P.E.N. tagt zur Thema Vertreibung
Görlitz, 10. April 2009. Das deutsche P.E.N.-Zentrum führt am 22. April 2009 in der ehemaligen Görlitzer Synagoge eine öffentliche Tagung zum Thema „Flucht und Vertreibung in der Literatur“ durch. Begleitet wird die Veranstaltung durch den Aktionskreis für Görlitz e.V. und die Stadt Görlitz.
Themen, Referenten und Schriftsteller
Das Thema
Wieder hat es Krach zwischen Polen und Deutschen gegeben. Die Heimatvertriebenen, ihre Präsidentin Erika Steinbach und das in Berlin geplante „Zentrum gegen Vertreibungen“ bieten - begründet oder nicht - Zündstoff gegen Versöhnung zwischen den beiden Ländern. Alte Ängste und Vorurteile werden aufgerufen, der Erinnerungsschmerz wird wach und auch die Generation der Nachgeborenen weiß sich nicht frei davon. Ergibt sich eine Wiederholungsschleife der wechselseitigen Befangenheit, der Nichtverständigung und des haltlosen Streits?
Dieser Vermutung soll widersprochen werden. Seit vielen Jahren sichern Literaturwissenschaftler, Kritiker und politisch wie literarische interessierte Essayisten in beiden Ländern gemeinsam ein Erbe, das man als das wahre „Sichtbare Zeichen“ ansehen kann. Es ist die Literatur über Flucht und Vertreibung, die ein einzigartiges Zeugnis bietet. In ihr sind die geschichtlichen Ereignisse bewahrt, ist die Botschaft des bedrohten und verfolgten Einzelnen aufgehoben, werden die Geschicke ganzer Volksgruppen nachvollziehbar. Der erzwungene Abschied von der Heimat, die existenzielle Erfahrung der Flucht, die Erfahrung von Jägern und Gejagten, das Transitdasein, die Notlagen des Unterwegs und die Fremdheit der Neuankömmlinge, seien sie als Vertriebene oder als Umsiedler benannt, ergeben einen unverzichtbaren Bestand an Einsichten.
Darüber suchen die Veranstalter das Gespräch mit polnischen und deutschen Forschern. Wenige Wochen vor der Jahrestagung des P.E.N.-Zentrums Deutschland, die unter dem Motto „Schreibend Brücken bauen“ steht, soll in der deutschpolnischen Grenz- und Verbindungsstadt Görlitz-Zgorzelec dieses literarische Erbe besichtigt werden.
Mit welchen anderen Texten lassen sich Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem Osten verbinden? Wie nahe rückt uns damit die Vertreibung der Ostpolen nach dem Hitler/Stalin-Pakt und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs? Und bietet die Literatur deutscher und österreichischer Exilautoren eine Brücke über die diversen historischen Erfahrungen?
Auf Fragen dieser Art, ausgebreitet am Nachmittag, folgt am Abend eine literarische Großveranstaltung: Sechs Autoren des P.E.N. lesen eigene Texte und ihrer Vorgänger zum Thema.
Das Programm
Flucht und Vertreibung
Das Gedächtnis der Literatur
Eine Tagung des P.E.N.-Zentrums Deutschland in Görlitz
22. April 2009
13.00 Uhr
Wilfried F. Schoeller, Berlin: Begrüßung und Einführung.
13.30 Uhr
Paweł Zimniak, Grünberg (Zielona Góra): Literarisches Leiden unter Geschichte. Zur traumatischen Erfahrung von Flucht und Vertreibung in Texten deutscher Gegenwartsautoren.
14.15 Uhr
Marek Zybura, Breslau (Wrocław): Ehemalige deutsche Kulturlandschaften in der polnischen Literatur.
15.00 Uhr
Marion Brandt, Danzig (Gdańsk): Die Entdeckung des deutschen Danzig in der polnischen Literatur der siebziger Jahre bis heute.
16.00 Uhr
Carsten Gansel, Gießen: "Das Vergangene ist nicht tot". Formen der Erinnerung in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1989.
17.00 Uhr
Diskussion: Abkehr vom Stereotyp. Polenbilder in der deutschen Gegenwartsliteratur.
Ende gegen 18.00 Uhr
20.00 Uhr
Landschaften der Erinnerung
Mit Texten von Günther Anders, Jörg Bernig, Horst Bienek, Johannes Bobrowski, Christine Brückner, Günter Grass, Peter Härtling, Reinhard Jirgl, Walter Kempowski, Siegfried Lenz, Leonie Ossowski, Hans-Ulrich Treichel und Christa Wolf
Es lesen Jörg Bernig, Daniela Dahn, Róža Domašzyna, Reinhard Jirgl, Angela Krauß und Jochen Laabs
Moderation: Wilfried F. Schoeller
Ende gegen 21.30 Uhr
Beide Veranstaltungen finden in der ehemaligen Synagoge Görlitz, Otto-Müller-Straße, statt.
Eintritt frei.
Die Referenten und die Schriftsteller
Jörg Bernig
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU in Dresden. Lebt in Radebeul.
Prosa und Gedichte. Sudetendeutscher Kulturpreis für Literatur 2007.
Niemandszeit. Roman.2002. Wüten gegen die Stunden. Gedichte. 2009
Marion Brandt
Lehrt Germanistik an der Universität Danzig (Gdańsk).
Grenzüberschreitungen. Deutsche, Polen und Juden zwischen den Kulturen (1918 – 1939). 2006
Daniela Dahn
Lebt als freie Schriftstellerin in Berlin und Mecklenburg. Dokumentaristin,
Kurzprosa, vorwiegend Essayistin. Ludwig-Börne-Preis 2004.
Demokratischer Abbruch. Von Trümmern und Tabus. 2005
Róža Domašzyna
Sorbische Lyrikerin und Nachdichterin. Lebt in Bautzen, seit 1990 freie Schriftstellerin. Anna-Seghers-Preis 1998.
Ballonraketa. Dramatik. 2008
Carsten Gansel
Professor für Germanistische Literatur- und Mediendidaktik
an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Rhetorik der Erinnerung. Literatur und Gedächtnis in den „geschlossenen Gesellschaften“ des Real-Sozialismus. 2009
Reinhard Jirgl
Seit 1996 freier Schriftsteller in Berlin. Vorwiegend Romane. Bremer Literaturpreis 2006. Lion-Feuchtwanger-Preis 2009.
Die Unvollendeten. Roman. 2003. Die Stille. Roman. 2009
Angela Krauß
Seit 1981 freie Schriftstellerin in Leipzig. Romane, Erzählungen. Ingeborg-Bachmann-Preis 1988. Hermann-Lenz-Preis 2007.
Ich muß mein Herz üben. Gedichte. 2009
Jochen Laabs
Lebt als freier Schriftsteller in Berlin und Mecklenburg. Romane, Erzählungen, Gedichte. Uwe-Johnson-Preis 2006.
Späte Reise. Roman. 2006
Wilfried F. Schoeller
Literaturkritiker in Berlin. Generalsekretär des P.E.N.-Zentrums Deutschland.
Deutschland vor Ort. Geschichten, Mythen, Erinnerungen. 2005
Paweł Zimniak
Professor für Germanistik an der Hochschule Grünberg (Zielona Góra).
Niederschlesien als Erinnerungsraum nach 1945. Literarische Fallstudien. 2007
Marek Zybura
Literaturwissenschaftler am Willy-Brandt-Zentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität Breslau (Wrocław).
Querdenker, Vermittler, Grenzüberschreiter. Beiträge zur deutschen und polnischen Literatur- und Kulturgeschichte. 2007
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- Quelle: /FRS | Foto: /BeierMedia.de
- Erstellt am 10.04.2009 - 10:51Uhr | Zuletzt geändert am 20.09.2021 - 13:08Uhr
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