Denkmalschutz im Görlitzer Gründerzeitviertel: Sanieren und renovieren unter Auflagen
Görlitz, 11. März 2022. Das Görlitzer Gründerzeitviertel zählt zu den bundesweit größten zusammenhängenden Stadtquartieren des Historismus. Anders als das hinsichtlich der Größe vergleichbare Leipziger Gründerzeitviertel konnte der Baubestand – abgesehen von der fehlenden grundlegenden Sanierung – bis 1990 fast ungestört erhalten werden. In der Südstadt betrifft das etwa die Jugendstilbauten an der Biesnitzer Straße und die Jugendstilvillen an der Goethestraße.
Öffentliches Interesse an historischer Bausubstanz steigt
Nach der Diskussion um die beiden Postplatz-Villen und dem – wenn auch seltenen – Abriss von Görlitzer Einzeldenkmalen wie etwa der Jauernicker Straße 31 ist im vergangenen Jahrzehnt wohl ein wenig erlahmte öffentliche Interesse an der Renovierungs- und Sanierungserfordernis denkmalgeschützter Bauten wieder gestiegen. Denn auch das abgerissene Gebäude hätte nicht eingestampft werden müssen, meint das Görlitzer Stadtforum, wenn sich die Eigentümer besser um die Instandsetzung gekümmert hätten.
Denkmalschutz für Hausbesitzer: Sind Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen verpflichtend?
Innerhalb der Bundesrepublik stehen die Eigentümer denkmalgeschützter Bauten in der Pflicht, notwendige Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten an ihren Immobilien vornehmen zu lassen. Eingeschränkt wird diese Erhaltungspflicht durch die Denkmalschutzgesetze der Länder. Im Grunde gilt: Lediglich das Zumutbare müssen Hausbesitzer leisten. Was genau das ist, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Sind die zu erwartenden Kosten der Erhaltungsmaßnahmen beispielsweise nicht mehr erwirtschaftbar, kann dies im Einzelfall bereits eine Unzumutbarkeit begründen. Wegen der für denkmalgeschützte Bauten höheren Sanierungs- und Renovierungskosten ist dies oft zutreffend. Das Görlitzer Stadtforum sieht aber nicht nur Hausbesitzer in der Erhaltungspflicht, sondern auch die Behörden. Nach dem jüngsten Abriss eines denkmalgeschützten Hauses im Gründerzeitviertel wurde medial vermehrt die Rolle diskutiert, die die Stadt bei der Pflicht zur Denkmalerhaltung spielen könnte. Fest steht, dass Erhaltungsmaßnahmen bis hin zu energetischer Sanierung den Wert eines denkmalgeschützten Hauses nicht nur erhalten, sondern sogar steigern können. Aufschluss über zulässige und erforderliche Sanierungs- sowie Renovierungsmaßnahmen erhalten die Görlitzer von der Kommune.
Tipp:
Hausbesitzer von Einzeldenkmalen sollten bei Umgestaltungsmaßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden von Beginn an mit dem zuständigen Denkmalamt zusammenarbeiten, das vermeidet Missverständnisse und unnötigen Aufwand. Mit denkmalspezifischen Sonderauflagen ist immer zu rechnen.
Die Maßnahmen sollen das äußere und das innere Gesamtbild des Gebäudes so wenig wie möglich verändern beziehungsweise in den Originalzustand versetzen. Ein Beispiel: Die Erneuerung alter Wandbeläge mit professionellen Mitteln ist eine oft nötige Instandhaltungsmaßnahme. Wie weit man sich bei der Neuauflage an den ursprünglichen Farben und Materialien orientiert, sollte ebenfalls mit den Denkmalschützern abgestimmt werden.
Erhaltungspflicht: Sachverständige beraten zum Denkmalschutz
Bei ständig steigenden Immobilienpreisen haben sich Häuser und Wohnungen in den vergangenen Jahren zu einem der beliebtesten Investitionsobjekte entwickelt. Das gilt insbesondere für denkmalgeschützte Altbauten. Ihre Rendite ist in vielen Fällen nahezu garantiert. Für Investoren steigt die Gewinnspanne, wenn historische Bauten in einem neu aufgelegten Ursprungsglanz erstrahlen. Dennoch sind gerade Altbausanierungen mit Risiken verbunden. Wer schon vor dem Kauf entsprechender Objekte bei Experten wie Energieberatern und Bausachverständigen nachfragt, trifft oft bessere Entscheidungen. Bei möglichen Denkmalsanierungen ist es wichtig, Baumängel sowie versteckte Schadensbilder so früh wie möglich zu identifizieren. Die Konsultation denkmalerfahrener Sachverständiger wirkt nachträglichen Kostenexplosionen entgegen. Neben dem jeweils vorliegenden Modernisierungsbedarf erkennen Experten auch, inwieweit sich Sanierungs- oder Renovierungsvorgaben der zuständigen Denkmalschutzbehörden mit geplanten Maßnahmen wie einer energetischen Sanierung vereinbaren lassen. Außerdem stellen sie Eigentümern bei Bedarf die Förderungen und steuerlichen Vorteile vor, die für eine Sanierung beantragt werden können.Genehmigungspflicht: Vor Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen Denkmalschutzbehörde kontaktieren
Denkmalsanierungen und bestimmte Arbeiten in denkmalgeschützten Gebäuden sind im Vorfeld genehmigungspflichtig. Ohne behördliche Zustimmung drohen hohe Bußgelder sowie Verfügungen, die Eigentümer schlimmstenfalls zum Rückbau von Veränderungen zwingen. Je nach den bereits durchgeführten Maßnahmen kann letzterer unbezahlbar teuer werden.
Nach der Antragstellung bei der Denkmalschutzbehörde, mit der man im Dialog bleiben sollte, muss abgewartet, bis die denkmalrechtliche Genehmigung oder eventuell die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn vorliegt. Mündliche Absprachen reichen im Zweifelsfall nicht aus. Zur Antragstellung fpr die beabsichtigten Arbeiten benötigen Hausbesitzer neben Lageplänen zudem Fotos und Bauzeichnungen des Objekts. Abhängig vom Bundesland fallen unterschiedliche Gebühren zur Antragsbearbeitung an. Üblicherweise sind denkmalschutzrechtliche Genehmigungen vier Jahre lang gültig, dennoch: Die Fristen im Einzelfall unbedingt prüfen! Verzögern sich Bauarbeiten über diese Zeitspanne hinaus, muss die Genehmigung unter Umständen verlängert oder erneuert werden.
Wichtig ist, dass Hausbesitzer die jeweilige Behörde bei der Instandhaltung als Partner begreifen. Wegen des großen Interesses am Erhalt historischer Stadtbilder genehmigt die Denkmalschutzbehörde im Hinblick auf Altbausanierungen und Renovierungsarbeiten oft mehr, als man vorab annimmt, erweist sich andererseits an bestimmten Stellen allerdins auch als hartleibig, was im Sinne des Denkmalschutzes sicherlich kein Fehler ist.
Denkmalerhalt: Innenausbau eher genehmigungsfähig
Der Innenausbau historischer Bauten ist aus Sicht der Behörden meist relativ unproblematisch. Was sich positiv auf den Komfort und damit die tatsächliche Nutzung der jeweiligen Immobilie auswirkt, wird wohl am wahrscheinlichsten genehmigt, so der Eindruck. Hintergrund: Wirklich genutzte Objekte bleiben auf lange Sicht eher erhalten als leerstehende.Grundsätzlich genehmigungsfähig sind daher insbesondere Maßnahmen wie die:
- Badsanierung
- Küchenrenovierung
- elektrische Erneuerung
- Heizungsmodernisierung
- Wandtrockenlegung
- Wandrenovierung mit Putz sowie Neuanstrich
- Sanierung tragender Wände
Im Vergleich zum Innenausbau erhalten äußere Baumaßnahmen eher schwieriger eine Genehmigung. Sollen die Fenster ausgetauscht oder Elemente der Fassade verändert werden, so steht vorab eine kritische Prüfung an. Kastenfenster, Stuckfassaden oder Fachwerkeigenschaften beispielsweise müssen in aller Regel erhalten werden, um den historischen Gebäudewert zu wahren. Anbauten und bausubstanzverändernde Maßnahmen haben im Allgemeinen wenig Aussicht auf eine Genehmigung. Anders verhält es sich in Zeiten des Klimawandels mit Schritten zur energetischen Sanierung. Denkmalgeschützte Gebäude sind nach Energieeinsparverordnung (EnEV) mit weniger Auflagen und Sanierungspflichten verbunden als herkömmliche Gebäude. Allerdings ist die energetische Sanierung gerade hier in vielen Fällen notwendig. Weil dabei historische Elemente wie Stuckfassaden oder Klinkerfassaden sowie ursprüngliche Baustoffe nicht beeinträchtigt werden sollen, kommt oft nur eine thermische Sanierung von innen infrage – die Kosten dafür sind nicht zu unterschätzen.
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- Quelle: red | Fotos: © BeierMedia.de
- Erstellt am 11.03.2022 - 08:58Uhr | Zuletzt geändert am 11.03.2022 - 10:48Uhr
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