Die RAF, die "DDR" und Görlitz
Görlitz, 12. September 2015. Die Verbindung zwischen RAF (steht hier für die Rote Armee Fraktion, der bekannte Maler und Grafiker Ralf Alex Fichtner nutzt das gleiche Kürzel, jegliche Verwechslung wäre rein zufällig und nicht beabsichtigt), "DDR" und Görlitz lässt sich wirklich herstellen, zu verdanken ist das dem aus Görlitz stammenden Wahlberliner Markus Draper. Seine Ausstellung "Inge zu Fuß zur Arbeit" öffnet in Görlitz feinsinnig genau am am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2015. Ah ja, deutsche Geschichte ist - was manchmal vergessen wird - für ein paar Jahrzehnte parallel verlaufen.
Zeitgenössische Kunst reflektiert zum Beitrittsjubiläum der "DDR"
Frühsommer 1990: In der Noch-"DDR", dem implodierenden Staat, werden zehn langgesuchte RAF-Mitglieder verhaftet. Soviel Pfiffigkeit hatten die Westfahnder der Stasi nicht zugetraut. Die hatte den Terroristen neue Identitäten und Wohnorte verschafft - in "Arbeiterschließfächer" genannten Plattenbausiedlungen in Magdeburg, Schwedt, Senftenberg, Neubrandenburg und Berlin.
Markus Draper, Künstler in Berlin, hat sich mit großen Plastiken genau diesem Thema zugewandt und die Wohnhäuser, in denen die RAF-Aussteiger verhaftet wurden, nachgestaltet. Die Metallguss-Modelle machen sichtbar, wie der RAF-Mythos im Spießerdasein endete.
Die Modelle werden gemeinsam anderen, ebenfalls neueren Werken Drapers in der Ausstellung "Inge zu Fuß zur Arbeit" gezeigt - erstmals. Das Kulturhistorische Museum Görlitz leistet sich damit den Höhepunkt seiner diesjährigen Ausstellungssaison.
Alltägliches künstlerisch reflektiert
"Inge zu Fuß zur Arbeit" ist eine Reflexion über Alltägliches im auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone als Gegenpol zur Bundesrepublik entstandenen Gebilde "DDR" der 1980er Jahre.
Erste Szene: Eine Videoinstallation zeigt einen Backenbrecher, eine Maschine, mit der Bauschutt zerkleinert wird - Sinnbild des autoritären Staates, des Verarbeitens, Verdauens und Ausspuckens von Geschichte.
Für die zweite Szene hat Draper die Tagebücher seines Vaters in einem Gemäldezyklus verarbeitet. Der hatte in den Achtzigern sein Leben in einer großformatigen Tabelle reflektiert.
Die dritte Szene beinhaltet einen Gemäldezyklus, zu dem Draper Setfotografien der vor einigen Jahren in Görlitz entstandenen Verfilmung des Romans "Der Turm" von Uwe Tellkamp angeregt haben. Draper nutzt den Film zur Diskussion über die Schwierigkeit realistischer Geschichtsdarstellungen.
Mit der Schau im Kaisertrutz wird 25. Wiedervereinigungsjubiläum - das streng genommen das Jubiläum eines Beitritts ist - mit zeitgenössischer Kunst aufgegriffen. Unterstützung findet das Projekt unter anderem bei der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, der Wüstenrot-Stiftung, der Hypo-Kulturstiftung, bei der Stadtwerke Görlitz AG, der städtischen KommWohnen Görlitz GmbH, der INFOTECH GmbH Görlitz sowie beim Architekturbüro Christian Weise, Görlitz.
Zur Draper-Ausstellung erscheint bei Spector Books, einem Leipziger Verlag, ein Buch. Darin unter anderem ein Interview mit dem RAF-Aussteiger Ralf Baptist Friedrich über sein Leben in Schwedt von 1980 bis 1990.
Außerdem ist zur Ausstellung ein breitgefächertes Begleitprogramm mit Podiumsgesprächen, Lesungen, museumspädagogischen Angeboten, Filmvorführungen und thematischen Führungen vorgesehen.
Prädikat: Unbedingt hingehen!
Sonnabend, 3. Oktober 2015, bis Sonntag, 31. Januar 2016,
Kaisertrutz, Platz des 17. Juni 1, 02826 Görlitz.
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- Quelle: red | Fotos: © Markus Draper
- Erstellt am 11.09.2015 - 18:32Uhr | Zuletzt geändert am 11.09.2015 - 23:57Uhr
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