Senckenberg: Neue Schlangenart in Europa

Dresden, 22. Februar 2016. Dass sich auch in Europa noch neue Tierarten finden lassen, haben Wissenschaftler der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden bewiesen: Mit einem international besetzten Team haben sie eine neue Schlangenart in Europa entdeckt.

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Die Ringelnattern sind um eine Art reicher

Die Forscher zeigen in einer heute im Fachjournal "Biological Journal of the Linnean Society" veröffentlichten integrativen Studie, dass die als "Iberische Ringelnatter" bekannte Schlange keine Unterart der weit verbreiteten eurasiatischen Ringelnatter, sondern eine eigene Art ist.

In Deutschland zählt die europaweit vorkommende, harmlose Ringelnatter, die an einem hellen Halsring erkennbar ist, zu den am häufigsten auftretenden Schlangenarten. "Vielleicht liegt es an dieser Häufigkeit, dass es auch bezüglich ihrer Taxonomie eine Vielfalt an Meinungen gibt", mutmaßte Prof. Dr. Uwe Fritz, Direktor der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden, angesichts des Nachweises der neuen Schlangenart und ergänzte, dass die Spanne - je nach Autor - von 4 bis 14 Unterarten reiche.

Fritz hatte gemeinsam mit der Doktorandin Carolin Kindler sowie Kollegen vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn und weiteren internationalen Partnern herausgefunden, dass die bisher als Unterart geführte Iberische Ringelnatter eine eigene Art darstellt. "Europas Wirbeltiere gelten als gut erforscht – da ist die Entdeckung einer neuen Art schon etwas ganz Besonderes", freute sich Kindler.

So sind die Naturforscher vorgegangen

Das Wissenschaftlerteam hatte über 300 Schlangen aus mehreren Sammlungen untersucht. Die dabei entstandenen Daten wurden mit genetischen Mustern von 85 Ringelnattern abgeglichen. "Wir haben die externe Morphologie, wie beispielsweise die Zahl der Schuppen, mit Eigenschaften des Knochenbaus und genetischen Merkmalen verknüpft und konnten anhand dessen zeigen, dass die Iberische Ringelnatter – Natrix astreptophora – eine eigene Art ist“, schilderte Fritz.

Hier ist die Iberische Ringelnatter zu Hause

Mit den genetischen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die neu entdeckte Art ihren Lebensraum nicht mit der in Europa und Asien weit verbreiteten Ringelnatter-Art Natrix natrix und deren Unterarten teilt: Natrix astreptophora kommt in der nordafrikanischen Maghreb-Region, auf der Iberischen Halbinsel und im Süden Frankreichs vor.

Beiden Arten treffen nur in Südfrankreich nahe der Pyrenäen aufeinander. Dass dennochin diesem Gebiet fast keine Hybride der Arten gefunden, deutet Fritz als weiteren Beleg für die eigene Art der Natrix astreptophora.

Das Leben der Ringelnattern

Ringelnattern, die bis zu einem anderthalben Meter lang werden, jagen Amphibien und anderes Kleingetier. Allerdings sind sie an feuchte Lebensräume gebunden. Und die schwinden: Die Entwässerung von Feuchtgebieten, der Regulierung von Flussläufen und die intensivere Teichwirtschaft schränken ihren Lebensraum stetig ein. Andererseits ist die Iberische Ringelnatter wesentlich unabhängiger vom Wasser als die weiter verbreitete Art.

Viele Ringelnattern werden auf den Straßen überfahren, an großen Seen bedroht der Tourismus die Schlangen und ihren Lebensraum.

Kindler erklärte, warum die Entdeckung der neuen Art auch deshalb von Bedeutung ist:"Zu wissen, mit welcher Art wir es zu tun haben, hilft uns ihre Gefährdung besser einzuschätzen und rechtzeitig Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies ist umso wichtiger, weil die Iberische Ringelnatter andere Lebensräume bevorzugt."

Seckenberg betreibt Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden. Hier wird die die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen gezeigt. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Publikation:
Felix Pokrant, Carolin Kindler, Martin Ivanov, Marc Cheylan, Philippe Geniez, Wolfgang Böhme & Uwe Fritz (2015): Integrative taxonomy provides evidence for the species status of the Ibero-Maghrebian grass snake Natrix astreptophora.
Biological Journal of the Linnean Society.

2016 ist Leibniz-Jahr:
Anlässlich des 370. Geburtstags und des 300. Todestags des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, der am 1. Juli 1646 in Leipzig geboren wurde undnam 14. November 1716 in Hannover starb, hat die Leibniz-Gemeinschaft ein großes Themenjahr gestartet: Unter dem Titel "die beste der möglichen Welten" – ein Leibniz-Zitat – rückt sie die Vielfalt und die Aktualität der Themen in den Blick, denen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der bundesweit 88 Leibniz-Einrichtungen widmen.

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  • Erstellt am 22.02.2016 - 07:44Uhr | Zuletzt geändert am 22.02.2016 - 08:38Uhr
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