Schlüsselübergabe im Landratsamt Görlitz

Görlitz, 19. April 2013. Heute hat Landrat Bernd Lange auf einem Festakt den "Generalschlüssel“ für das neue Landratsamt an der Görlitzer Bahnhofstraße von Fred Mielke von der ARGE AIZ Bauplanungsgesllschaft mbH Zittau entgegengenommen (Foto). Insgesamt 300 Mitarbeiter aus sechs Außenstellen ziehen in den sanierten Gebäudekomplex, der früher u.a. die SED-Kreisleitung, das Hotel "Völkerfreundschaft" und im historischen Packhof ein Möbelhaus beherbergte, ein.

Anzeige

Behörde an geschichtsträchtigem Ort

Innenminister Markus Ulbig bezeichnete das aus drei Bestandsgebäuden hervorgegangene Landratsamt als "Krönung der Vereinigung" der vormaligen Landkreise Löbau-Zittau, Niederschlesischer Oberlausitzkreis und der vormals Kreisfreien Stadt Görlitz zum Landkreis Görlitz im Zuge der Kreisreform 2008. Damit sei wieder ein bedeutendes Denkmal in bester Innenstadtlage gerettet und einer Nutzung zugeführt worden: "Die Stärkung unserer Innenstädte ist für mich eine der wichtigsten Aufgaben angesichts der demographischen Entwicklung. Lebendigen Innenstädten kommt künftig eine immer größere Bedeutung zu.“

Auch der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege lobte, dass mit dem Einzug der Kreisverwaltung in diese geschichtsträchtigen Häuser vor dem Bahnhof wieder Leben eingezogen ist. „Die mehr als 18 Millionen Euro für den Bau sind gut und richtig angelegt“, so Deinege.

Landrat Bernd Lange dankte allen Beteiligten: Dem Freistaat Sachsen für die stete Unterstützung, Kreistag für die Entscheidung zum Bau und den eigenen Mitarbeitern. "Ein Kraftakt liegt hinter uns“, fasste er zusammen. Nun könne man von zentraler Stelle aus ein guter Dienstleister für die Bürger sein. "Alles, was wir hier sehen, ist eine Leistung der Bürgerschaft. Das Geld floss über verschiedene Wege, aber immer vom Bürger“, so Lange.

Zum Abschluss des Festaktes sprachen die Bischöfe Wolfgang Ipolt vom Bistum Görlitz und Generalsuperintendent Martin Herche des Sprengels Görlitz der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz den Segen.

Die Bauarbeiten begannen im Juli 2009. Im Oktober 2010 wurde der Grundstein gelegt und knapp ein Jahr später, am 30. September 2010, Richtfest gefeiert. Im Mai 2012 fielen die ersten Gerüste. Der insgesamt 18,3 Millionen Euro teure Bau konnte mit Hilfe von städtebaulichen Fördermitteln von Bund und Land sowie Eigenanteilen der Stadt Görlitz und des Landkreises verwirklicht werden.

Das Landratsamt hat neben dem zentralen Sitz in Görlitz für bürgernahe Dienstleistungen weiterhin Außenstellen in Zittau, Löbau, Niesky und Weißwasser.

Zur Geschichte des neuen Landratsamtes

Die Geschichte der Häuser, die von 2009 bis 2013 zu einem modernen Verwaltungszentrum des Landkreises Görlitz umgebaut wurden, reicht in das 19. Jahrhundert zurück. Der Bahnhof spielte dabei eine besondere Rolle. Gut 800 Meter vor den Toren der Stadt gelegen, wurde er ab 1847 Ausgangspunkt für eine moderne städtische Entwicklung. Zeugnis dafür ist der Packhof, der durch die Verleihung des Entrepo-Rechtes (zollfreie Niederlage) entstand. Um 1850 errichtet, ist er eine der letzten in ihrer ursprünglichen Gestalt erhaltenen Anlagen dieser Art in Deutschland.

Ende des 19. Jahrhunderts entstanden an der Einmündung der ehemaligen Packhofstraße (heute Berliner Straße) in die Bahnhofstraße prächtige Hotelbauten in großstädtischer Manier. Eines der vornehmsten Hotels der Stadt, der „Hohenzollernhof“, öffnete wohl in den späten achtziger Jahren seine Pforten. In unmittelbarer Nachbarschaft entstand im Jahre 1891 das Hotel „Monopol“, nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Namen „Deutsches Haus“ und „Völkerfreundschaft“ geführt.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der „Hohenzollernhof“ Verwaltungssitz des Gaus X im Reichsarbeitsdienst. Am Ende des 2. Weltkrieges kam das Haus in den Besitz der Stadt. Während andere Hotels weiterbetrieben wurden, hatte im ehemaligen „Hohenzollernhof“ die Polizeidirektion ihr Domizil. Die Ereignisse des Jahres 1953 veranlassten die SED-Kreisleitung, ihren Sitz im Ständehaus aufzugeben und in den „Hohenzollernhof“ zu verlegen. Ab 1990 nutzte zunächst das Arbeitsamt das Gebäude, bis 1993 Ämter der Stadtverwaltung hier einzogen.

Seit der Fertigstellung des neuen Verwaltungssitzes Mitte der 1990-er Jahre in der Jägerkaserne blieb das Gebäude dann ungenutzt. Das benachbarte Hotel "Völkerfreundschaft“ war seit längerem aufgegeben und der Packhof hatte nach 1990 noch einmal kurzzeitig mit einem Möbelhandel neues Leben in seinen Mauern erlebt.


Kommentar

Ob das neue Landratsamt an der Görlitzer Bahnhofstraße wirtschaftlich die beste Lösung ist, bleibt fraglich. Allerdings muss zu allererst nach den Prioritäten gefragt werden: Setzt man auf Gebäuderhalt und Stadtbelebung, dann ist die Investition in jedem Falle gut - auch wenn zu Lasten der Standorte, von denen die Mitarbeiter abgezogen werden.

Dass sich eine staatliche Institution den kirchlichen Segen geben lässt, könnte ebenfalls zur Diskussion anregen im säkularisierten Staat. Aber was hat die Kirche nicht schon alles gesegnet...

Schönes Wochenende!

Ihr Fritz R. Stänker

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: red | Foto: Landratsamt Görlitz
  • Erstellt am 19.04.2013 - 17:05Uhr | Zuletzt geändert am 10.05.2019 - 11:36Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige