Gegen einen Automatismus des EU-Beitritts

Leipzig. Im Rahmen der Europawoche hat Staatsminister Hermann Winkler heute erneut vor einer zu schnellen Erweiterung der EU gewarnt.

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Sachsens Staatsminister Hermann Winkler warnt

Vor der Handwerkskammer Leipzig erklärte er: "Bulgarien und Rumänien haben wichtige Fortschritte gemacht. Gleichzeitig bestehen aber noch Umsetzungsdefizite bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption sowie bei der Reform der Justiz. Wir werden die Entscheidung über den Beitritt zum 01. Januar 2007 von dem Fortschrittsbericht der Kommission abhängig machen."

Winkler sieht die Entscheidung auch in einem engen Zusammenhang mit der gesunkenen Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur EU insgesamt: "Ich spreche mich gegen jedweden Beitrittsautomatismus aus. Wenn neue Länder der EU beitreten wollen, müssen sie die Voraussetzungen erfüllen. Das gebietet die Glaubwürdigkeit und Stabilität der EU. Deshalb sollten auch gegenüber weiteren beitrittsinteressierten Ländern keine unverantwortlichen Hoffnungen geweckt werden."

Der Minister plädierte auch aus einem weiteren Grund für eine Atempause im Erweiterungsprozess. Derzeit sei die EU weder institutionell noch im Bewusstsein ihrer Bürger weiter aufnahmefähig. Winkler erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass erst kürzlich das Vorhaben eines europäischen Verfassungsvertrages an der mangelnden Zustimmung der Bürger in Frankreich und den Niederlanden gescheitert ist. "Welcher Hausbauer kann es sich leisten, neue Mieter einzuladen, wenn das Dach gerade vom Wind abgetragen wurde? Ich will das ´Haus EU´ erst wetterfest sehen, bevor neue Bewohner hinzukommen", so Winkler weiter.

Der für die sächsische Europapolitik zuständige Staatsminister sprach sich überdies für eine Wertediskussion in der bestehenden EU aus. Es müsse darüber nachgedacht werden, in welchen geographischen Grenzen es ein ausreichendes Maß an Übereinstimmung bei den verbindenden Werten gibt. Diese sieht Winkler in einem humanistisch-christlichen Rahmen: "Die EU ist mehr als nur ein nüchterner Wirtschafts- und Finanzplatz. Dafür sind die Einflussmöglichkeiten der EU in das Leben der Bürger inzwischen viel zu groß. Deswegen ist mir wichtig, weiter in einer Gemeinschaft der Europäer zu leben, in der Einigkeit über die für die EU grundlegenden Werte der christlichen und humanistischen Kultur herrscht. Dabei geht es nicht um Abgrenzung gegen andere, sondern im Gegenteil um Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen Kulturen und Ländern. Dies kann aber nur aus der klaren Bestimmung der eigenen Position erwachsen."

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  • Quelle: /SSK /red
  • Erstellt am 10.05.2006 - 00:15Uhr | Zuletzt geändert am 10.05.2006 - 00:21Uhr
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