Wirtschaftsförderung made in Zittau

Wirtschaftsförderung made in ZittauZittau, 24. März 2006. Die IHK-Geschäftsstelle Zittau hatte am Mittwoch zum monatlichen Unternehmerstammtisch in die Drausendorfer Krone eingeladen. Gast war der Zittauer Wirtschaftsförderer Dr. Holger Knüpfer. Er zog eine – besonders in Anbetracht der Rahmenbedingungen – beeindruckende Erfolgsbilanz.

Abbildung: Dr. Holger Knüpfer
Foto: © Görlitzer Anzeiger
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IHK-Unternehmerstammtisch mit Dr. Knüpfer

Die Augen von Thomas Tamme, als IHK-Mitarbeiter für die Außenwirtschaft zuständig, blitzten noch mehr als sonst: Die Plätze reichten nicht ganz, es mussten noch Stühle herangerückt werden - also hatten seine Chefin Gudrun Laufer und er mit Dr. Knüpfer, Wirtschaftsförderer der Stadt Zittau, auf das richtige Pferd gesetzt.

Mit einer durchdachten Akquisitionsstrategie ist es der Stadt Zittau gelungen, die Gewerbegebiete an der Weinau mit Betrieben des Be- und Verarbeitenden Gewerbes zu füllen. Maßgeblichen Anteil daran hat der Wirtschaftsförderer, der im besten Sinne des Wortes als umtriebig bezeichnet werden darf. "Fakt ist", so Dr. Knüpfer, "jeder Arbeitsplatz im Be- und Verarbeitenden Gewerbe zieht zwei weitere Arbeitsplätze am Standort nach sich. Deshalb haben wir uns von Beginn an auf diesen Bereich konzentriert."

Das Ergebnis ist verblüffend: Wer weiß schon, dass Zittau heute die viertstärkste sächsische Zulieferregion für die Automobilindustrie ist? Die wichtigsten produzierenden Betriebe sind zweischichtig ausgelastet, nicht nur die im Gewerbegebiet, sondern auch die in der Stadt gelegenen.

Für dieses Jahr sind enorme Investitionen und Neubauten angekündigt. So wird die ZiK (Zittauer Kunststoff) Ihre Produktionsfläche mit einem Neubau verdoppeln, auch accuma (Akkumulatoren) und digades (drahtlose Übertragungstechnik) werden sich deutlich erweitern.

Der Textilhersteller Plocquet gar hat kurzerhand seinen Sitz nach Zittau verlagert. Für besonders bemerkenswert hält es Dr. Knüpfer, dass seit dem Wegfall der Handelsbeschränkungen mit China in der wiedererstarkten und hi-tech-orientierten Zittauer Textilindustrie keine Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Zudem hat sich der Zittauer Raum zu einem Zentrum für Beschichtungstechnologien entwickelt. „Wir haben geschaut, welche Technologien wir haben, welche noch fehlen. Dadurch konnten wir Unternehmen direkt ansprechen und zu Investitionen oder sogar zum Umzug nach Zittau bewegen“, erklärt der Wirtschaftsförderer die Vorgehensweise.

Investitionen und Ansiedlungen in weiteren Technologiefeldern sind "im Busch" - auf direkte Fragen nach möglichen Investoren reagiert Dr. Knüpfer allerdings mit einem wissenden Lächeln. Selbstverständlich wird er die sensiblen Investorenkontakte für sich behalten, bis wieder mal „Nägel mit Köpfen“ gemacht sind. Mit Blick auf die potenziellen Investoren wies Dr. Knüpfer darauf hin, dass fachlich erstklassige und leistungsorientierte Arbeitskräfte noch zur Verfügung stehen. Hier spielt sicher die Industrietradition des Standortes Zittau eine große Rolle. Gelegentlich gelänge es auch, weggezogene Fachleute zur Rückkehr in die Region zu bewegen.

Die anschließende Diskussion rankte sich vor allem darum, wie die örtlichen kleineren Unternehmen am "Investitionskuchen" teilhaben könnten. Die Erwartung, dass die neu angesiedelten Unternehmen automatisch alteingesessene Lieferanten und Dienstleister heranziehen, erfüllt sich oftmals nicht. Der Wirtschaftsförderer kann dabei nur sehr beschränkt als Türöffner wirken - wer beauftragt werde, dass entscheide der Investor schon selbst.

Der IHK-Unternehmerstammtisch Zittau:

Der IHK-Unternehmerstammtisch Zittau begeht in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. Er hat sich von einer kleinen Stammtischrunde zu einem Kreis von etwa 80 Personen entwickelt, von denen - je nach Thema - regelmäßig 20 bis 30 anwesend sind. Die Unternehmerrunde ist eine Plattform für die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmern und Ihrer Kammer, zugleich erlaubt er auch das gegenseitige Kennenlernen und den Gedankenaustausch unter den Unternehmern selbst.

Mehr:
www.dresden.ihk.de | www.tschechien-kontakt.info

Die Drausendorfer Krone:

Zu Beginn der Abends schilderte Herr Blumrich, seit fast zwanzig Jahren Inhaber der Drausendorfer Krone, die Entwicklung seines Hauses vor und nach 1989 - eigentlich eine Folge von Baumaßnahmen, stammt er doch aus der Baubranche.
Moderne Zimmer, Wintergarten, Biergarten, Kaminzimmer - wer von den vielen, die täglich an seinem Hotel vorbeifahren, kennt das schon? Der Mann hat, so scheint´s, das Herz auf dem rechten Fleck. Auch wenn er öffentlich allen weiteren Baumaßnahmen abschwört so spürt man doch, dass das Eine oder das Andere noch werden könnte.

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Produktivität steigern



Kommentar:

Wer von Görlitz kommend in Zittau von den Gewerbegebieten in der Weinau begrüßt wird, braucht keine großen Erklärungen: Hier prosperiert´s! Dass zu den Hauptaktionären dieser Entwicklung Dr. Knüpfer gehört, pfeifen in Zittau die Spatzen von den Dächern.

Hinzu kommt: In Zittau besteht ein enger Kontakt zwischen den Akteuren - seien es die Unternehmer am Stammtisch oder im Unternehmerverband, die Vertreter der örtlichen Vereine, die Industrie- und Handelskammer, die Arbeitsagentur, der Oberbürgermeister oder der Landrat, stets sind es Menschen „zum anfassen“. Bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen kreuzen sich die Wege geradezu zwangsläufig, und ein offenes Ohr ist immer zu finden.

Das Interesse der örtlichen Unternehmerschaft, die Investoren als Kunden zu gewinnen, ist verständlicherweise groß. Ein zentrales Aufgabengebiet der Wirtschaftsförderung ist es indes nicht. Zwar mag es manchmal bequem sein, seinen Lieferanten „um die Ecke“ zu haben, ein Regional-Bonus sollte aber nicht erwartet werden.

Nähe und Preise sind eben nur zwei der vielen Faktoren, die eine Geschäftsbeziehung beeinflussen. Gemachte Erfahrungen, persönliche Sympathie, die Interessen Dritter oder gelebte ethische Werte sind - neben weiteren Überlegungen - durchaus ausschlaggebend. Und die allseits gewünschten stabilen Kundenbeziehungen gäbe es für niemanden, wenn immer gleich der nächstgelegene oder billigste Anbieter zum Zuge käme.

Den mühsamen Weg des Akquirierens und sich in den Markt hineinbohrens muss jeder selbst gehen. Wohl beraten ist, wer seinen Blickwinkel über die heimatliche Region hinaus erweitert.

Thomas Beier

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  • Quelle: /tb
  • Erstellt am 24.03.2006 - 23:08Uhr | Zuletzt geändert am 17.01.2023 - 14:34Uhr
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