Oberlausitzer erobern sympathisch die sächsische Landeshauptstadt
Görlitz | Dresden, 31. Oktober 2013. Von Gerd M. Münzberg. Ja, für alle zwölf Mitglieder der Gruppe Oberlausitzer Bürger war es ein erhebender Moment, als wir am 27.September 2013 um 11 Uhr im Sächsischen Landtag im Saal 3 mit vier Landtagsabgeordneten sowie einem Referenten der Sächsischen Staatskanzlei zusammengekommen waren. Dieses Zusammentreffen war schließlich das erste Mal, also schon ein historischer Moment für die Oberlausitzer wie für die Landtagsabgeordneten von CDU, SPD, Linken und Grünen aus der Oberlausitz. Die Landtagsabgeordneten waren die Fraktionsvorsitzende Antje Hermenau (Bündnis90/Die Grünen),Thomas Jurk (SPD), der neuer Bundestagsabgeordneter ist, Dr. Stefan Meyer (CDU) und Heiderose Gläß (Linkspartei). Mit dabei war auch Christoph Hennig, Referent in der Sächsischen Staatskanzlei. Das Treffen war auf Initiative des in diesem Jahr neu gegründeten "Bürgerforums Oberlausitz“ zustande gekommen . Beteiligt waren Vertreter des "Kuratoriums Einige Oberlausitz“, des "Oberlausitzer Trachtenpflegevereins“, der "Oberlausitzer Bergleute“ und des "Sorbischen Kulturbundes“ aus Bautzen, Görlitz, Zittau, Weißwasser, Reichenbach/O.L., Niesky und Oppach. Unsere kleinen Geschenke an die Landtagsabgeordneten waren der erste Atlas über die deutsch-polnische Oberlausitz „Städteatlas…“ mit einem Grußwort des Ministerpräsidenten, ein "Eibauer Oberlausitz-Madl-Schwarzbier“ sowie für die Frauen die neuesten Oberlausitz-Broschen der Jungunternehmerinnen von "Knopfsteinpflaster“ aus Reichenbach/O.L.
Oberlausitzer wollen nicht länger "die da hinten“ bleiben
Sehr oft wird von Bürgern unserer Region bei Gesprächen in Vereinen und auf Foren geäußert, dass "die in Dresden sowieso über unsere Köpfe entscheiden". Wir wollen das nicht länger so stehen lassen und uns aktiv dafür einsetzen, dass die Oberlausitz mehr Gewicht in der sächsischen Politik erhält. Das war der Hauptgrund für unsere Fahrt in die sächsische Landeshauptstadt - neben den zu übergebenden besonderen Einladungen.
Bescheidenheit hat keine Lobby
Die Oberlausitzer sind traditionell ein bescheidenes, jedoch fleißiges Volk, das viele Köpfe hervorgebracht hat, die über die Grenzen der Heimat hinweg sehr erfolgreich geworden sind. Die überlieferte Mundart "Willst de woaas warn, doarfst de ne mahrn“ ist sinnbildlich für den Fleiß der Oberlausitzer seit vielen Generationen.
Außer unserem Ministerpräsidenten seien als bedeutende Oberlausitzer beispielsweise Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, langjähriger Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, oder die Dresdener Oberbürgermeisterin Helma Orosz genannt. Es gibt Nobelpreisträger und erfolgreiche Unternehmer wie Prof. Dr. Stöcker, der jetzt in das deutschlandweit einmalige Jugendstil-Kaufhaus in Görlitz, in das künftige "Kaufhaus der Oberlausitz“, investiert.
Ebenso kennzeichnet die Oberlausitzer ihre besonders ausgeprägte tiefe Heimatliebe. Das wird gerade jetzt, über 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution, zunehmend deutlich, da viele, die nach 1990 wegen der Arbeit ihre Heimat verlassen haben, jetzt, älter geworden, in ihre Oberlausitz zurück wollen.
Das ist auch ein Grund dafür, dass sich in diesem Jahr die Gruppen des sozialen Netzwerkes facebook sprunghaft vergrößert haben und täglich neue Mitglieder hinzukommen. Zurzeit haben die fünf wesentlichen Oberlausitzer facebook-Gruppen bereits über 3.400 Mitglieder. In der neuesten Gruppe "Oberlausitzer in der ganzen Welt“ haben sich bereits 195 Oberlausitzer angemeldet, die auf vier Kontinenten der Erde wohnen und sehr interessiert sind zu erfahren, was in der Heimat passiert.
Die Bescheidenheit der Oberlausitzer ist anerkannt und lobenswert, jedoch wird man besonders in der heutigen Gesellschaft der zunehmenden Diktatur des Geldes damit nicht ernst genommen. Ohne starke politische Kräfte für die Oberlausitz werden soziale Errungenschaften weiter eingeschränkt. Besonders gilt das für weitere Beschneidungen im Kulturraum der Oberlausitz. Drei hervorragende Theater und fünf sehr gute Tierparks zu haben ist im Vergleich mit anderen deutschen Regionen ziemlich einmalig. Das wollen wir uns doch nicht wegnehmen lassen, nur weil andere noch nicht so weit sind.
Politisch wurde die Oberlausitz als jahrhundertealte gewachsene Region nicht selten tot gesagt. Wirtschaftlich wurde die Region von so genannten Experten von außen schon öfter abgeschrieben. Manche Medien suggerieren in den letzten Jahren in ihren Überschriften eine "Lausitz“, die es politisch-historisch noch nie gab. Richtig ist vielmehr, dass es etwa seit dem 15. Jahrhundert mit der Herausbildung der Oberlausitz nicht mehr die Lausitz, die zur Niederlausitz wurde, gab. Vielmehr gab es danach bis heute zwei „Lausitzen“.
Auch die für die Oberlausitzer schmerzliche Teilung auf dem Wiener Kongress 1815 in eine Sächsische und eine Preußische Oberlausitz, die bis 1945 dauerte (aber es blieb immer "die Oberlausitz"), wird seit 1990 bis heute von Einigen verfälscht dargestellt, als gäbe es die Oberlausitz und daneben ein deutsches Niederschlesien. Niederschlesien liegt heute in Polen und heißt Dolny Slask. Die Hauptstadt dieses polnischen Landes ist Wrocław (Breslau).
Die polnische Stadt Luban (Lauban), die seit 1346 zum Sechsstädtebund gehört, bezeichnet sich selbst offiziell als "Hauptstadt des polnischen Teiles der Oberlausitz“. Auch über die Verankerung Niederschlesiens in der Sächsischen Verfassung von 1990 und die Nichterwähnung der Oberlausitz wurde diskutiert.
Zu all diesen Schwerpunkten haben sich die Oberlausitzer Bürger bei ihrem Besuch im Sächsischen Landtag mit den Landtagsabgeordneten der vier demokratischen Parteien unterhalten und darüber Einigkeit erzielt, dass man dazu weiter im Gespräch bleiben will, u.a. bei künftigen jährlichen ähnlichen Treffen zwischen Oberlausitzer Bürgervertretern und Landtags- sowie Bundestagsabgeordneten aus der Oberlausitz. Von den Oberlausitzern wurde ein "8-Punkte-Vorschlag“ an die Abgeordneten übergeben, u.a. mit dem Vorschlag zur Bildung einer "Abgeordnetengruppe Oberlausitz“.
Landtagsabgeordnete sagen Unterstützung zu
Bei einzelnen Schwerpunkten, wie beispielsweise der besseren Vermittlung der Geschichte und Traditionen der Heimatregion Oberlausitz bereits in den Schulen wollen die Abgeordneten direkt Unterstützung geben.
Das Gleiche gilt bei der Vorbereitung des ersten "Tages der Oberlausitz“ am 21. August 2014. Dieser Gedenktag und Tag der Beschäftigung mit dem Thema Oberlausitz war auf Anregung des "Kuratoriums Einige Oberlausitz“ und des "Bürgerforums Oberlausitz“ am 30. Juni 2013 durch die Oberlausitzer Landräte verkündet worden.
Der "Tag der Oberlausitz“ wird im gesamten Gebiet der deutsch-polnisch-sorbischen Oberlausitz vorbereitet. Das ist möglich geworden aufgrund der positiven Entwicklungen beim Zusammenwachsen in Europa, was gleichzeitig die Besinnung auf die heimatlichen Wurzeln erforderlich macht. Im Gebiet der gesamten dreisprachigen Oberlausitz wohnen derzeit immerhin rund 750.000 Menschen.
Einladungen an die höchsten Repräsentanten Sachsens
Beim Treffen mit den Oberlausitzer Bürgern im Sächsischen Landtag haben diese an den Referenten der Sächsischen Staatskanzlei, Herrn Christoph Hennig, Einladungen für den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und den Landtagspräsidenten Dr. Matthias Rößler zum "Tag der Oberlausitz" übergeben.
Spaziergang durch Dresden
Vor ihrem Besuch im MDR-Landesfunkhaus spazierten die Oberlausitzer in ihren traditionellen Trachten und im neuen Oberlausitz-Kostüm mit dem Namen "Oberlausitz-Madl“ bei sonnigem Wetter vom Landtag zur Frauenkirche. Auf dem Weg trafen wir auch noch den Landtagspräsidenten Dr. Matthias Rößler. Man sagt ja, es gibt keine Zufälle…
Vor der Frauenkirche begrüßte uns die Künstlerin Petra Hoffmann, in Dresden bekannt als das "Sachsenkind Friedlinde“, symbolisch für alle Dresdener. Die Begegnung war sehr herzlich, natürlich haben wir sie auch für den 21. August 2014 eingeladen. Mit unseren farbigen Trachten und Kostümen waren wir nebenbei ein häufiges Fotomotiv für die vielen Touristen. Unsere mitgebrachten Flyer dienten dabei zur Aufklärung, wer wir sind und woher wir kommen.
Bei einer Führung durch das MDR-Landesfunkhaus Sachsen hatten wir nette Begegnungen mit bekannten Fernseh- und Radiomitarbeitern des MDR, u.a. ganz herzlich mit Susanne Langhans, Wettermoderatorin des MDR-Sachsenspiegels. Wir bedankten uns beim MDR für das tägliche Radioprogramm, wo die Oberlausitz seit diesem Jahr sehr oft vorkommt. In Gesprächen wurde deutlich, dass es noch manche Informationslücken über die Oberlausitz gibt, die immerhin die größte Region Sachsens und im Vergleich zweieinhalb Mal so groß ist wie das Saarland als Bundesland.
Ich meine, wir haben einen guten Eindruck als Oberlausitzer in Dresden hinterlassen. Zum Glück hatten wir mit Karl-Heinz Riedel einen guten Fotografen aus Niesky mit, der mit seinen Fotos den Bericht illustriert hat.
Nicht zu vergessen: Unser Unikat der ersten "Oberlausitz-Tag-Flagge“ kam überall richtig gut an.
Erfahren Sie mehr im Görlitzer Anzeiger!
3. Juli 2013: 21. August wird "Tag der Oberlausitz"
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- Quelle: Gerd M. Münzberg | Fotos: Karl-Heinz Riedel
- Erstellt am 31.10.2013 - 00:16Uhr | Zuletzt geändert am 31.10.2013 - 01:27Uhr
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