So treibt Corona die Digitalisierung des Gesundheitssystems voran

So treibt Corona die Digitalisierung des Gesundheitssystems voranGörlitz, 7. Juli 2020. Bei allen Diskussionen rund um das Corona-Virus ist eins unverkennbar: Fast jeder Arztbesuch hat sich in den letzten Monaten verändert. Neben den zuweilen strengen Verhaltensregeln vor Ort erkennen immer mehr Ärzte und Patienten, dass nicht für jede Sprechstunde ein Termin in der Praxis notwendig ist. Eine steigende Zahl an Ärzten vertraut auf Online-Angebote, die dem Patienten Sicherheit und Komfort geben. Indirekt sorgt SARS-CoV-2 so für eine Beschleunigung der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen.

Noch zögern manche Ärzte, sich auf die Telemedizin einzulassen. Ihnen ist das ganzheitliche Bild vom Patienten, wie es sich im direkten Kontakt ergibt, wichtig – dennoch: Für Erstkontakte, Routinekonsultationen oder bei mobilitätseingeschränkten Patienten wird sich die Telemedizin wohl schnell durchsetzen
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Telemedizin und ihr Aufschwung in Corona-Zeiten

Bei der permanenten Präsenz von Corona reagieren viele Menschen genervt auf alle Auswirkungen und politischen Entscheidungen, die damit in Zusammenhang stehen. Dabei gibt es auch positive Aspekte, die über die nächsten Jahre ihre Spuren in Deutschland hinterlassen dürften. Einer dieser Aspekte ist der verstärkte Ausbau der Telemedizin, also die Nutzung von ärztlichen Angeboten aus der Distanz.

In den letzten Monaten haben zahlreiche Arztpraxen eine Video-Sprechstunde eingeführt. Diese sollte den Patienten vorrangig die Sicherheit geben, nicht mit anderen möglicherweise infizierten Patienten in Kontakt zu treten. Zwar beschränkt sich das Potenzial einer solchen Online-Sprechstunde weitgehend auf eine rein mündliche Beratung, aber genau diese ist vielen Patienten bei einem routinemäßigen Kontakt mit ihrem Arzt und für das Verschreiben neuer Medikamente ausreichend.

Neue Technologien auf dem Vormarsch

Nach einem aktuellen Report zur Telemedizin ist die Nutzung von Tele-Sprechstunden seit Corona um mehr als 1.000 Prozent gestiegen. Nach der Auswertung vertraut mittlerweile jede vierte Arztpraxis auf ein digitales Angebot, das besonders bei jungen und technisch sicheren Patienten gut ankommt. Bislang galt eine Deckelung des Online-Angebots auf 20 Prozent der insgesamt abgehaltenen Sprechstunden. Diese Deckung fiel temporär im April und könnte vielleicht auch in Zukunft langfristig keine Rolle mehr spielen.

Neben der digitalen Sprechstunde ist die sogenannte Künstliche Intelligenz (KI) in Diagnostik und Verwaltung auf dem Vormarsch. Auf Basis von Patientendaten, die diese freiwillig durch Gesundheits-Apps erfassen lassen, entsteht eine intelligente Grundlage für computerbasierte Entscheidungen. Hier zeigen sich viele Bundesbürger sogar offen dafür, solange die Technik eine Zweitmeinung zur Diagnose des Arztes darstellt. Als reine Erstmeinung bleiben die meisten Bürger noch skeptisch.

Steigende Nachfrage und ein globales Geschäft

Da in vielen westlichen Ländern der Anteil der älteren Bevölkerung in den nächsten beiden Jahrzehnten rapide ansteigt, sieht sich das Gesundheitssystem vor riesigen Aufgaben. Dies gilt beispielsweise für die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum, unter deren Rückgang schon heute viele Gemeinden nich allein in Brandenburg leiden. Mit den Angeboten der Tele-Medizin ist die flächendeckende Grundversorgung einfacher zu realisieren, zumal die digitalen Kompetenzen der Ärzte wachsen werden.

Natürlich bleibt die menschliche Gesundheit ein Milliardengeschäft, weshalb nach Aussage obiger Studie viele renommierte Tech-Konzerne in die Gesundheitsbranche einsteigen. Hierbei geht es letztlich auch um die Erfassung der Patientendaten, um diesen zur Behandlung oder zur Vorbeugung passende Produkte verkaufen zu können. Hier muss sich jeder mündige Bürger fragen, wie weit er alle Schritte mitgehen möchte.

Die Etablierung von Video-Sprechstunden gilt als wahrscheinlich, alleine um den Ärztemangel in vielen deutschen Regionen zu beheben. Wie bei anderen digitalen Angeboten von der Corona-App bis zum Fitness-Tracker sollte jeder Bürger für sich überlegen, was genau er nutzen möchte. Hinterlassene Datenspuren zur eigenen Gesundheit sind schließlich viel wert.

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  • Quelle: red | Foto: granderboy, Pixabay License
  • Erstellt am 09.07.2020 - 13:34Uhr | Zuletzt geändert am 09.07.2020 - 14:13Uhr
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