Pfandgewinn für Einzelhandel
Berlin | Bonn | Wiesbaden. Das Dosenpfand entwickelt sich zum Mehrweg-GAU, die Rücknahmequote für Einweg-Leergut liegt nur bei rund 65 Prozent.
Handel setzt auf Einweggetränke und listet ökologisch vorteilhafte Verpackungen aus
Seit dem 1. Mai 2006 gilt die neue Dosenpfand-Regelung. Die Novelle der Verpackungsverordnung beendete die so genannten Insel-Lösungen bei der Organisation des Dosenpfandes. Das heißt für Handel und Verbraucher: Leere Einwegflaschen und Dosen können überall dort zurück gegeben werden, wo Einweg verkauft wird. Theoretisch.
In der Praxis gibt es zahlreiche Ungereimtheiten: „Vor allen Dingen die großen Discounter haben überhaupt kein Interesse an einem verbraucherfreundlichen Rücknahmesystem. Von den 13 bis 14 Milliarden Einweg-Getränkeverpackungen gehen auch nach dem Wegfall der Insellösungen nur rund 65 Prozent als Leergut in die Läden zurück. Der Lebensmitteleinzelhandel kassiert pro Jahr also einen satten Pfandgewinn von einer Milliarde Euro für die rund fünf Milliarden Einwegverpackungen, bei denen das Pfand von den Verbrauchern nicht eingelöst wird. Hauptprofiteure sind die großen Discounter, die 80 Prozent aller Einweggetränke verkaufen“, so die Analyse eines Insiders der Getränkeindustrie im Gespräch mit dem Magazin NeueNachricht. Selbst wenn die Rückgabequote in den nächsten Jahren um 10 oder 15 Prozentpunkte steigen sollte, werde noch genügend Pfandgewinn in die Kassen der Händler gespült. Mit dem Pfand verdiene der Handel zur Zeit eine höhere Gewinnmarge als mit dem Produkt.
„Die Folgen sind klar: Die Rückgabe wird für die Verbraucher so unbequem wie möglich gestaltet. Es gibt kein dichtes Netz an Rücknahmeautomaten, es gibt keine konsumfreundlichen Kästen wie bei Mehrweg und es gibt keine transparente Information über Rückgabemöglichkeiten. Zur Abdeckung der Rücknahme- und Entsorgungskosten schlägt der Handel pro Verpackung sogar noch fünf bis 10 Cent auf den Produktpreis auf und verdient sich dumm und dämlich auf Kosten der Lieferanten und Verbraucher. Da die Rückgabequote bei Mehrweg traditionell durch komfortable Kästen bei weit über 90 Prozent liegt und wenig Pfandgewinn anfällt, listen die Einzelhändler die ökologisch überlegenen Mehrweggetränke komplett aus. Wenn der Gesetzgeber jetzt eine Novelle der Verpackungsverordnung erarbeitet, sollte er dieser Entwicklung einen Riegel vorschieben, ansonsten werden die ökologisch vorteilhaften Verpackungen vom Markt gefegt“, prognostiziert der Branchenexperte.
Anfang der 90er Jahre lag die Mehrwegquote konstant über 70 Prozent und sank dann bis 2003 auf 63 Prozent. Aktuelle Tendenzen wollte die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) in Wiesbaden, die die Mehrwegquote im Auftrag des Bundesumweltministeriums ermittelt, nicht mitteilen. „Die aktuellen Daten liegen zur Zeit beim Umweltbundesamt und werden dort überprüft. Wir können daher zur neuen Entwicklung nichts sagen“, sagt Ulrich Eisenblätter von der GVM. Vor Oktober rechnet er nicht mit einer Veröffentlichung. In der Getränkeindustrie geht man sogar von einer noch späteren öffentlichen Bekanntgabe aus. Wenn klar werde, dass sich die ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen im freien Fall befinden und das Dosenpfand sich nachteilig für Mehrweg auswirkt, müsse das Bundesumweltministerium wohl einige Prügel einstecken.


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- Quelle: /www.ne-na.de /Gunnar Sohn
- Erstellt am 28.07.2006 - 09:31Uhr | Zuletzt geändert am 25.10.2019 - 14:27Uhr
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