dies schließt die Möglichkeit der Fortsetzung einer 36-h-Woche für die Verwaltungsmitarbeiter mit entsprechenden Einsparungen ein. Wie dabei letztlich die Umsetzung erfolgt, sei nicht Aufgabe des Stadtrates, so die Verwaltung.
Von der Verwaltung konnte selbst der - gegenüber den Vorstellungen von CDU-Stadtrat Dieter Gleisberg, der 500 Tausend Euro erwartete - tatsächlich nur partiell erzielbare Erlös in Höhe von 300 Tausend Euro aus der Liquidation der SRG kompensiert werden.
Der auf Ablehnung gestoßene Einsatz des Neißefonds zum Abbau von Schulden bedeutet nichts anderes, als Investitionen der Vergangenheit (vornehmlich aus den 90er Jahren) zu refinanzieren. Dabei eingesparte Zinsen für die Ablösung von Bankkrediten würden den kritischen Verwaltungshaushalt entsprechend dauerhaft entlasten.

Wird der Neißefonds nicht herangezogen, verbleiben zwei Möglichkeiten: Entweder über weitere Sparvorschläge auf Kosten der Bürger nachzudenken oder das Gesamtkonsolidierungsziel zu verfehlen und dabei in Kauf zu nehmen, dass weitere Defizite den Neißefonds auch ohne Zinseffekte vertilgen und dabei zusätzlich die Sanierung der Stadthalle (durch eine seitens der Aufsichtsbehörde dann nicht erteilte positive gemeindewirtschaftliche Stellungnahme) gefährden würden. Für diese blieben immer noch sieben Millionen Eigenmittel, die als ausreichend erachtet werden können.

Unterm Strich besser für Stadt und Bürger


Trotz aller Härte, die jede einzelne von ihm vorgestellte Maßnahme in ihrer Umsetzung bedeuten wird, erachtet Oberbürgermeister Joachim Paulick die von der Verwaltung in den Konsolidierungspaketen I bis IV formulierten Vorschläge als spürbar milder und gesamtverträglicher für die Stadt als die im Oktober 2009 in einem Brief formulierten Ideen aus den Fraktionen Bürger für Görlitz/Grüne und CDU/FDP.

So sollte Görlitz ausgeblutet werden: Die Fraktionen Bürger für Görlitz/Grüne und CDU/FDP sahen u.a. die Übertragung der Unteren Bauaufsichts- und der Unteren Denkmalschutzbehörde auf eine andere Körperschaft und die Neuverhandlung eines reduzierten Leistungspaketes und Zuschusses für den ÖPNV (welche im nun vorliegenden Antrag nur noch die Bezeichnung: „Neuordnung des jährlichen ÖPNV-Zuschusses des Landkreises an die Stadt“ trägt) vor. Zudem sollte der Kreis im Rahmen einer „Neuordnung“ die restlichen Anteile an der Sparkasse, immerhin 16 Prozent, bekommen, womit die Stadt eine sichere Einnahmequelle verschenken würde.
Außerdem soll das Städtische Klinikum in eine - womöglich kreisliche - Holding überführt werden. Wer es vergessen hat: Vor vier Monaten hieß das noch „Verkauf/Teilverkauf Klinikum“, um den kreislichen Krankenhäusern die wirtschaftlich sonst schwierige Zukunft zu sichern.

Unterm Strich: Aus diesen Ideen eintretende Effekte wären für die Stadt entweder äußerst kurzlebig bzw. blieben gänzlich ohne nachhaltige Auswirkungen im Verwaltungshaushalt. Teils würde der damit einhergehenden Verlust beispielsweise an stadtplanerischem Gestaltungsspielraum der Stadt nicht aufgewogen.

Im Gegenzug für all das soll nach den Ideen der genannten Fraktionen der Kreis das hoch defizitär arbeitende Theater vollständig schlucken und sich ggf. an der Stadthalle beteiligen. „Hierzu sehe ich den Kreis ohnehin in der Pflicht. Die Halle soll wieder ein regionaler Veranstaltungsort werden, der auch - ebenso wie das Theater - den übrigen Kreisbewohnern zur Verfügung stehen muss. Allerdings wären die angebotenen 80 Tausend Euro Miete nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, ergänzte der Görlitzer Oberbürgermeister. Außerdem solle der Kreis die bisher nur teilweise sanierten Gymnasien übernehmen, um diese dann - mit welchen Mitteln (bei ca. 90 Millionen Konsolidierungsbedarf) auch immer - fertig zu sanieren.

Zudem soll der Kreis Altschulden der Stadt aus ihrer kreisfreien Zeit übernehmen. Hier kam eine Einigung auf Verhandlungsbasis bereits im Jahre 2008 nicht zustande kam. Die Stadträte hatten sich daher vor kurzem für einen Widerspruch gegen die Entscheidung der Landesdirektion Dresden ausgesprochen. Hier empfiehlt der Oberbürgermeister auf Grund berechtigter Chancen dann auch konsequent, den Klageweg zu beschreiten.

Eigentum der Stadt nicht an den Landkreis verschieben


Wer bei diesem Verhandlungspaket der Fraktionen Bürger für Görlitz/Grüne und CDU/FDP unterm Strich „das bessere Geschäft“ machen würde, erkennen selbst Laien. „Wie auf einem türkischen Basar soll von ehrenamtlichen Politikern Vermögen der Stadt an den Kreis verschoben werden. Dabei wissen die Fraktionsvorsitzenden weder um die Werte des Vermögens noch um haushalterische bzw. betriebswirtschaftliche Auswirkungen auf die einzelnen Bereiche“, kritisiert Oberbürgermeister Joachim Paulick das Geschehen.
Der Stadt drohe keine „Zwangsverwaltung“, wenn sie diese Vorschläge nicht umsetzt. Diese Annahme bezeugt einmal mehr die Ahnungslosigkeit einiger Stadträte, die sich als Ehrenamtliche bekanntermaßen nicht im Haftungsrisiko für ihr Handeln sehen (wollen). Welche unseriösen Verhandlungsmethoden dabei an den Tag gelegt werden sollen, lassen Äußerungen aus der Fraktion CDU/FDP nur erahnen: „... wir wollen zum jetzigen Zeitpunkt diesen Schritt nicht mitgehen, mit dem Haustarifvertrag, sondern erst, nachdem Sie (der Oberbürgermeister) mit uns zusammen arbeiten, so wie wir uns das vorstellen … Wir haben tatsächlich andere Vorstellungen, andere Ideen und wir bitten Sie hiermit, unseren Weg mitzugehen und dann haben Sie auch eine Mehrheit hier. Wäre ja auch kein Problem.“

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  • Quelle: red | Erstveröffentlichung am 09.02.2010 - 02:59 Uhr
  • Erstellt am 09.02.2010 - 01:27Uhr | Zuletzt geändert am 09.02.2010 - 09:59Uhr
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