Kryptowährungen als Klimakiller: Sind umweltfreundlichere Coins die richtige Lösung?
Görlitz, 31. Juli 2025. Der Traum vom dezentralen Geldsystem ist elektrisierend. Es funktioniert unabhängig von Banken, Regierungen und der traditionellen Finanzwelt. Stattdessen gibt es einen freien Markt aus Algorithmen, Blockchain und digitalen Tokens. Doch während sich auf der Oberfläche alles nach Fortschritt und Freiheit anfühlt, brodelt es unter der digitalen Haube gewaltig.
Denn was viele nicht sehen: Das System, auf dem Bitcoin & Co. beruhen, ist ein echter Energiefresser. Und das im Zeitalter der Klimakrise. Es stellt sich die Frage, ob grünere Alternativen das Problem lösen oder bloß neue Etiketten für alte Probleme liefern.
Foto von Kanchanara auf Unsplash
Die unsichtbare Kehrseite des Bitcoin-Booms
Wer Bitcoin sagt, muss inzwischen auch Kohlenstoffdioxid sagen. Denn jede Transaktion auf der Bitcoin-Blockchain verbrennt eine absurde Menge Energie. Um eine einzige dieser Transaktionen auszuführen, wird mehr Strom verbraucht als ein Durchschnittshaushalt in den USA in anderthalb Monaten benötigt. Kein Rechenfehler, sondern trauriger Alltag.
Verantwortlich dafür ist das Prinzip, auf dem Bitcoin basiert: das sogenannte Proof-of-Work. Dabei kämpfen weltweit tausende Rechner rund um die Uhr um das Lösen mathematischer Rätsel, um neue Blöcke zur Blockchain hinzuzufügen. Der Clou: Nur einer gewinnt, alle anderen haben umsonst gerechnet. Ein System mit hoher Sicherheit, aber verschwindend niedrigerer Effizienz.
Der Stromverbrauch von Bitcoin kratzt mittlerweile an der 120-Terawattstunden-Marke, auf Augenhöhe mit Ländern wie Schweden oder Argentinien. Dabei stammt der Strom nicht selten aus Kohle, Gas oder anderen fossilen Quellen.
Hinzu kommt ein weniger beachteter, aber nicht minder relevanter Aspekt: Elektroschrott. Die spezialisierte Mining-Hardware, sogenannte ASICs, hält oft nur wenige Monate. Danach landet sie auf dem Müll, unreparierbar, nicht wiederverwendbar, häufig nicht einmal recycelbar.
Spannend ist dabei, dass aktuelle Coin-Launches diesen Irrsinn zunehmend vermeiden wollen. Während die erste Generation der Kryptowährungen auf Rechenleistung setzte, legen neue Projekte von Beginn an Wert auf energieeffizientere Systeme. Und Ethereum? War bis 2022 auf demselben Weg. Erst mit dem sogenannten „Merge“ und dem Wechsel auf einen anderen Konsensmechanismus wurde der Energiehunger drastisch reduziert. Doch dazu später mehr.
Wie die Wahl des Konsensmechanismus die Umweltbilanz bestimmt
Nicht jede Blockchain ist gleich aufgebaut. Was im Detail technisch hochkomplex klingt, lässt sich auf eine einfache Frage herunterbrechen: Wie wird sichergestellt, dass alle Teilnehmer dem gleichen Stand der Dinge vertrauen können?
Beim klassischen Proof-of-Work geht es um rohe Rechenpower. Wer am meisten Leistung bietet, hat die größten Chancen, neue Blöcke zu erzeugen. Das ist sicher, aber wie bereits gesehen, ökologisch fatal.
Proof-of-Stake funktioniert anders. Hier entscheidet nicht die Rechenleistung, sondern der finanzielle Einsatz. Wer seine Coins „staked“, also als Sicherheit einsetzt, bekommt das Recht, neue Blöcke zu validieren. Das spart nicht nur Energie, sondern auch Hardware. Ethereum ist diesen Weg im Jahr 2022 gegangen. Mit beachtlichem Erfolg: Der Energieverbrauch des gesamten Netzwerks sank um über 99 Prozent.
Aber es geht noch weiter. Chia zum Beispiel setzt auf „Proof-of-Space-and-Time“. Statt Rechenleistung oder Kapital zählen hier ungenutzte Festplattenspeicher. Klingt genial, bringt aber neue Herausforderungen mit sich, insbesondere in puncto Hardwareverschleiß.
Andere Projekte wie IOTA oder Hedera arbeiten mit ganz eigenen Ansätzen: Tangle, Gossip-Protokolle, gerichtete Graphen. Allesamt Systeme, die auf Effizienz und Skalierbarkeit setzen und das klassische Blockchain-Prinzip auf den Kopf stellen.
Doch bei aller Innovationsfreude: Jeder Mechanismus bringt eigene Risiken, Schwächen und Zielkonflikte mit sich. Und was in der Theorie effizient erscheint, muss sich in der Praxis erst beweisen.
Grüner wird’s nicht?
Ethereum hat es vorgemacht: Vom Strommonster zur stromsparenden Blockchain und das in einem der größten technischen Updates der Krypto-Geschichte. Damit wurde der Weg frei für eine ganze Reihe von Coins, die Nachhaltigkeit nicht nur als Nebenaspekt, sondern als zentralen Bestandteil ihres Selbstverständnisses betrachten.
Cardano beispielsweise nutzt ein wissenschaftlich entwickeltes Proof-of-Stake-Protokoll namens Ouroboros. Es soll nicht nur sicher und dezentral, sondern auch besonders ressourcenschonend arbeiten. Algorand wiederum geht noch weiter und kompensiert seine ohnehin geringen Emissionen durch Umweltpartnerschaften, mit dem Ziel, komplett klimaneutral zu agieren.
Tezos setzt auf eine flexible Variante von PoS, bei der „Bäcker“ statt Miner die Blöcke validieren. Die Rechenleistung dafür ist überschaubar, die Umweltbelastung entsprechend niedrig.
Chia ist der Sonderling im Bunde. Hier entscheidet freier Speicherplatz über die Chancen im Netzwerk. Eine clevere Idee, die allerdings durch erhöhten Verschleiß von SSDs neue Probleme aufwirft.
IOTA, Hedera, Nano. Sie alle versprechen grüne Blockchain-Technologie mit minimalem Energieeinsatz. Und dann ist da noch Bhutan. Das kleine Himalaya-Königreich nutzt seine Wasserkraftreserven für grüne Krypto-Mining-Projekte. Hier wird deutlich: Nachhaltigkeit kann nicht nur technologisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich gedacht werden.
Umweltfreundlich, aber nicht unproblematisch
Ein geringerer Stromverbrauch ist nicht gleichbedeutend mit einer heilen Welt. Proof-of-Stake etwa reduziert zwar den Energiebedarf massiv, bringt dafür andere Herausforderungen mit sich. So bestimmt im Kern derjenige über das Netzwerk, der die meisten Coins hält. Es entsteht ein System, in dem Reichtum Macht bedeutet, mit der Gefahr, dass einzelne Akteure zu dominanten Validatoren werden.
Auch bei neuen Mechanismen wie Proof-of-Space bleibt die Umweltbilanz nicht ungetrübt. Der Hardware-Verschleiß durch ständiges Neu-Beschreiben von Speicherplatten erzeugt nicht weniger, sondern nur andersartigen Elektroschrott.
Hinzu kommt: Viele Projekte, die sich als klimaneutral bezeichnen, erreichen dies nur über Kompensation. Sie kaufen CO₂-Zertifikate, statt den Ausstoß tatsächlich zu vermeiden. Ein klassisches Greenwashing-Risiko.
Und nicht zuletzt fehlt es vielen Projekten an Transparenz. Wer behauptet, besonders grün zu sein, muss das auch offenlegen können. Doch gerade in der Welt der Kryptowährungen bleibt vieles im Dunkeln. Teils aus Wettbewerbsgründen, teils aus Prinzip.
Was Wirtschaft und Staaten mitzureden haben
Je lauter die Klimadebatte, desto deutlicher das Echo in der Politik. Länder wie China haben Bitcoin-Mining komplett verboten. Andere denken über CO₂-Abgaben für energieintensive Rechenzentren nach. Die Europäische Union arbeitet an einem Regulierungsrahmen, der auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen soll.
Gleichzeitig gewinnt das Thema ESG, also ökologische, soziale und ethische Investitionskriterien, enorm an Bedeutung. Institutionelle Anleger, Pensionsfonds, Unternehmen mit Klimazielen: Sie alle wollen wissen, wohin ihr Geld fließt. Projekte, die transparent und nachhaltig wirtschaften, haben hier klare Vorteile.
Green Coins profitieren davon. Sie gelten als zukunftsfähig, regelkonform und mitunter sogar als positiver Imagefaktor. Staaten wie Bhutan nutzen dies aktiv für ihre Wirtschaft. Mit der Hoffnung, durch grüne Kryptowährungen neue Einnahmequellen zu erschließen, ohne dem Klima zu schaden.
Grün allein reicht nicht
Echte Nachhaltigkeit beginnt nicht bei der Steckdose. Sie beginnt beim System. Wer Kryptowährungen wirklich zukunftstauglich machen will, muss mehr als nur den Energieverbrauch senken.
Nachhaltigkeit bedeutet auch, nicht nur zu verbrauchen, sondern zurückzugeben. Einige Blockchain-Projekte arbeiten bereits an Anwendungen, die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen: Etwa bei der Nachverfolgung von Lieferketten, der Verwaltung von CO₂-Zertifikaten oder der Kontrolle von Recycling-Prozessen.
Was fehlt, sind klare Standards. Eine Art TÜV für grüne Coins. Unabhängige Prüfinstanzen, nachvollziehbare Kriterien, verlässliche Angaben. Denn nur so lässt sich verhindern, dass aus grünem Fortschritt bloß eine weitere Wirtschaft mit Trick wird.



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- Erstellt am 31.07.2025 - 12:10Uhr | Zuletzt geändert am 31.07.2025 - 13:16Uhr
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