Zusammenwachsen Europas braucht Zeit

Berlin. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Europa im 21. Jahrhundert" der Heinz-Schwarzkopf-Siftung in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission sprach Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt heute in Berlin zum Thema "Sachsen im Europa der 25 ? - Herausforderungen und Chancen".

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Sachsen muss sich auf seine Stärken besinnen

Wirtschaftlich gesehen ergeben sich für Milbradt infolge der EU-Erweiterung zwei Problembereiche. Bisher profitierte der Freistaat hinsichtlich europäischer Fördermittel von seiner Stellung als Ziel-1-Region. Nach der EU-Erweiterung liegt Sachsen mit dem erwirtschafteten Bruttosozialprodukt derzeit jedoch knapp über dem Grenzwert der Förderung. "Für uns hat sich nichts verändert, aber im europäischen Vergleich haben wir uns verbessert", so Milbradt. Das zweite Problem seien die Lohnkosten. Zwar besitze Sachsen gegenüber den anderen Bundesländern Lohnvorteile, was Investitionen begünstige. Allerdings seien die Lohnkosten Gesamtdeutschlands, verglichen mit den Ländern Ost- und Mitteleuropas, zu hoch. Aufgrund der gemeinsamen Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik sei dies für Sachsen im europäischen Wettbewerb ein Nachteil. Waren und Dienstleistungen könnten so im Ausland billiger angeboten werden, Unternehmen entschieden sich eher für Investitionen im Ausland.

Der sächsische Regierungschef forderte, anstatt Schwächen zu bedauern, Stärken zu betonen. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Bildung in Sachsen. "Sächsische Schüler rücken immer näher an die Spitze Europas. In der PISA-Studie sind wir auf Platz zwei in Deutschland vorgestoßen, und der aktuelle Bildungsmonitor sieht uns sogar auf Platz eins. Darüber hinaus muss Sachsen seinen guten Stand als Wissenschafts- und Forschungsstandort erhalten und ausbauen", erklärte Milbradt. Der europäische Markt verlange nach immer mehr qualifizierten Fachkräften. Zukünftig müssten verstärkt Synergien zwischen Wissenschaft und Wirtschaft genutzt werden.

Als beispielhafte Vorreiter nannte Milbradt die Automobilproduktion, die Chipindustrie sowie die Biotechnologie. Die im Freistaat angesiedelten Automobilunternehmen nutzen die Zusammenarbeit mit den Universitäten, welche Fachkräfte für Fahrzeugtechnik ausbilden. So eröffnete Rolls-Royce in diesem Jahr ein universitäres Forschungszentrum an der TU Dresden. In der Chip-Industrie ist der Begriff "Silicon-Saxony" auf dem besten Weg, den gleichen Bekanntheitsgrad zu erlangen wie sein Vorbild "Silicon-Valley". Ähnliches ist im Bereich Biotechnologie zu beobachten. Sachsen wächst als Biotechnologie-Standort immer mehr und zieht somit zahlreiche Forschungsinstitute an.

"Europa ist für mich aber nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern zu aller erst eine Wertegemeinschaft", sagte Milbradt. Europa dürfe nicht als ausgedehnte Freihandelszone gesehen werden. Auch der Beitritt der Länder Rumänien und Bulgarien sei kritisch zu hinterfragen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die EU sei ein prinzipienloses Gebilde, das Beitrittkriterien im Zweifelsfall nicht ernst nähme. Aus Milbradts Sicht müsse daher die Integration der bereits aufgenommenen Staaten vorrangig sein. Die Bürger Europas brauchten Zeit, um mit den neuen Mitgliedstaaten zusammenzuwachsen.

Abschließend betonte der sächsische Ministerpräsident, dass Sachsen erstmals in der Geschichte nur noch von Freunden und Bündnispartnern umgeben sei. Historisch sei dies ein Glücksfall und der Freistaat könne von seiner Lage in der Mitte Europas profitieren. Dies sollte bei allen Herausforderungen im Vordergrund stehen.

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  • Quelle: /SSK
  • Erstellt am 23.09.2006 - 06:58Uhr | Zuletzt geändert am 23.09.2006 - 07:02Uhr
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