Deutsche Stiftung Denkmalschutz bemängelt geplantes Zittauer Fachmarktzentrum

Bonn | Zittau. Dunkle Wolken über dem Zittauer Rathaus: In einem Offenen Brief vom 27. August 2012 (liegt dem Görlitzer Anzeiger vor) an den Zittauer Oberbürgermeister Arnd Voigt hält die Vorsitzende des Vorstands der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Dr. Rosemarie Wilcken an der Kritik am Neubau eines Fachmarktzentrums auf der Zittauer Albertstraße fest.

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Vorwurf: Beseitigung historischer Bausubstanz und Phantasielosigkeit

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hatte das Bauvorhaben von Beginn an kritisiert und als "Investition am falschen Standort" grundsätzlich abgelehnt. Selbst in den zwischenzeitlich weiterentwickelten Projektplanungen seien die Kritikpunkte in keinster Weise ausgeräumt, ist nun zu lesen.

Als gravierende Mängel beanstandet Dr. Wilcken in ihrem Schreiben die Überbauung der Alberstraße mit Verbindungsbrücken sowie die Rolltreppen und Treppen im Straßenbereich als "indiskutabel" und nachhaltige Störung des städtebaulichen Maßstabs des Quartiers. Ferner sei die Anordnung der Lkw-Versorgung und der Erschließung der Parkdecks unmittelbar in Nähe des Salzhauses und des Samariterbrunnens nicht nur "höchst fragwürdig", sondern "zeugt auch von fehlendem Respekt vor den in der Stadt seit Jahrhunderten gewachsenen stadträumlichen Qualitäten", die auf jeden Fall zu erhalten seien.

Der Entwurf des Fachmarktzentrums Zittau beseitige nach wie vor historische Bausubstanz "in erheblichem Umfang", heißt es weiter - und: "Die vorgestellten Fassadenvorschläge können wegen ihrer Phantasielosigkeit nur als grobe Gedankenskizze verstanden werden."

Abschließend sieht die Vorstandsvorsitzende den Standtpunkt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bestätigt, "das Fachmarktzentrum in der vorliegenden Fassung am geplanten Standort abzulehnen" und äußert die Erwartung einer Antwort.


Kommentar:

Wie gut, dass es die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gibt und dass deren Wort Gewicht hat.

Es ist nämlich zu befürchten, dass jene, die vor Ort über das geplante Zittauer Fachmarktcenter befinden müssen, weder Experten für Städtebau noch für innerstädtischen EInzelhandel sind. Die Stiftung hingegen lenkt den Blick über alle kurzfristigen Interessen hinaus auf Konsequenzen in der Stadtentwicklung und auf Nachhaltiigkeit.

Auch die gewachsene vielfältige Zittauer EInzelhandelsstruktur aus kleineren Geschäften wird es danken, wenn ein dominierender Anbieter nicht in unmittelbarer Nachbarschaft entsteht. Noch klingen mir im Ohr die Worte eines Einzel-Fachhändlers in einer gar nicht so weit entfernten Stadt, in der ein Einkaufscenter errichtet wurde: "An dem Tag, an dem die aufmachen, mache ich zu!"

So kam´s.

Ihr Fritz R. Stänker

Kommentare Lesermeinungen (7)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Eine Zittauerin

Von Ein Zittauer am 10.11.2012 - 17:52Uhr
Neu ist nicht immer gleich schlecht. Beifall!

Ich wünsche mir, dass ALLE Zittauer so denken.

Aber ich denke, Zittau geht an den Ruinen kaputt.

Ja, wer soll das bezahlen? Wo ist das Geld geblieben?

Centerneubau - Denkmalschutz zu spät

Von Günter Heppner am 29.09.2012 - 17:21Uhr
Vielleicht hätte sich der Denkmalschutz früher überlegen und sich kümmern sollen, damit nicht erst so viele Ruinen entstehen.

Jetzt auf einmal weiß der Denkmalschutz, wo Zittau ist, weil es den langersehnten Neubau verhindern will.

Ich errinnere mich an einen Sprüher, der mal an eine Häuserwand gesprüht hat "Ruinen schaffen ohne Waffen" - stammt nicht von mir!

Macht nicht die gleichen Fehler wie im Westen!

Von Mannheimer am 29.09.2012 - 01:29Uhr
Ich bin ein großer Fan von Ostdeutschland und seinen vielen erhaltenen Stadtbildern. Hier bei uns im Westen wurde leider fast ausnahmslos alles abgeräumt und gesprengt, bis in die 80er Jahre hinein. Was ist übrig geblieben?

Eine gesichtslose Ansammlung von großen Kaufhäusern, Einkaufszentren und Einkaufspassagen, viel Beton und wenig Ansehnliches. Auch bei uns wurden immer wieder die letzten Reste der altehrwürdigen Stadtbebauung mit Füßen getreten und "zum Wohle des Fortschritts" beseitigt.

Das Mindeste wäre eine vollständige Integration der vorhandenen Fassaden, damit das neue "Zentrum" nicht als Fremdkörper erscheint.

Es gibt weiterhin auch genügend Beispiele, dass diese innerstädtischen Einkaufszentren den restlichen Läden den Garaus machen: Zum Wohle von H&M, Zara, Douglas und Co....

Lasst euch nicht von Profitgier leiten, ihr müsst das auch noch vor euren Kindern und Enkeln mit gutem Gewissen vertreten können! Bei uns ist das so gut wie nie gelungen!

Unbedingt verhindern

Von Zwickauer am 28.09.2012 - 12:56Uhr
Diese Projekt ist unheimlich schädlich und sollte dringendst gestoppt werden.

Nach der Zerstörung im siebenährigen Krieg weist die Stadt eine beeindruckendes Ensemble von Bauten des Früh bis Spätklassizismus auf, die man deutschlandweit als einzigartig bezeichnen muss. Das Fachmarktzentrum stört dieses Bild nachhaltig und hat dazu noch keinerlei wirtschaftlichen oder geographischen Nutzen - wie hier enige weiß machen wollen.

Als ob es zu irgendeinem signifikanten Zuzug von jungen Menschen aufgrund dieses Einkaufszentrum kommt, das ist völlig absurd. Dazu braucht es ordentlich bezahlte Arbeit. Für einen Kassiererjob zieht doch keiner um. Das Resultat werden ein bis zwei Neuansiedlungen sein, andere Firmen werden Läden in der Altstadt schließen und Räumlichkeiten in dem neuen Zentrum anmieten. Beobachten konnte man das schon so oft, dass man es mittlerweile wohl als empirisch erwiesen bezeichnen kann.

Außerdem planen parallel auch Bautzen und Görlitz an neuen, ebenfalls überflüssigen, innerstädtischen EKZs auf Kosten historischer Bausubstanz. Geplant ist jeweils Kunden aus dem Umland anzulocken. Im Endeffekt versuchen sich also Zittau, Görlitz und Bautzen gegenseitig die Kaufkraftschwachen streitig zu machen.

Da hat man das Gefühl, die Leute in den Stadträten denken so weit wie ein fettes Schwein springt. So hart muss man das sagen. Von Kooperation in Tradition des Sechstädtebundes kann jedenfalls keine Rede mehr sein. Leider kann der Denkmalschutz auch nur warnen, Exekutivfunktionen übt die Landesdirektion aus, die kürzlich im Falle des Bautzner Lauencenters schon kläglich versagt hat. Bautzen hat übrigens schon mehr Verkaufsfläche pro kopf als Dresden und plant jetzt noch mehr.

Scheinbar will man die Schlammschlacht in Zittau aufnehmen.

Traurig traurig...

Für Centerneubau

Von Ein Zittauer am 15.09.2012 - 17:25Uhr
Ohne wenn und aber bin ich für einen Neubau.

Ich bin Gehbehindert und fahre ein E-Mobil. Mir nützen die Geschäfte in der Stadt gar nichts, denn da sind meistens ein oder zwei Stufen am Eingang. Wie soll ich da reinkommen?

Also ein Center wäre für mich das Richtige. Bauen so schnell wie möglich!


Anmerkung der Redaktion:
Lieber Zittauer, warum muss man diese Meinung anonym äußern?

Fachmarktzentrum Neubau

Von Günter Heppner am 07.09.2012 - 16:51Uhr
Die Mehrzahl der Zittauer sind doch für einen Neubau.

Alles andere ist doch Schaumschlägerei. So ein Theater ist wohl einmalig für unsere Region.

Es ist nicht zu fassen, was hier abgeht! Oder sollen die jungen Leute etwa unsere schöne Stadt verlassen?

In ein paar Jahren ist die Stadt ein totes Nest, das nutzt dem Denkmalschutz auch nichts.

Na dann Prost! Zittau, du arme Stadt!

Neu ist nicht immer gleich schlecht

Von Eine Zittauerin am 06.09.2012 - 20:14Uhr
Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Warum ist Veränderung immer schlecht in Zittau?

Dass die Stadt grad für Bewohner unter 60 wieder interessanter wird, dass neue Arbeitsplätze und Lehrstellen entstehen und deswegen manche Familien nicht zerrissen werden, weil man hier in seinem Heimatort Arbeit findet, ist denen, die gegen das Center sind, egal? Die, die sich aufregen, sind doch meist die, die sich jetzt etwas einfallen lassen müssten, um Ihre Kunden zu halten. Es ist immer leichter, alles schlecht zu reden, als an seinem Konzept oder an seinem Service zu arbeiten.

Ich kenne viele Geschäfte, die es auch mit Center in der Stadt geben wird. Nicht die Größe eines Ladens entscheidet, sondern die Leistung und wie man mit dem Kunden umgeht.

Aber wir können auch alles so lassen. Irgendwann sind alle Rentner auch gestorben und dann gehen halt die kleinen Geschäft pleite, weil keiner mehr da ist, der etwas kaufen kann, aber dann wird wieder jemand anderes Schuld sein...

Und hört mit dem dummen Gerede auf, es "verschandelt das Stadtbild". Hat sich einer mal die Albertstraße angeschaut? Also ich weis ja nicht, ob Ruinen so dekorativ für Zittau sind.

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  • Quelle: red | Fritz Rudolph Stänker | Fotos: BeierMedia.de
  • Erstellt am 01.09.2012 - 09:59Uhr | Zuletzt geändert am 01.09.2012 - 11:17Uhr
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