Zum Volkstrauertag in Görlitz
Görlitz, 5. November 2016. Der Volkstrauertag wurde in Deutschland als Gedenkentag an die Toten des Krieges von 1914 bis 1918 eingeführt. Dieser Anlass ist längst deutlich erweitert: Heute erinnert der Tag an die Toten beider Weltkriege und an die Menschen, die in der ganzen Welt bis in die Gegenwart hinein Opfer von Verfolgung, Terror und Gewalt wurden oder sind.
Die Geschichte des Volkstrauertags und seine Auslegung
Der Volkstrauertag war 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge vorgeschlagen worden. In der Weimarer Republik wurde der Volkstrauertag aus unterschiedlichen Gründen nicht zum gesetzlichen Feiertag, aber 1922 erstmals und seit 1925 jährlich begangen.
Mit dem Volkstrauertag war es in der Weimarer Republik gelungen, einen gemeinsamen Erinnerungstag an die um Ersten Weltkrieg umgebrachten Soldaten und weiteren Opfer zu schaffen. Genutzt wurde er jedoch vor allerm vom national-konservativen Millieu, das bei dieser Gelegenheit an die anfängliche Kriegsbegeisterung und den "Burgfrieden" erinnerte. Andere Gruppierungen, wie der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge selbst, nutzten den Tag für Friedensappelle.
Die Nazis pervertierten den Tag, indem sie ihn anstelle des Gedenkens an kriegsbedingtes Leid und Tod zum "Heldengedenktag" – tatsächlich der Heldenverehrung – umfunktionierten. Dazu passend wurde nicht mehr halbmast geflaggt, sondern die Fahnen wurden voll gehisst. 1939 rückte Hitler den Feiertag kalendarisch an den Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in den drei Westzonen der ursprüngliche Volkstrauertag wieder eingeführt, in der Ostzone hingegen ein "Internationaler Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg".
In der Bundesrepublik kam es im Jahr 1952 zur Anpassung des Datums des Volkstrauertags an das Kirchenjahr, er wurde an dessen Ende gelegt. Inhaltlich wurde nun mehr zu Verständigung und Aussöhnung und zum Frieden aufgerufen. Mit dem Gedenken an die "Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat“ sowie an die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen wurde der Grundstein für das heutige Verständnis des Volkstrauertag gelegt.
Hingehen!
Sonntag, 13. November 2016, 11 Uhr,
an der Stele am ehemaligen Ständehaus, Dr.-Kahlbaum-Allee (Nähe Zufahrt zur Stadtbrücke in Richtung Polen), 02826 Görlitz.
Zu dieser Gedenkveranstaltung sind alle Bürgerinnen und Bürger von der Stadt Görlitz, vom Traditionsverband der 30-er sowie von der Evangelischen und der Katholischen Kirche eingeladen. Auch will eine Abordnung der Reservistenkameradschaft Görlitz dabei sein,
Kommentar:
Ohne Geschichte kann man die Gegenwart halt erst recht nicht begreifen. So geht es wohl auch Leuten, die, wie der Ankündigung in einer Gemeinde im Landkreis Görlitz zu entnehmen ist, den Volkstrauertag auf eine "Andacht und Ehrung der im Zweiten Weltkrieg Gefallenen und Vermissten" verkürzen. Zudem: Gedenken ja, aber Ehrung?
Vielerorts ist zu beobachten, dass an den "Kriegerdenkmalen", die an die Umgebrachten und Vermissten des Ersten Weltkriegs erinnern, Zusatztafeln zur Erinnerung an die Opfer des Zweiten Weltkriegs angebracht werden. Das ist sicherlich wohlgemeint, aber historisch nicht korrekt. Teilnehmer des Ersten Weltkriegs wurde Deutschland aufgrund einer Bündnisverpflichtung, was übrigens auch Grund dafür ist, dass die sowjetische Besatzungsmacht die Kriegerdenkmale unangetastet ließ. Der Zweite Weltkrieg hingegen entstand durch deutsche Angriffskriege, ausgeführt von Organisationen, die im Nachhinein als in ihrem Wesen als verbrecherisch charakterisiert wurden.
Das an einem gemeinsamen Denkmal zu vermengen, verbietet sich, meint
Ihr Thomas Beier
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Lesermeinungen (1)Meinung zu einem Kommentar zum Volkstrauertag
Von Uwe Elix am 14.11.2020 - 12:43Uhr
Hallo Herr Beier,
es erstaunt schon sehr,dass im Kreis Görlitz im Internet und den Zeitungen der 13.11.20 als SONNTAG beschrieben wird (Anmerkung der Redaktion: Bezug genommen wird auf einen Artikel aus dem Jahr 2016, da war der 13. November tatsächlich ein Sonntag), sollen wegen Corona die Trauernden zur falschen Zeit am falschen Ort erscheinen?
Ihre Meinung zur Nichtachtung der Gefallenen des 2. Weltkrieges (Gedenktafeln z.B.) wird vom Volksbund widerlegt, denn dieser pflegt aus humanistischen Gründen das Andenken dieser Soldaten in der ganzen Welt und wirbt auf diese Weise für Frieden und Verständigung.Themistokles hat schon im 5. Jh. v. Chr. gesagt: Die Kulturhöhe eines Volkes erkennt man daran,wie es mit seinen Soldaten und Gefallenen umgeht! Übrigens kämpfen unsere Bundeswehrsoldaten heute auch nicht für die Regierung Merkel!
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Anmerkung:
Sie beziehen sich offensichtlich auf meinen Kommentar zum Volkstrauertag des Jahres 2016. Das Gedenken an die Gefallenen auch des Zweiten Weltkriegs wird darin nicht infrage gestellt, fragwürdige Ehrungen dagegen schon.
An den Gedenktafeln für die Opfer des Zweiten Weltkriegs habe ich kritisiert, dass sie an den Kriegerdenkmalen des Ersten Weltkriegs angebracht wurden. Beide Kriege haben unterschiedliche Anlässe und unterscheidlichen Charakter. Das zu vermengen ist historisch falsch.
Thomas Beier
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- Quelle: red | Foto: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 05.11.2016 - 09:58Uhr | Zuletzt geändert am 15.11.2020 - 13:14Uhr
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