Wenn das System ins Wanken gerät: Wie widerstandsfähig sind unsere Lieferketten wirklich?
Görlitz, 26. Mai 2025. Globale Lieferketten waren lange das Sinnbild für Effizienz. Just-in-time-Produktion, schlanke Lagerhaltung und verlässliche Transportrouten galten als unantastbare Standards. Doch in den letzten Jahren zeigte sich, wie fragil diese Systeme tatsächlich sind. Ob Pandemie, geopolitische Spannungen oder Naturkatastrophen – jede Krise enthüllt neue Schwachstellen. Plötzlich fehlten nicht nur Mikrochips und Medikamente, sondern auch alltägliche Produkte wie Fahrräder, Baustoffe oder elektronische Bauteile. Die Auswirkungen waren nicht nur wirtschaftlich spürbar, sondern reichten tief in gesellschaftliche Strukturen hinein. Mit jeder neuen Störung wurde deutlicher, dass es nicht ausreicht, nur auf Effizienz zu setzen. Vielmehr braucht es ein strategisches Umdenken hin zu Resilienz – also der Fähigkeit, auf unvorhergesehene Ereignisse vorbereitet zu sein und sich schnell davon zu erholen. Die Logistik spielt dabei eine Schlüsselrolle. Ohne sie bricht die gesamte Kette – vom Rohstoff bis zum Endprodukt – in sich zusammen.
Bild von Markus Kammermann auf Pixabay
Lokale Knoten statt globaler Abhängigkeit
Ein zentrales Problem vieler Lieferketten liegt in ihrer geografischen Ausdehnung. Produktionsstätten in Fernost, Zulieferer auf mehreren Kontinenten, Zwischenlager in verschiedenen Zeitzonen – all das sorgt für enorme Komplexität. Sobald an einem Punkt der Kette ein Ausfall droht, gerät das gesamte System ins Stocken. Das zeigte sich besonders deutlich während der COVID-19-Pandemie. Plötzlich saßen Container in Häfen fest, fehlten Lkw-Fahrer oder konnten Schiffe wegen Lockdowns nicht anlegen. Hier wurde auch deutlich, wie wichtig der Containerdienst für den gesamten Materialfluss ist. Wenn Container nicht rechtzeitig zurückgeführt oder neu beladen werden können, entsteht ein Dominoeffekt. Eine resiliente Logistik kann hier auf regionale Alternativen setzen, lokale Knotenpunkte ausbauen und auf redundante Transportwege zurückgreifen. Die Fähigkeit, Engpässe frühzeitig zu erkennen und flexibel gegenzusteuern, entscheidet darüber, wie stark eine Kette unter Druck gerät – oder ob sie standhält.
Technologie als Frühwarnsystem
Digitalisierung kann zum Gamechanger werden, wenn es um Resilienz geht. Moderne Track-and-Trace-Systeme, automatisierte Lagerprozesse und KI-gestützte Prognosemodelle ermöglichen eine neue Form der Kontrolle über Warenströme. Besonders in Krisenzeiten zeigt sich der Wert transparenter Daten. Nur wer genau weiß, wo sich welche Ware befindet, wie lange Transportzeiten dauern und welche Risiken in Echtzeit bestehen, kann fundierte Entscheidungen treffen. Hier liegt ein enormer Hebel, um auf Störungen nicht nur zu reagieren, sondern sie proaktiv zu vermeiden. Die Integration von Risikodaten in Supply-Chain-Management-Systeme ermöglicht es, Alternativrouten zu berechnen, Lieferanten neu zu priorisieren oder Kunden frühzeitig zu informieren. Auch Technologien wie Blockchain bieten Potenziale, um Lieferketten nicht nur nachvollziehbarer, sondern auch fälschungssicherer zu gestalten. Damit wird Resilienz nicht nur zur Frage der Organisation, sondern zunehmend auch zur Frage technologischer Reife und Innovationsbereitschaft.
Menschliche Faktoren im Systemstress
Technik allein reicht jedoch nicht aus, wenn es darum geht, Krisen zu bewältigen. Die Resilienz von Lieferketten hängt auch entscheidend von den Menschen ab, die sie steuern. In der Pandemie wurde deutlich, wie abhängig Logistikprozesse von Personal in Lagern, auf der Straße und an den Schaltstellen von der Planung sind. Fehlende Fahrer, überlastete Disponenten und kurzfristige Personalengpässe legten ganze Ketten lahm. Gleichzeitig zeigten viele Beschäftigte enorme Flexibilität und Engagement – auch unter schwierigsten Bedingungen. Dies offenbart eine oft unterschätzte Dimension der Resilienz: die soziale. Unternehmen, die in Ausbildung, faire Arbeitsbedingungen und stabile Netzwerke investieren, schaffen ein belastbares Fundament. Motivation, Teamstärke und lokale Expertise sind in Krisenzeiten oft entscheidender als jeder technische Vorsprung. Die Zukunft der Logistik wird nicht nur digital, sondern auch menschlich resilient gestaltet sein müssen, um den immer neuen Herausforderungen standzuhalten.



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- Erstellt am 26.05.2025 - 15:06Uhr | Zuletzt geändert am 26.05.2025 - 15:09Uhr
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