Görlitz kommt auf den Hund

Görlitz kommt auf den HundGörlitz, 28. Mai 2015. Von Fritz R. Stänker. Ist es der dumpfe Ordnungsdrang, ist es die schiere Geldnot? Weder noch, allein die Steuergerechtigkeit veranlasst Görlitz zu Anstrengungen, um bislang steuerlich nicht registrierte Hunde zu erfassen. Vorbilder für Volkszählungen aus fiskalischen Erwägungen finden sich schon in der Bibel.

"Hinters Bäumchen!" lautet das neue Hundekommando, wenn sich der oder die Stadtbedienstete nähert. Erleben Hundeschulen jetzt einen Boom?
Foto: © Görlitzer Anzeiger
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Zuckerbrot: Straffreiheit, Peitsche: Bußgeld

Die Bestandsaufnahme der vierpfotigen bellenden Mitbürger und Mitbürgerinnen (in Görlitz ist allerdings auch der dreibeinige Hund von Bedeutung) wird generalstabsmäßig durchgeführt: In der Woche ab dem 25. Juni 2015 erhalten alle Haushalte im Görlitzer Stadtgebiet einen Informationsbrief von der Stadtverwaltung. Darin soll über die Pflicht informiert werden, alle im Haushalt gehaltenen Hunde steuerlich anzumelden.

Als Hintergrund der Aktion wird seitens der Stadtverwaltung angeführt, dass Vollzugsbedienstete der Stadt Görlitz bei verstärkten Kontrollen häufig Hundehalter angetroffen hätten, deren Tier steuerlich nicht registriert war. Zudem seien verstärkt "Hinweise aus der Bevölkerung" (die Geschichte dieser Redewendung wäre einen eigenen Beitrag wert) zu nicht angemeldeten Hunden eingegangen.

Mit dem Schreiben wird den Hundesteuerhinterziehern nun eingeräumt, ihrer Hunde bis zum 30. Juni 2015 nachzumelden. Damit die das tun, werden Zuckerbrot und Peitsche eingesetzt: Die Stadt verspricht, dass das Sachgebiet Steuer- und Kassenverwaltung die bisherige Nichtanmeldung von Hunden grundsätzlich nicht anzeigen wird, wenn Hundebesitzer ihre vierbeinen Freunde unverzüglich per Anmeldung ans Messer resp. den bedürftigen Beutel der Stadtkasse liefern. Wer das unterlässt, wird mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro bedroht.

Noch stärkere Kontrollen

Ist der städtische Hundehalterwarnbrief per Postwurfsendung erst einmal verteilt, sollen städtische Bedienstete die Hundehalter in Görlitz im gesamten Stadtgebiet wiederum verstärkt auf Hundeschmuck in Form der Steuermarke kontrollieren. Dies diene vor allem der Steuergerechtigkeit gegenüber anderen Steuerzahlern, die sich ordnungsgemäß verhalten, rechtfertigt die Stadtverwaltung den Aufwand.

Hundesteuer als allgemein nutzbare Geldquelle für die Stadt

Als jährliche Hundesteuer für den ersten Hund müssen Herrchen oder Frauchen aktuell 72 Euro hinblättern. Auch jeder weitere Hund ist anzumelden - und damit wird es richtig teuer für die Halter und lukrativ für die Stadt: Der zweite Hund kostet 108 Euro Jahressteuer, ab dem dritten müssen pro Tier und Jahr 144 Euro hingeblättert werden. Für als gefährlich eingestufte Hunde – nach Rasse oder Auffälligkeit – kommen noch einmal 540 Euro jährlich hinzu.

Die Hunderegistrierung ist bei der Stadt Görlitz, Sachgebiet Steuer- und Kassenverwaltung, Untermarkt 17/18, 02826 Görlitz zu den Sprechzeiten der Stadtverwaltung möglich. Interessanterweise sind hier die Hunde- und die Spielapparatesteuer bei einer Bearbeiterin zusammengefasst - ein Schelm, wer Arges dabei denkt.

Befreiung von der Hundesteuer

Unter bestimmten Bedingungen kann man sich hier von der Hundesteuer befreien lassen. Schwerbehinderte gehören zu den Antragsberechtigten, wobei es sich bei ihrem Tier nicht unbedingt nur um den klassischen Blindenführhund handeln muss. Auch für Dienst- und Rettungshunde, wenn sie überwiegend aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden, kann die Hundesteuer entfallen. Ein Befreiungsantrag ist ebenso für Herdengebrauchshunde und Hütehunde – allerdings nur in der "erforderlichen Anzahl" – möglich.

Wer Artist oder Schausteller ist, kann zur Arbeit nötige abgerichtete Hunde ebenfalls von der Steuer befreien lassen. Eine extra Gewerbeanmeldung zwecks Steurersparnis dürfte sich aber nicht rechnen, es sei denn, Schnuffi kann tatsächlich den einen oder anderen Euro erwirtschaften.

Immer steuerfrei sind Tierschutzvereine, die "in den dazu unterhaltenen Tierheimen ausschließlich Hunde aus dem Stadtgebiet aufnehmen bzw. vermitteln". Wer einen solchen Hund aus einem Tierheim übernimmt, ist im ersten Jahr ebenfalls von der Hundesteuer befreit.

Keine Chance auf Hundesteuerbefreiung gibt es allerdings, "wenn der Hund nach Art und Größe für den angegebenen Verwendungszweck nicht geeignet ist oder es sich um Hunde nach § 5 Abs. 1 d Hundesteuersatzung der Stadt Görlitz (gefährlicher Hund) handelt."

Die detaillierten Regelungen kann man der Hundesteuersatzung der Stadt Görlitz entnehmen.

Den inneren Schweinehund überwinden und den Hund anmelden!

Die Anmeldefrist beträgt zwei Wochen nach Aufnahme des Hundes und gilt für über drei Monate alte Tiere. Einfach geht die Anmeldung per im Internet verfügbarem Formular zur Hundesteueranmeldung.

Interessante Informationen zur Hundesteuer und Hundehaltung in der Stadt Görlitz vermittelt das Merkblatt zur Hundehaltung in der Großen Kreisstadt Görlitz, das man seinem Hund durchaus einmal vorlesen sollte, damit dieser beispielsweise weiß: "Als äußeres Zeichen der steuerlichen Anmeldung erhält jeder Hund eine Hundesteuermarke. Daher dürfen sich Hunde außerhalb der Wohnung oder eines umfriedeten Grundstücks nur mit gültiger und sichtbar am Tier befestigter Steuermarke bewegen. Bei Aufforderung ist die Steuermarke städtischen Bediensteten oder Polizeibeamten vorzuzeigen."

Insgesamt bekundet das Merkblatt viel Verständnis für die animalischen Triebe, wenn es feststellt, "dass die Grenze zwischen normalen tierischen Geräuschen und Lärmbelästigung nicht klar zu ziehen ist". Warum muss ich gerade jetzt an die nächtlichen Geräusche des Ehepaars in der Wohnung über mir denken, die haben doch gar keinen Hund? Verwiesen wird zudem eine handfeste Bedrohung für die Stadt: 400 bis 500kg Hundekot – bei den aktuellen Hundezahlen eher mehr – fallen täglich an, die davon ausgehenden Gefahren ("unbemerkt an Sohlen") werden detailreich und eindringlich geschildert.

In Görlitz sind aktuell 1.665 Hunde registriert. Die spülten im Jahr 2014 126.000 Euro an Hundesteuer ins Stadtsäckel (2013: 113.000 Euro). Wie das bei Steuern so ist: Die Penunze fließt "nicht zweckgebunden" in den Haushalt der Stadt ein.

Ein erfreulicheres Thema für Hundehalter:
Den richtigen Hundenapf finden

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  • Quelle: red | Foto: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 28.05.2015 - 10:34Uhr | Zuletzt geändert am 23.12.2020 - 10:57Uhr
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