Ohne Berater klappt der Wandel nicht

Ohne Berater klappt der Wandel nichtGörlitz, 5. August 2021. Von Thomas Beier. Alle reden vom Strukturwandel in den Braunkohlerevieren. Wer bislang an einen zweckdienlichen Masterplan glaubte, der in Verbindung mit bestehenden Unternehmen deren Probleme, die mit dem Wegfall der Karbonwirtschaft – sprich von Tagebauen und Kraftwerken sowie deren Zulieferern und Dienstleistern – einhergehen, aufgreift und per wirtschaftlichem Wachstum sowie Neuansiedlungen von Unternehmen für neue Arbeitsplätze sorgt, muss erkennen: Es läuft wohl anders.

Abb.: Geheime Zeichen des Wandels? An der Lina-Koch-Fabrik in Neugersdorf, Sitz des Gründerzeiten e.V., dringt durch die Fensterläden das Licht des Tesla-Logos, das einen stilisierten Gleichstrom-Motor darstellt, in die Nacht. Verbaut in Tesla-Autos werden allerdings Wechselstrom-Motore. Hätte sich Elon Musk da besser beraten lassen sollen?
Foto: © BeierMedia.de
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Betroffene müssen selbst aktiv werden, um unterstützende Kräfte zu finden

Im Wandel sollten sich Betroffene auf eine alte Weisheit besinnen: "Hilf Dir selbst, so hilft Dir Gott!" Die Quelle ist nicht verbürgt, aber der Spruch kursiert in Variationen, etwa bei Benjamin Franklin in "Der arme Richard oder die Kunst, reich zu werden", hier im Scan 16 unten als "Gott hilft denen am liebsten, die sich selber helfen". Das Buch ist auf Deutsch erschienen in der Palm’schen Verlagsbuchhandlung, Erlangen, 1852. Wer sich in Entwicklungsprozessen ein wenig auskennt, der weiß um die selbstverstärkenden Prozesse. Die gehören zum Instrumentarium kluger Unternehmensberater, mit dessen Hilfe sie mit eher geringem Aufwand große Veränderungen in Gang setzen.

Um einen sehr einfachen Aspekt herauszugreifen: Wer sich von Veränderungen bedroht fühlt, muss die Veränderung für sich selbst in Gang setzen, um Unterstützung zu erhalten. Das bedeutet oft genug, Altes loszulassen noch bevor das Neue sicher ist. Das ist doch logisch: Hilfe bekommt nur, dessen Streben anderen – ob nun Menschen oder wie beim armen Richard Gott – als unterstützenswert erscheint. Wer aber vor der Veränderung wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrt, dem kann keiner helfen, weil nicht sichtbar ist, wobei ihm geholfen werden könnte.

Sich auf die Veränderung einlassen

Beratungsresisitente Unternehmer hingegen meinen meist, alles was sie benötigen, koste Geld. Das stimmt auch, wenn man Aufträge erteilt. Folge: Die erheischte Leistung kann sich als so teuer erweisen, dass man es dann doch lieber seinlässt. Der Trost "Wer nichts tut, macht auch nichts falsch!" stimmt nicht, denn oftmals ist es besser, Fehler zu machen und daraus zu lernen, als gar nichts zu tun. Ganz anders aber laufen Projekte, die von anderen unterstützt werden, weil sie diese als sinngebend empfinden oder weil sie zu einem erstrebenswerten Zustand führen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Sanierung der Neuen Synagoge zu Görlitz zu einem Kulturforum und Ort des Gebets, zu der neben Fördermitteln viele uneigennützige Unterstützer beigetragen haben.

Wer als Unternehmer die ständigen, mal langsamer und mal ziemlich schnell ablaufenden Wandelprozesse mit dieser Denkhaltung angeht, muss sich auf einen ergebnisoffenen Prozess einlassen. Es ist wie bei einer Reise übers Meer: Man weiß einfach nicht, was unterwegs geschehen wird, doch ganz ohne Stürme, Strömungen, Piraten und vielleicht sogar Seeungeheuer wird es wohl nicht abgehen. Einzig wichtig ist, nicht unterzugehen und am Ziel – oder woanders – anzukommen. Die Denke: "Ich will von A nach B, Abfahrt dort und dann, Ankunft dann und dort!" ist damit nicht kompatibel. Man wird ja auch nicht zu einer Zeit an einem Ort geboren mit dem einzigen Ziel, zu einer anderen Zeit an irgendeinem Ort zu sterben.

Beratung vs. Management

Überhaupt: Im ständigen Wandel ist das Ankommen im Sinne von Anhalten ein höchst flüchtiger Moment, wenn er denn überhaupt existiert. Die eine Herausforderung ist noch nicht ganz gemeistert, da drängt schon die nächste unaufschiebbare. Aufgabe von Unternehmensberatern ist es dabei, mit ihrer Methodenkompetenz Wandelprozesse zu managen. Im Internet kann man nachlesen, was zu solch einer Change Management Beratung gehört.

Allerdings liegt die Betonung weniger auf Beratung, weil das gern so gesehen wird: Jemand ist in einer Situation, die er aus eigener Kraft nicht meistern kann und sucht nun Rat. Mit etwas Glück findet er jemanden, der ihm guten Rat gibt. Anschließend wägt der Ratsuchende ab und sucht sich aus den Ratschlägen aus, ob er sie ganz oder teils annimmt oder insgesamt verwirft. So wird das aber nichts.

Deshalb muss in der Change Management Beratung das Managen im Fokus stehen. Managen bedeutet, Prozesse zu organisieren und Menschen so zu führen, dass die Prozesse möglichst reibungslos laufen. Praktisch kann das bedeuten, dass ein Geschäftsführer eine einschneidende Veränderung in seinem Unternehmen nicht durchführen kann, weil sich die Mitarbeiter mental sperren oder das Verhältnis zu ihnen leiden könnte. Managt aber ein externer Berater den Veränderungsprozess, ist der Geschäftsführer aus dem Minenfeld der Veränderung herausgenommen.

Kluge Unternehmensberater werden zudem darauf achten, die Veränderungs- und Anpassungsfähigkeit einer Organisation, die das zielgerichtete und arbeitsteilige Zusammenwirken von Menschen ermöglicht, zu verbessern. Dazu gehört auch, sich auf gemeinsame Werte zu verständigen und eine Führungskultur zu entwickeln, die jeden Mitarbeiter an die Stelle seiner höchsten Wirkung im Einklang von Anforderung und Leistung bringt.

Hintertür zur Lebensweisheit

In den Führungswissenschaften und in der Organisationsentwicklung wurden seit den 1970er Jahren bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen, die teils erst Jahre und Jahrzehnte später über Unternehmensberater im nennenswerten Umfang in die Unternehmenspraxis vordrangen. Wer sich die umfangreiche und nicht zuletzt kostspielige Aneignung dieses Wissens, auf das vor allem Unternehmensberater angewiesen sind, als Privatperson ersparen möchte, für den gibt es eine Hintertür.

Die öffnet der US-amerikanische, auch als Metaphysiker charakterisierte Philosoph und Schriftsteller Prentice Mulford (1834-1891) mit drei Büchern, die von Sir Galahad – unter diesem Pseudonym veröffentlichte die österreichische Reisejournalistin und Schriftstellerin Bertha Eckstein-Diener (1874-1948) – ins Deutsche übersetzt wurden und 1913, 1919 und 1925 erschienen. Die Titel lauten "Der Unfug des Lebens", "Der Unfug des Sterbens" und "Das Ende des Unfugs". Alle drei Bände sind in späteren Ausgaben antiquarisch gut verfügbar, der erst- und der letztgenannte Band können außerdem auf projekt-gutenberg.org kostenfrei gelesen werden – aber offen gesagt: Schmökern in einem richtigen Buch macht mehr Spaß!

Tipp:
Die drei Bücher sind eine erstklassige Lektüre auch für jüngere Leute, die noch in der Ausbildung, im Studium oder am Beginn ihres Berufslebens stehen und danach suchen, wie sie ihr Leben gestalten wollen.

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  • Quelle: Thomas Beier | Foto: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 05.08.2021 - 07:27Uhr | Zuletzt geändert am 06.08.2021 - 02:20Uhr
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