Hauptpreis des 17. Neiße Filmfestivals für deutschen Film

Hauptpreis des 17. Neiße Filmfestivals für deutschen FilmGroßhennersdorf | Ebersbach-Neugersdorf, 28. September 2020. Am gestrigen Sonntag ging in der Dreiländerregion an der Neiße das 17. Neiße Filmfestival zu Ende – corona- und wetterbedingt ohne Abschlussparty. Das deutsch-polnisch-tschechische Filmfest zeigte in einer coronabedingten "Wild Edition" rund 60 Filme in drei Wettbewerben und diversen Filmreihen, dazu gab es ein Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Filmgesprächen und Konzerten an 15 Spielorten der drei Länder. Bereits einen Tag zuvor waren bei der Preisverleihung im Filmtheater Ebersbach/Sa. die vom Strahwalder Künstler Andreas Kupfer gestalteten Neiße-Fische als die Preisskulpturen des Festivals vergeben worden.

Artemio Benki nahm für "Sólo" den Preis von "So geht sächsisch." aus den Händen des sächsichen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer für den besten Dokumentarfilm entgegen
Foto: Hannes Rönsch
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Ministerpräsident Kretschmer würdigt Mut zum Festival

Ministerpräsident Kretschmer würdigt Mut zum Festival
Süheyla Schwenk und ihr Team erhielten den "Drei-Länder-Preis" für "Jiyan"
Foto: Hannes Rönsch

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, einer der Schirmherren des Festivals, betonte in seinem Grußwort, dass das Neiße Filmfestival in seiner Form einzigartig sei: "Hier gibt es ein Programm zu sehen, das in enger Zusammenarbeit zwischen Polen, Tschechen und Deutschen entstanden ist und auf besondere Weise gesellschaftsrelevante Themen aufgreift. Das macht es so interessant und facettenreich. Es ist gut, dass in diesem Jahr die Herausforderungen des Klima- und Strukturwandels im Fokus stehen. Denn gerade im Zuge der Pandemie sind die Themen in der öffentlichen Debatte etwas nach hinten gerückt. Ich schätze es daher sehr, dass die Veranstalter den Mut hatten, ein corona-konformes Konzept zu entwickeln, damit die Veranstaltung auch in diesem Jahr stattfinden kann."

Drei-Länder-Filmpreis

Der mit 10.000 Euro dotierte Hauptpreis des Filmfestivals, der "Drei-Länder-Filmpreis" der Sächsischen Kulturministerin für den besten Spielfilm, gestiftet vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus, ging an den deutschen Beitrag "Jiyan" (Leben) von Süheyla Schwenk. Die Jury mit dem deutschen Regisseur Philipp Eichholtz, der polnischen Szenenbildnerin Jagna Dobesz und dem tschechischen Regisseur Václav Kadrnka musste sich im Wettbewerb zwischen je drei Spielfilmen aus Deutschland, Polen und Tschechien entscheiden. "Alle Charaktere in 'Jiyan' fühlen sich real, wie echte Menschen an. Das macht dieses Drama über zwei Flüchtlinge in Berlin so herzzerreißend, fesselnd und traurig. Der Film porträtiert die aktuelle humanitäre Krise durch originelle, suggestive, mutige und kompromisslose cineastische Mittel. Es ist ein Film, der einen noch lange, nachdem der Abspann abgelaufen ist, weiter beschäftigt. Süheyla Schwenk und ihr Team haben ein kleines Meisterwerk kreiert. Wir wünschen diesem Meisterwerk ein großes Publikum", so die Juroren in ihrer Begründung.

Görlitzer Preis für das beste Szenenbild

Süheyla Schwenk wurde für ihre Arbeit an "Jiyan" auch mit dem von der Stadt Görlitz gestifteten Preis für das beste Szenenbild ausgezeichnet. Ausschlaggebend war hier "…die meisterhafte Kombination von Realismus mit Elementen des emotionalen Szenenbildes, die etwas Magisches hat und gleichzeitig den Eindruck eines Dokumentarfilmes macht", wie die Juroren erklärten

Zittauer Preis für beste darstellerische Leistung

Den von der Stadt Zittau gestifteten Preis für die beste darstellerische Leistung erhielten Milan Ondrík und František Beleš für ihr bewegendes Porträt von Vater und Sohn in "Nech je svetlo" (Es werde Licht) von Marko Škop (SK/CZ). Die Jury würdigte damit ganz besonders die schauspielerische Herausforderung, Spannung und gleichzeitig Intimität in Krisenzeiten darzustellen, die von beiden Darstellern souverän gemeistert wurde. Der Neiße-Fisch für das beste Drehbuch, gestiftet von der Region Reichenberg (Liberecký kraj), ging an den tschechisch-slowakischen Film "Vlastníci" (Die Eigentümer) von Jiří Havelka, der auch das Drehbuch schrieb. Die hervorragend besetzte, kammerspielartige Komödie war im Herbst 2019 der Überraschungserfolg in den tschechischen Kinos und wurde bereits mit drei tschechischen Filmpreisen – den Český lev (Tschechischen Löwen) – ausgezeichnet.

"So geht sächsisch." würdigt besten Dokumentarfilm

"Sólo" von Artemio Benki erhielt den von "So geht sächsisch." gestifteten 5.000 Euro schweren Preis für den besten Dokumentarfilm. Der Film ist ein universelles, berührendes Filmporträt eines charismatischen Protagonisten im Kampf zwischen innerer Zerrissenheit und künstlerischer Berufung. Die Jury – Ondřej Kamenický, Festivalleiter des One World International Human Rights Documentary Film Festival, Filmkritikerin und Programmerin Ingrid Beerbaum sowie Adam Papliński, Betreiber der Plattform "Pitch the Doc" – in ihrer Begründung: "Es sind die einfachen, universellen Geschichten, die uns am meisten berühren. Nach langer Zeit sozialer Isolation in einer psychiatrischen Klinik versucht ein talentierter junger Mann und Künstler sich ins normale Leben zurückzukämpfen. Ohne unnötiges Pathos oder Sensationslust begleitet der Regisseur ihn sensibel bei seinem Kampf, sich als Künstler wieder in die Gesellschaft einzugliedern und geht seiner kreativen Obsession nach. Voll tiefem Respekt für seinen Protagonisten balanciert der Film dabei behutsam zwischen naher Beobachtung und menschlicher Anteilnahme."

Bester Kurzfilm

Bester Kurzfilm wurde "Dcera" (Tochter) von Daria Kashcheeva aus Tschechien. Über den vom "Studierendenrat" – dem früheren Studentenrat – der Hochschule Zittau/Görlitz gestifteten Preis entschieden der deutsche Schauspieler, Musiker und Filmemacher Jürgen Heimüller, die tschechische Kuratorin Jana Čížkovská und der polnische Filmemacher Michał Hytroś, im Vorjahr Gewinner des Kurzfilmpreises an der Neiße. In der Jury-Begründung heißt es: "Die zeitgenössische Animation hat eine wirklich starke Stimme – nicht nur in der diesjährigen Filmauswahl, sondern auch bei europäischen Kurzfilmproduktionen generell. Wir haben uns entschlossen, diesen Fakt in unserer Entscheidung widerzuspiegeln und einen Animationsfilm auszuzeichnen. Mit ihrem Film "Dcera" (Tochter) nimmt uns Daria Kashcheeva in eine ganz besondere Welt mit. Raue Pappmaché-Figuren in zerbrechlichen, handgemachten Settings erzählen von einem berührenden Konflikt zwischen Vater und Tochter als eine erfrischende Alternative zu den kindlich schematischen Hochglanzbildern des amerikanischen Blockbuster-Kinos. Mit anspruchsvoller Kameraoptik und dem intensiven Spiel mit verschwommenen Bildern haucht Kashcheeva den Szenen ein intimes Leben ein, welches uns mitnimmt in die Erinnerungen einer Kindheit voller Unbehaglichkeiten, Missverständnisse und Sprachlosigkeit. Insbesondere das Letztere, denn in Kashcheevas Film gibt es keine Dialoge. Stattdessen lässt uns das exzellente Sound-Design noch intensiver nach einem tröstenden Wort sehnen. Ein Film der mehr macht, als nur unsere Phantasie zu beflügeln."

Lobende Erwähnungen

Lobende Erwähnungen gab es im Dokumentarfilm-Wettbewerb für "Wieloryb z Lorino" (Wal aus Lorino) von Maciej Cuske aus Polen und "Zustand und Gelände" von Ute Adamczewski aus Deutschland. Im Kurzfilm-Wettbewerb wurde Nawojka Wierzbowska für "Bajka na niespokojny sen" (Keine Gutenachtgeschichte) lobend erwähnt.

Spezialpreis des Filmverbandes Sachsen

Der Filmverband Sachsen vergab seinen Spezialpreis im Jahr 2020 an das Filmprojekt "Pan Müller – hier geblieben!" von Patrick Weißig. Der Film beschäftigt sich mit der Lebensgeschichte von Jan Müller, der 1936 in Georgswalde, dem heutigen Jirikov, geboren wurde und die Veränderungen einer Region hautnah bezeugen kann.

Die Publikumslieblinge stehen wegen des verkürzten Programms, das eine Abstimmung bis gestern ermöglicht, noch nicht fest. Sie werden nachträglich informiert und erhalten ihren Neiße-Fisch per Kurier.

Ausblick:
Das 18. Neiße Filmfestival findet vom 18. bis 23. Mai 2021 statt.

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  • Quelle: red | Fotos: Hannes Rönsch
  • Erstellt am 28.09.2020 - 07:02Uhr | Zuletzt geändert am 28.09.2020 - 07:47Uhr
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