Görlitzer Stadtrat wieder rechtswidrig entschieden

Görlitz-Zgorzelec | Dresden. Erneut erhielt der Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick am vergangenen Freitag Post vom Dresdner Regierungspräsidium (RP). Zum neunten Mal seit seinem Amtsantritt hat das RP zu einem Stadtratsbeschluss, der die Stadtreinmigung Görlitz (SRG) zum Gegenstand hatte, entschieden. In seinem Bescheid vom 5. März 2008 zum Widerspruch des Oberbürgermeisters vom 15. Januar 2008 gegen den Beschluss des Stadtrates vom 10. Januar 2008 stellt das RP sowohl die formelle als auch materielle Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses fest. Der angegriffene und letztlich für rechtswidrig erklärte Beschluss hatte konkret die Haftungsfreistellung ehemaliger SRG-Aufsichtsratsmitglieder zum Inhalt. Der Stadtrat sprach sich mehrheitlich für eine Freistellung aus, da nach seiner Auffassung Versagungsgründe nicht vorlägen.

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Neunter Bescheid des Regierungspräsidiums

Der Stadtrat hatte Anfang Januar 2008 über die Freistellung der ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder Keller, Lehmann, Thoms, Lechner und Schmidt geheim abgestimmt. Damit verstieß er gegen das Gebot der offenen Abstimmung, von dem „nur in eng begrenzten Ausnahmefällen“ abgewichen werden darf. Die vom Antragsteller angeführte Begründung vermochte das RP nicht zu überzeugen, da vorangegangene Beschlüsse zur Haftungsfreistellung der ehemaligen Aufsichtsräte offen gefasst wurden. Es waren keine wichtigen Gründe erkennbar, warum nun ein anderes Abstimmungsverfahren gewählt wurde. Die Entscheidung für eine geheime Abstimmung nannte das RP ermessensfehlerhaft.

Die materielle Rechtswidrigkeit liegt in den fehlenden Freistellungsvoraussetzungen. Hierbei nimmt das RP Bezug auf das eigens zur Klärung dieser Frage angefertigte Gutachten. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass die Aufsichtsräte mindestens grob fahrlässig gehandelt hätten und ihnen daher kein Freistellungsanspruch zusteht. Der Stadtrat vermochte weder mit Argumenten noch Nachweisen lediglich eine (einfache) Fahrlässigkeit zu begründen. Mit den haftungsrechtlichen Inhalten des Gutachtens habe sich der Stadtrat in seiner Sitzung am 10. Januar 2008 nicht oder nur unzureichend auseinandergesetzt. Der Kritik einzelner Stadträte an der Qualität des Gutachtens konnte das RP letztlich so nicht folgen. Der Bescheid verwirft an dieser Stelle insbesondere die Auffassung des CDU-Fraktionsvorsitzenden zum Gutachten.

Im vorliegenden Bescheid droht das RP für den Fall des Nichtbefolgens seiner Anordnung zur Aufhebung des rechtswidrigen Beschlusses innerhalb von sechs Wochen vorsorglich eine Ersatzvornahme an, „da der Stadtrat sich in der Vergangenheit durchgängig geweigert hat, vom Regierungspräsidium beanstandete Beschlüsse im Zusammenhang mit der Frage der Haftungsfreistellung der ehemaligen Aufsichtsräte aufzuheben.“

Nach fünf Aufforderungen an den Stadtrat zur vollständigen und einer Aufforderung zur teilweisen Rücknahme von Beschlüssen, einer Aufforderung zur Rücknahme eines Widerspruchs des Stadtrates gegen einen Bescheid des RP und einer ersatzweisen Aufhebung von Stadtratsbeschlüssen durch das RP war diese Entscheidung die neunte, welche in Zusammenhang mit der SRG getroffen wurde. Aktuell liegt ein weiterer Stadtratsbeschluss zur SRG (Annahme des Angebots des ehemaligen Geschäftsführers Hartmut Gottschling) zur Entscheidung in Dresden.


Kommentar

Abgewatscht, wie man so schön sagt, wurde der Stadtrat für seine Beschlüsse also schon mehrfach. Die Steigerungsform von abwatschen sind Prügel, natürlich hier nur im übertragenen Sinn.

Was gegen das Verhalten des Görlitzer Stadtrats in seiner Gesamtheit getan werden könnte, soll und kann hier nicht beleuchtet werden.

Aber ein Gedanke scheint wichtig: Für den ganzen sinnlos produzierten Aufwand zahlt letztlich der Steuerzahler.

Wirklich ungern,

meint Ihr Fritz Stänker

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  • Quelle: /FRS
  • Erstellt am 10.03.2008 - 15:13Uhr | Zuletzt geändert am 10.03.2008 - 15:28Uhr
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