Peinliche Kakophonie überschattet Aufenthalt Wiesbadener Gäste

Görlitz-Zgorzelec. Eine lokale Tageszeitung vermeldet wenig Gutes über den Besuch des Wiesbadener Oberbürgermeisters Dr. Helmut Müller und des Stadtverordnetenvorstehers der Partnerstadt Wolfgang Nickel. Wurden hier Fakten geschickt so aufbereitet, das für die Öffentlichkeit ein Zerrbild über die Gastfreundschaft von Görlitz entsteht? Die Methode, durch Wortwahl Ereignisse und Personen in ein schlechtes Licht zu rücken, erinnert an überwunden geglaubte Zeiten. Fakt ist: Die Wiesbadener Gäste haben sich in Görlitz sehr wohlgefühlt und waren rundum gut betreut. Sie empfanden den Aufenthalt als sehr entspannt und angenehm. Görlitz war diesmal wie auch bei anderen Gelegenheiten ein guter Gastgeber.

Anzeige

Auch die Sekt-und-Schnittchen-Fraktion sollte Sparbemühungen anerkennen

Wenig entspannt scheint allerdings das Verhältnis der Ortstagespresse zur ihrer Stadt. Sie wirft eine Feier "hinter verschlossenen Türen" vor. Wie aus der Stadtverwaltung zu erfahren ist, war das Besuchsprogramm der örtlichen Presse vorab rechtzeitig bekannt. Zur Eintragung ins Goldene Buch der Stadt sowie zur Stadtführung seien sogar gesonderte Einladungen an die Vertreter der Medien ergangen - die die Gelegenheiten zu einem persönlichen Zusammentreffen mit dem Wiesbadener Stadtoberhaupt und dem Stadtverordnetenvorsteher ungenutzt ließen.

Nun mag die betreffende Ortsredaktion die journalistische Freiheit auslegen, wie sie will, jedoch hat der von den Görlitzern hochgeschätzte Besuch aus Wiesbaden diese Art und Weise der Berichterstattung nicht verdient.

Weniger sparen - mehr Spaß?

Offenbar erwarteten auch einige Stadträte aus den Reihen von CDU, Bürgern für Görlitz und den Linken einen höheren Spaßfaktor in Form von Sekt und Schnittchen. Davon abgesehen, ob Sekt tatsächlich an einem heißen Sommertag das Getränk der Wahl ist, sollte man zumindest zu Kenntnis nehmen, dass sich die Stadtspitze beim Sparen, auch wenn es eher um symbolische Beträge geht, nicht ausnimmt. Wie wäre wohl die Berichterstattung ausgefallen, wenn der Empfang pompöser gestaltet worden wäre? Die aktuelle Kritik klingt allzusehr nach Jammern auf hohem Niveau.

Dass das 20jährige Jubiläum dieser deutsch-deutschen Städtepartnerschaft nicht mit einem zusätzlichen Bürgerfest, wie ursprünglich angedacht, gefeiert wurde, liegt doch auf der Hand: Der Besuchstag fiel auf den Erlebnistag am Berzdorfer See. Weitere Veranstaltungen wie das Sommertheater hätten ebenfalls mit einem Extra-Fest kollidiert. Und so richtig interessierte sich ja eh niemand für ein Fest zur Städtepartnerschaft: Auf den im Februar 2010 von der Stadtverwaltung veröffentlichten Aufruf, sich mit Ideen und Angeboten in die Gestaltung dieses Jubiläums einzubringen, kam kein einziger Vorschlag.
Spürbar zugenommen jedoch hat in diesem Jahr die Zahl der Anfragen von Vereinen an die Stadt auf Unterstützung von Reisen in die Partnerstadt Wiesbaden - was ein viel wichtigerer Indikator für die Wertschätzung der Partnerschaft ist.

Erspartes nicht gleich wieder verprassen

Was nützt ein Überschuss von 750.000 Euro im Vermögenshaushalt, wenn 17 Millionen eingespart werden sollen. Wie will die Sekt-und-Schnittchen-Fraktion den Görlitzern erklären, dass Sie höhere Eintrittspreise ins Neißebad zahlen sollen, wenn die Stadt zugleich oppulente Empfänge ausrichten würde?

Nein, der städtische Haushalt bietet nach wie vor keinen Spielraum, um zusätzliche Ausgaben, beispielsweise für Veranstaltungen, zu tätigen. Eine Entspannung der Lage anzunehmen, nur weil sich gerade mal ein Überschuss andeutet, wäre naiv.

Vielleicht sollten sich einige Stadträte näher mit dem Begriff "Nachhaltigkeitsverantwortung" befassen - Sektkonsum hat damit jedenfalls nichts zu tun,

meint Ihr Fritz R. Stänker

Kommentare Lesermeinungen (5)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Prioritäten verschieben sich?

Von Ko.bold am 09.07.2010 - 15:23Uhr
Wird das Ganze nicht etwas zu hoch gehandelt?

Vielleicht ist es etwas ruhiger zugegangen beim diesmaligen Besuch des Wiesbadener Oberbürgermeisters, aber warum soll auch oder muss alles mit großem Pomborium geschehen?


Hallo Ko.bold,

bitte melden Sie sich bei uns per eMail unter redaktion(at)egional-magazin.de (at)=@ - danke!

Kakophonie übersch...

Von D. Schiener am 07.07.2010 - 13:58Uhr
Sehr geehrter Herr Stänker,

das eigentlich peinliche bei genannter Veranstaltung waren wohl nicht fehlender Sekt usw., sondern das Fehlen der Mehrheit des Stadtrates, von 38 Stadträten waren gerade mal 12 anwesend.

Dass es dennoch eine gelungene Veranstaltung wurde, ist der Stadtverwaltung zu danken.

Übrigens hat die Stadt Hainichen ihre geplante Festveranstaltung zur 825-Jahr-Feier (mit Ministerpräsident Tillich) aus Sparsamkeitsgründen abgesagt.

Hunger macht böse

Von Rolf Domke am 06.07.2010 - 16:23Uhr
Da haben sich wohl die Beschwerdeführer auf "endlich mal wieder eine warme Mahlzeit" gefreut und lecker perlendes Getränk, doch groß war die Enttäuschung. Wer hat schon an so warmen Tagen und über längere Zeit ein Pausenbrot in der Hosentasche. Feinschmecker nicht.

Ich weiß, diese Darstellung um die ausgebliebenen Mahlzeit ist falsch, genauso falsch wie der entsprechende Artikel in der örtlichen Presse. Ich habe nur vernommen, dass die Gäste, also die wichtigen aus Wiesbaden, sich wohlgefühlt haben. Gut so.

Vorbildfunktion

Von Hermann Schwiebert am 06.07.2010 - 11:29Uhr
Lieber Herr Seifert,

nun muss ich mich doch einmischen. Natürlich kosten etwas Sekt und ein paar Schnittchen nur Peanuts. Peanuts, die aber der Steuerzahler aufbringen muss. Und wenn der Haushalt von einem Glas Begrüßungssekt zwar nicht aus den Fugen gerät, hinterlässt es doch den Eindruck: Wasser predigen aber Wein trinken.

Nein, ich denke, die Verwaltung ist in der Pflicht - nicht nur die Görlitzer wohlgemerkt - mit den Steuergeldern der Bürger sorgsam umzugehen, mit JEDEM Cent. Der eine Bürger kann sein Freibad nicht mehr bezahlen, dafür trinken die Volksvertreter Sekt! Nein, nein und nochmals nein.

Wenn Sie polarisieren, Anstand und Würde würden durch eine nicht servierte Schnitte verletzt werden, nun, niemand wird etwas dagegen haben, wenn jeder der Anwesenden einen Gast auf persönlicher Rechnung eingeladen hätte. Das hätte doch einen schönen Eindruck bei unseren Bürgern hinterlassen, das wäre eine vorbildliche Geste gewesen.

In diesem Sinne,
freundliche Grüße

Hermann Schwiebert

http://www.hermann-schwiebert.de/goerlitz

Ungenutzte Möglichkeiten

Von René Seifert am 05.07.2010 - 21:34Uhr
Lieber Herr Stänker,

wenn Sie neben dem Sparen den heißen Sommertag als „Ausrede“ für einen Sektempfang aufführen, dann könnte man auch ironisch fragen: Was soll dann ein Sektempfang bei einem Sportlerball?

Nein, dies ist eine Anfrage des Anstandes und der Würde gegenüber unserer Partnerstadt, die soviel für Görlitz getan hat. Und bitte tun wir doch nicht so, als ob für ein paar Flaschen Sekt und ein paar Schnittchen gleich der Haushalt aus den Fugen gerät.

Warum haben wir nicht zum Beispiel den Empfang von unserer Wirtschaftsförderung sponsern lassen, wie andere Städte ihren Neujahrsempfang? Man hätte zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Görlitz ordentlich präsentiert und die Möglichkeit zum Intensivieren alter und Knüpfen neuer Kontakte gehabt, ohne dass jemand der Wirtschaftsförderung vorwerfen muss, gegen íhren Geschäftszweck verstoßen zu haben.

Und vielleicht hätten Sie dann, lieber Herr Stänker, in einem Ihrer nächsten Berichte nicht nur von Vereinsanfragen, sondern auch einmal von Anfragen aus der hessischen Wirtschaft berichten können.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: Fritz Rudolph Stänker
  • Erstellt am 02.07.2010 - 08:00Uhr | Zuletzt geändert am 02.07.2010 - 09:11Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige