Baumaßnahmen der Stadt Görlitz in Umsetzungsphase

Görlitz-Zgorzelec. Der Kaisertrutz ist eines der wichtigsten Kulturdenkmale der Stadt Görlitz. Er ist zudem in seiner Einzigartigkeit ein überregional bedeutendes Denkmal der Befestigungsbaukunst von europäischer Dimension. Der Kaisertrutz wurde ab 1490 als vorgelagerte Kanonenbastion (Barbakane) vor der Stadtmauer zum Schutz des wichtigsten Stadttores errichtet und ist eine der wenigen erhaltenen Barbakanen Mitteleuropas. Seinen heutigen Namen trägt er seit der Belagerung von 1641. Das Gebäude liegt seit dem Abbruch der Stadtmauern 1848/50 dominant in verschiedenen städtebaulichen Hauptsichtachsen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte auch der grundlegende Umbau als Hauptwache der preußischen Garnison. Ab 1932 wurde das Gebäude als Museum der Städtischen Kunstsammlungen ausgebaut. Die museale Nutzung wurde seitdem kontinuierlich fortgeführt.

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Die Verjüngung des Kaisertrutz

Bisher war eine Nutzung nur außerhalb der Heizperiode möglich. Die Tragfähigkeit der Decken über dem Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss war für eine Museumsnutzung nicht mehr gegeben; Dach und Fenster entsprachen aus energetischer Sicht nicht mehr den Anforderungen. Die technischen Anlagen sind verschlissen, der Einbruchschutz ist mangelhaft, die erforderlichen Rettungswege fehlen.

Perspektive für den Kaisertrutz

Der Kaisertrutz soll zu einem zeitgemäßen, ganzjährig nutzbaren Museumsgebäude zunächst für die 3. Sächsische Landesausstellung und später für das Kulturhistorische Museum umgebaut werden. Hierbei bleibt die Bausubstanz maximal erhalten und vorhandene Bauteile werden wiederverwendet. Es werden ein Bereich für Ausstellungen im Rundbau ohne Eingrenzung der Bestandsgeometrie in allen Geschossen, eine Kassenzone mit Nebenraumbereich, ein Bereich für Museumspädagogik und der zweite Rettungsweg geschaffen. Auf Veränderungen der vorhandenen baulichen Raumstruktur wird verzichtet, ebenso auf bauliche Ergänzungen der Kubatur. Die historischen Raumstrukturen als Kanonenbastion bleiben so erhalten, die frühere Funktion bleibt ablesbar - auch die des Innenhofes als „Abzug für den Pulverdampf“.

Die Sanierung im Detail

Aufgrund der notwendigen Erhöhung der Verkehrslasten (vorgestellte Stütze-Riegel-Konstruktion) wird die innere Ringmauer verstärkt. Der Erhalt der aus den 90er Jahren stammenden Stahlbetondecke über dem Untergeschoss und die Ertüchtigung der nicht ausreichend tragfähigen sowie durch Braunfäule und echten Hausschwamm geschädigten Holzbalkendecken aus dem 16. (über Erdgeschoss) und 18. Jahrhundert (über 1. Obergeschoss) durch ein Holz-Beton-Verbundsystem gehören ebenso zu den wichtigsten baulichen Maßnahmen. Aus wirtschaftlichen Gründen wird die Decke über dem 2. Obergeschoss als Stahlbetonflachdecke erneuert. Auch die Dachkonstruktion wird modernisiert, indem sie über dem Rundbau eine Stahlbetonmassivdecke mit untergehängter Gipskartondecke erhält, gedämmt und mit Titanzink gedeckt wird. Die Treppenanlagen werden abgebrochen und neu konzipiert. Die behindertengerechte Erschließung erfolgt durch einen Aufzug im (neu mit Glas überdachten) Innenhof. Wie auch die Eingangshalle wird der Arkadengang zwischen den beiden Eingangsportalen tiefer gelegt und dadurch behindertengerecht.

Die sanitären Anlagen werden erneuert und ein Behinderten-WC eingebaut. Für die Zeit der 3. Landesausstellung wird zusätzlich ein WC-Container angemietet.

Heizung und Klima

Nachdem verschiedene Varianten (auch regenerativer Energien) untersucht wurden, wird als wirtschaftlichste Wärmeversorgungsanlage eine Gas-Brennwertkesselanlage mit Pufferspeicher zum Einsatz kommen.

Mit der Teilklimatisierung im 2. und 3. Obergeschoss (Kühldecken), einer modernen Beleuchtungsanlage und fernmelde- und informationstechnische Anlagen nach gültigem Standard werden zeitgemäße Voraussetzungen geschaffen. Um dem Sicherheitsstand gerecht zu werden, wird das Objekt mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet. Ebenso schreibt das Sicherungskonzept den Einbau einer Einbruchmeldeanlage vor.

Mit den umfangreichen Baumaßnahmen wird der Kaisertrutz baulich auch für die 3. Sächsische Landesausstellung „Via Regia“ hergerichtet, die im Sommer 2011 in Görlitz stattfinden wird. Die 3. Sächsische Landesausstellung gibt der Stadt Görlitz die Gelegenheit, auf sich und ihre einzigartige Kultur grenzüberschreitend aufmerksam zu machen. Dem Kaisertrutz als zentralen Ausstellungsort kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Deshalb unterstützt der Freistaat Sachsen die Stadt bei der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) hat die Bauherrenfunktion übernommen und führt das Vorhaben im Auftrag der Stadt Görlitz durch.

Für die Gebäudeplanung und die Belange des Denkmalschutzes zeichnet das Architekturbüro Spindler (Niederlassung Bautzen) verantwortlich, mit der Tragwerksplanung ist das Büro Geudner/Storm aus Görlitz beauftragt, Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärinstallation plant und realisiert das Büro Amthor aus Görlitz, den Bereich Elektro/Daten/Sicherheit das Büro DEIB aus Dresden. Sonderfachbereiche, wie z. B. für den Bereich Bauklimatik und Schallschutz werden durch Herrn Prof. Löber aus Dresden begleitet.

Zeitlich im Plan

Nach Klärung der Fördermittelbereitstellung konnte im Juni dieses Jahres der Baustart vollzogen werden; in anderthalb Jahren, also Ende 2010, sollen die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Ca. 70 Prozent aller notwendigen Bauleistungen sind bereits ausgeschrieben und bisher ausschließlich an sächsische Firmen vergeben worden.

Hinter den Bauzaun geschaut, sind zurzeit die Baufirma NYLA mit den statischen Sicherungsarbeiten nach erfolgtem teilweisen Rückbau und dem Errichten der notwendigen Treppenhäuser beschäftigt, alle Installationsfirmen mit dem Verlegen der Kanäle und der Medienleitungen sowie Zimmerer beim denkmalgerechten Ertüchtigen der wertvollen historischen Decken.

Der Kran als weithin sichtbares Zeichen versorgt die Baustelle mit notwendigem Material. Der sehr beengte Baustellenbereich stellt an alle Firmen hohe logistische Anforderungen. Die Bauarbeiten liegen im zeitlichen Rahmen; auch kostenmäßig ist alles im „grünen“ Bereich.

Die Gesamtkosten betragen ca. 6 Mio. Euro und stammen zum überwiegenden Teil aus dem Bund-Länder-Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz“. Der Anteil des Freistaates und des Bundes beträgt je 2,37 Mio. Euro.

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  • Quelle: /red
  • Erstellt am 06.10.2009 - 00:26Uhr | Zuletzt geändert am 06.10.2009 - 00:41Uhr
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