Mitmach-Fonds für die sächsische Lausitz
Hoyerswerda / Wojerecy | Landkreis Görlitz, 8. März 2019. Der nötige Strukturwandel in der Lausitz, der unter dem Vorzeichen den Braunkohleausstiegs endlich die längst nötige Priorität erhalten hat, erzeugt eine enorme Nachfrage nach erfolgversprechenden Ideen und deren Umsetzung. Da zu soll ein "Mitmach-Fonds" beitragen, für den von Mitte März bis Mitte April 2019 von Bürgern, Vereinen, Verbänden, Kammern, Stiftungen, soziale Trägern, Schulen sowie kommunalen und wissenschaftlichen Einrichtungen Ideen eingereicht werden können.
Abbildung oben: Der 1996 eröffnete Technologiepark Lauta / Łuty befindet sich in einem der wenigen Überbleibsel des abgerissenen Aluminiumwerkes (Lautawerk, 1917-1990) und ist mit seinem modernisierten Gebäude und den eingemieteten Unternehmen ein Zeugnis des Strukturwandels.
Strukturwandel braucht Ideen
Der Ideenwettbewerb zum "Mitmach-Fonds" soll Initiativen im Strukturwandel der Lausitz vor Ort stärken. In den Jahren 2019 und 2020 werden dafür jeweils 1,5 Millionen Euro an Akteure in den sächsischen Lausitz-Landkreisen Görlitz und Bautzen vergeben.
In Sachsen teilt sich der "Mitmach-Fonds" in einen "Mitmach-Fonds Lausitzer Revier" und in einen "Mitmach-Fonds Mitteldeutsches Revier", wobei der "Mitmach-Fonds Lausitzer Revier" ergänzt wird um 200.000 Euro jeweils für die Jahre 2019 und 2020 für Initiativen der Sorben.
Der Ideenwettbewerb richtet sich an alle, die an der Zukunft der Lausitz mitarbeiten wollen. Das Bewerbungsverfahren soll unkompliziert erfolgen, auch die Nachweispflichten seien auf ein Minimum reduziert, wie einer Meldung des Landratsamtes Görlitz zu entnehmen ist. "Es ist der Wille aller Beteiligten, die Akteure in der Region bürgernah und zielgerichtet im Prozess des Wandels zu unterstützen", unterstreicht der Geschäftsführer der in Cottbus / Chóśebuz ansässigen Wirtschaftsregion Lausitz GmbH Torsten Bork. Die Firma, an der neben der Stadt Cottbus auch vier südbrandenburgische und die beiden ostsächsischen Landkreise beteiligt sind, unterhält auch Projektbüros auch in Hoyerswerda und Bad Muskau / Mužakow.
Die drei Kategorien des Ideenwettbewerbs:
- ReWIR-Preis
Dieser Preis soll in den Regionen das Engagement der Bürger und zivilgesellschaftlicher Akteure unterstützen. - Zukunft MINT-Preis
Gefördert werden sollen Initiativen, die das Interesse für die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik erhöhen, den Gedanken der "Energieregion" unterstützen sowie auch musische und soziale Fähigkeiten fördern. - Mobilitätspreis
Hier geht es um die Förderung innovativer Ansätze und die Erprobung von zukunftsweisenden Mobilitätskonzepten, die künftige Herausforderungen für die Erreichbarkeit der Region und die Attraktivität als Ort zum Leben und Arbeiten aufgreifen.
Zudem werden ein Publikumspreis und einen Preis für die sorbische Volksgruppe vergeben:
- Łužica/Lausitz – žiwa dwurěčnosć/ lebendige Zweisprachigkeit
Prämiert werden sollen Ansätze, mit denen die Anwendung der sorbischen Sprache und sorbische Identität gefördert bzw. gestärkt werden, ebenso die sorbischsprachige Gemeinschaft insgesamt. Die Jury für diesen Preis setzt sich aus vier Vertretern der Sorben, die von der Domowina – Bund Lausitzer Sorben benannt werden, einem Vertreter des Rates für sorbische Angelegenheiten, einem Vertreter des Stiftungsrates der Stiftung für das sorbische Volk und einem Vertreter der Staatsregierung zusammen.
Mitmachen!
Projektideen können in der Zeit vom 15. März bis zum 15. April 2019 eingereicht werden, anschließend entscheidet eine Jury über die Preisträger, die eine Förderung erhalten. Das Geld für die Realisierung der Projektideen soll im Juni 2019 fließen.
Kontakt:
Projektbüro "Mitmach-Fonds"
Haus der Wirtschaft
Liselotte-Herrmann-Straße 92
02977 Hoyerswerda
Tel.: 03571 - 45 77 77
Tipp:
Noch bis zum 18. März 2019 läuft der 2. Ideen- und Projektaufruf im Förderprogramm "Unternehmen Revier" des BMWi für die Wirtschaftsregion Lausitz. Themen sind "Produktentwicklung/Geschäftsfelderweiterung", "Mobilität und Verkehr", "Bioenergie/Algenbiomasse und Seethermie" sowie "Berufsfrühorientierung". Gefragt sind Innovationsprojekte, die möglichst mit der Geschäftsfelderweiterung oder der Neugründung von Unternehmen in der Wirtschaftsregion Lausitz einhergehen. Projektträger können bis zu 200.000 Euro für modellhafte Ansätze erhalten.
Kommentar:
Noch bis zum 15. März kann man sich für den Posten als "Projektmanager (m/w/d) Sächsischer Mitmach-Fonds für die Lausitz" bewerben, einem Posten mehr in der Liste der Ansprechpartner des Unternehmens, das mit seinen öffentlichen Gesellschaftern im privatwirtschaftlichen Sinne wohl eher Geld verbrennt als Gewinn am Markt zu erwirtschaften.
Liest man die Selbstdarstellung der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH, gelangt man zum Eindruck, das Wirtschaftsparadies auf Erden sei in der Ober- und in der Niederlausitz längst Realität. "Wissenschafts- und Technologieregion" und "Vielfalt an Klein-, Mittelständischen- sowie Großunternehmen" (gemeint sind statt mittelständisch wohl mittlere oder hier Mittel-Unternehmen) – ist das nun Wirklichkeit oder Anspruch? Das mulmige Gefühl wird noch stärker, wenn man sich anschaut, was als "Strategischer Rahmen der Kompetenzfeldanalyse Energieregion Lausitz" veröffentlicht ist: Dort sind – Stand 2013 – die "Innovative und effiziente Braunkohlenutzung" ebenso zu finden wie "CO2 als Wertstoff", womit sicherlich Bezug auf die Kohlendioxid-Abscheidung aus Kraftwerks-Abgasen genommen wird – ist der Kohleausstieg noch nicht angekommen?
Diese Gesellschaft soll den Strukturwandel bis zum Braunkohleausstieg im Jahr 2038 – das sind keine zwei Jahrzehnte mehr – deichseln? Soll sie wohl gar nicht, denn in der Selbstdarstellung ist zu erfahren: "Aufgabe ist es, Projekte gemeinsam zu entwickeln und so die regionalwirtschaftliche Wertschöpfung zu stärken. Diese Aktivitäten dienen dem übergeordneten Ziel, die Wahrnehmbarkeit der Wirtschaftsregion Lausitz als Investitionsstandort zu erhöhen, das Image als Wirtschafts-, Wissenschafts- und Bildungsregion auszubauen und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes zu verbessern." Da kann man es etwas ruhiger angehen, so etwa im GRW-Projekt (GRW steht für Fördergelder aus dem Investitionszuschuss - Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur") "Zukunftswerkstatt Lausitz", mit dem die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH bis Ende 2021(!) "ein gemeinsames Leitbild" und "eine klare Entwicklungsstrategie" erarbeiten will. Dazu gehört die Potenzialanalyse in den Feldern "Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen", "Energieeffizienz", "Mobilität und digitaler Zugang", "Natur, Umwelt und Tourismus" sowie "Perspektiven der Regionalentwicklung". Und was soll das Ergebnis nach den kommenden 33 Monaten sein? "Im Ergebnis werden innovative Ideen und nachhaltige Projekte als Empfehlungen für den Bund und die EU zur zukünftigen Ausrichtung der regionalen Strukturpolitik vorliegen", ist zum Leitbildprozess "Zukunft Lausitz" zu lesen. Da sind wir aber gespannt!
Freilich ist der wirtschaftliche Turnaround der Lausitz weder als Maßnahme noch als Maßnahmenbündel zu stemmen, sondern ein Prozess, für den 2038 nur ein Meilenstein unter vielen davor und danach sein kann. Doch die vorhandenen Mittel zu konzentrieren und am wirkungsvollsten Punkt anzusetzen, die Minimumfaktoren zu analysieren, das sieht anders aus. Ein langatmiger Leitbildprozess ist sicher nicht zielführend, gefragt für den den Braunkohleausstieg begleitenden Strukturwandel ist hingegen klassisches Projektmanagement, das auch psychologische Momente einbezieht. Deshalb braucht es Projekte, die den Lausitzern klare Zeichen geben, wohin die Reise ihrer Region geht und solche, die den Boden für Prosperität bereiten. Warum liegt keine Analyse auf dem Tisch, die bestehende und daran andockbare wirtschaftliche Verflechtungen in den Wirtschaftsregionen der Nieder- und der Oberlausitz offenlegt? Das würde Klarheit bringen über Branchen und konkrete Unternehmen, für die eine Ansiedlung sinnvoll ist und über solche, für die in der bestehenden Wirtschaftsstruktur keine Existenz möglich ist.
Wirtschaftsförderung kann nicht darin bestehen, auf Ideensuche zu gehen oder noch ein paar Zahnräder mehr oder gar Bremselemente ins Wirtschaftsgetriebe einzufügen. Vor fast genau 13 Jahren hat der Görlitzer Anzeiger über den IHK-Stammtisch mit dem schon legendär zu nennenden Zittauer Wirtschaftsförderer Dr. Holger Knüpfer berichtet. Der erfolgreiche Mann meinte, er brauche keinen Schreibtisch, sein Platz sei draußen bei den Unternehmen und potenziellen Investoren. Das ist vorbildlich,
meint Ihr Thomas Beier
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- Quelle: red | Kommentar: Thomas Beier | Fotos:
- Erstellt am 08.03.2019 - 08:20Uhr | Zuletzt geändert am 10.03.2019 - 19:59Uhr
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