Ist der Traum von einer besseren Welt ausgeträumt?
Görlitz, 11. Mai 2019. Wahlkampfzeiten, wie sie gerade zu erleben sind, födern aus mancher Ecke Plattitüden. Da tut es gut, wenn Kultur benutzt wird (das darf man), um den Dingen etwas intensiver auf den Grund zu gehen. Gelegenheit dazu gibt es am 17. Mai im KulTourPoint Gleis 1 im Bahnhof Görlitz.
Abbildung: "Archiv der verlorenen Träume", Galerie Silberstein, Schwarzenberg, 2013
Wer noch träumen kann, träumt von einer besseren Welt
"Träumen Sie ruhig weiter!" ist eine beliebte Reaktion von Leuten, die glauben, die Realität durchschaut zu haben und meinen, Träumerei führe zu nichts. Doch wo kämen wir hin, wenn die Menschheit keine Träume hätte? Jedenfalls nicht zum Südpol und auf den Mond. Gleiches gilt für soziale Ideen, für die Utopie einer besseren, einer gerechteren und vernünftigeren Gesellschaft. Doch allein solche Träume führen dazu, die Träumer zu bekämpfen. "Aber lassen Sie uns doch den Traum!", schrieb Stephan Heym in seinem Roman "Schwarzenberg", in dem er das Werden und Vergehen einer "Freien Republik" beschrieb. Von Erich Mühsam, Schriftsteller, Anarchist und Pazifist, ist die Gedichtzeile "Träume, Freund, enttäuschen nie" berühmt geworden. Solange es Menschen gibt, werden sie träumen, träumen von einer besseren Welt.
Diesem Thema nähert sich eine szenische Lesung von Ester Vilar, der argentinisch-deutschen Ärztin, die in den Siebzigerjahren mit ihrem Buch "Der dressierte Mann" den Feminismus bloßstellte und deshalb bis heute dafür angegriffen wird. In Görlitz zu Gehör gebracht wird aber SPEER, gelesen von Johannes Gabriel und Peter Sodann. Es ist schon so: Immer, wenn auf dieser Welt irgendwo die Linken an der Macht waren, war für ihr Herrschaftssystem der Vergleich mit dem Nationalsozialismus naheliegend. Esther Vilar hat in SPEER zwei Menschen zusammengeführt, die ihre politische Herkunft verteidigen. Der eine ist Hans Bauer, der als "DDR"-Bürger den Traum einer gerechten, humanen Welt hat, der andere Albert Speer, der auch einen Traum hatte: Gemeinsam mit seinem Führer wollt er ein Gesamtkunstwerk errichten: Berlin als Welthauptstadt Germania.
Beide Träume sind gescheitert, wurden zu Alpträumen. Esther Vilars Geschichte ist frei erfunden, aber sie gibt zu denken, zu denken in Zeiten, in denen immer wieder behauptet wird: Der Traum von einer besseren Welt ist ausgeträumt, für Migranten, für Mietschuldner, für die von der Gesellschaft ausgestoßenen. Sagen können das wohl nur Leute, die keine Träume mehr haben, nicht mal mehr den vom Glück für das bissel Leben.
Prädikat: Hingehen!
Freitag, 17. Mai 2019, 19 Uhr,
KulTourPoint Gleis 1 im Bahnhof Görlitz, Bahnhofstraße 76, 02826 Görlitz



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- Quelle: red | Foto: © beiermedia.de
- Erstellt am 11.05.2019 - 02:49Uhr | Zuletzt geändert am 18.06.2019 - 21:37Uhr
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