Von Görlitz nach Königsberg mit dem Rad

Görlitz | Königsberg (Kaliningrad), 11. August 2014. Jugendliche und junge Erwachsene vom Verein "querdurch e.V." folgten vom 19. Juli bis 3. August per Fahrrad dem Europaradweg R1 von Görlitz nach Königsberg (Kaliningrad). Hintergrund ist die Geschichte des Görlitzers Hans-Georg Kohn, der seinen Bruder Werner Kohn sucht - ein Wolfskind.

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Auf den Spuren der Wolfskinder

Wolfskinder nennt man jene Kinder und Jugendlichen, die in den Wirren des Zweiten Weltkrieges von ihren Familien getrennt wurden und eine neue Identität annehmen mussten, um nicht von der damaligen sowjetischen Herrschaft entdeckt zu werden. Heute sollen noch etwa einige Hundert von ihnen in und um Kaliningrad und in Litauen leben.

Mit seiner Radreise will der Verein dieses kaum beachtete Thema stärker bewusst machen. Die jungen Teilnehmer sollten mehr über das Leid, das ein Krieg auch außerhalb der Kämpfe mit sich bringt, und die Bewahrung von Menschlichkeit unter widrigsten Umständen erfahren.

Polnische und russische Kultur erlebt

1.035 Radkilometer boten reichlich Gelegenheit, polnische und russische Geschichte und Kultur kennenzulernen. "Dank unterschiedlichster Begegnungen konnten wir das Leben zur damaligen Zeit rekonstruieren und wichtige Erfahrungen für die Suche nach Werner Kohn mitnehmen. Beispielsweise bot uns Ulli, ein Camper aus Hannover, dabei seine Unterstützung an, da seiner Frau, die aus dem ehemaligen Königsberg stammte, der Name Kohn im Gedächtnis blieb.

Wiederum berichtete uns Dimitri, ein Radreisender aus Kaliningrad, anhand seiner Großeltern, dass nach dem Krieg Deutsche und Russen in Kaliningrad friedlich miteinander lebten, aber auch, dass sich die Spur der Wolfskinder in den Dörfern, die größtenteils noch abgeschnitten vom Internet mit seinen Kommunikationsmöglichkeiten sind, verliert", berichet der querdurch-Verein.

Wolfskinder-Akten bleiben noch 120 Jahre verschlossen

In Kaliningrad angekommen, erfuhren die Radfahrer aus Deutschland große Hilfsbereitschaft durch die Schüler des Gymnasiums Nr. 40 Juri Gagarin, das eine der modernsten Schulen Russlands ist. Sie zeigten sich in einem Vortrag sehr interessiert an dem Thema, denn auch in der russischen Geschichte sind die Wolfskinder nicht unbekannt.

Weil aber die offiziellen Akten zu den Wolfskindern noch für weitere 120 Jahre verschlossen bleiben, boten die russischen Schüler sofort an, die Suche nach Werner Kohn gemeinsam fortzuführen und das Thema in russischensprachigen sozialen Netzwerken publik zu machen.

Wenn auch aktuell kaum mehr als der Besuch der früheren Wohnanschrift Werner Kohns auf dem Oberhaberweg (heute Uliza Bogdana Chmelnizkogo, benannt nach einem Kosakenführer, der gegen die Herrschaft Polen-Litauens und für den Anschluss seines Staates an das russische Zarenbreich kämpfte) erreicht wurde, hat sich der weite Weg schon durch die erlebte Offenheit der russischen Schüler und Erwachsenen gelohnt, die zugleich Hoffnung auf zukünftige Erfolge bei der Suche nach Werner Kohn macht.

Ausführlicher Tourbericht!
www.querdurch.eu/wolfskinder nachlesen.

Der querdurch e.V. dankt allen Unterstützern und Sponsoren, die die Tour begleitet oder auf andere Weise ermöglicht haben.

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  • Quelle: red | Fotos: © querdurch e.V.
  • Erstellt am 11.08.2014 - 08:03Uhr | Zuletzt geändert am 11.08.2014 - 08:52Uhr
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