Später, aber deutlicher Widerstand
Görlitz-Zgorzelec. Jetzt formiert sich der Widerstand Görlitzer Bürgerinnen und Bürger gegen die Stadtratsbeschlüsse zur neomodernen Sanierung der historischen Berliner Straße. Was die Mangelwirtschaft nicht zerstören konnte, soll nun Gedankenlosigkeit oder gar Profilierungssucht geopfert werden: Das weitestgehend erhaltene Bauensemble der wichtigsten Görlitzer Einkaufsstraße.
Die Interessengemeinschaft Historisches Görlitz, eine Vereinigung von Görlitzer Vereinen, Görlitzer Bürgern und Bürgerinnen, sieht nach den im Görlitzer Stadtrat gefassten Beschlüssen die Gefahr für die einzigartig erhaltene Görlitzer Innenstadt, ihr unverwechselbares Äußeres zu verlieren. Für viele Görlitzer und bei den Förderern der Stadt steht Görlitz als Beispiel für einen behutsamen Umgang mit dem reichen Architekturerbe.
Die Pläne für die Umgestaltung der Strasse sind, so die Interessengemeinschaft, ein Schlag ins Gesicht für jeden die Denkmale bewundernden Besucher und für jeden Görlitzer - insbesondere vor dem Hintergrund der Bewerbung von Görlitz um Aufnahme in den Rang einer UNESCO Welterbestätte.
Die Interessengemeinschaft Historisches Görlitz spricht sich im Rahmen der geplanten Baumaßnahme Berliner Strasse für eine einheitliche Gestaltung der Haupteinkaufstrasse von Görlitz mit einer an die Gründerzeit angelehnten Gestaltung der Straßenbeleuchtung und des historischen Bildes der Strasse aus. Die Aktivisten wollen den Gesamtcharakter der zentralen Innenstadt mit dem für Görlitz so typischen Pflasterbild bewahren und setzen auf Qualität statt Beliebigkeit.
Offener Brief an die Stadträte
In einem offenen Brief hat sich die Interessengemeinschaft Historisches Görlitz an die Räte der Stadt gewandt.
Dem Görlitzer Anzeiger liegt das nachstehend im Wortlaut veröffentlichte Schreiben in Kopie vor:
UMBAU BERLINER STRASSE: ERBE BEWAHREN - KEINEN ZWEITEN MARIENPLATZ!
Sehr geehrter Herren und Damen Stadträte,
die Interessensgemeinschaft Historisches Görlitz, hervorgegangen aus der IG Historische Berliner Straße als eine Vereinigung von Görlitzer Vereinen, Görlitzer Bürgern und Bürgerinnen, sieht nach den im Stadtrat gefassten Beschlüssen Gefahr für die einzigartig erhaltene Görlitzer Innenstadt, ihr unverwechselbares Äußeres zu verlieren. Die Interessensgemeinschaft Historisches Görlitz spricht sich im Rahmen der geplanten Baumaßnahme Berliner Straße für eine einheitliche Gestaltung der Haupteinkaufstraße von Görlitz mit einer der Gründerzeit angelehnten Gestaltung der Straßenbeleuchtung und des historischen Bildes der Straße aus. Görlitz verträgt keinen zweiten Marienplatz mehr!
Görlitz hat mit seiner Gründerzeitinnenstadt ein unverwechselbares Bild und einen prominenten Ruf. Auf starke Kritik stößt daher die Tatsache, dass die in großen Teilen erhaltene Görlitzer Innenstadt mit ihren originalen Gründerzeitfassaden, -Straßen und -Plätzen Stück um Stück ihr unverwechselbares Gesicht verliert und die Berliner Straße nach jetzigen Plänen ihre historische Ausstrahlung nicht mehr zurückbekommen soll. Städte brauchen, um nicht von Mittelmäßigkeit erdrückt zu werden, Räume die ihren Charakter prägen, die Identität zulassen und die mit Emotionen besetzt werden können.
Für viele GörlitzerInnen und bei den Förderern unserer Stadt steht Görlitz bislang als Beispiel für einen behutsamen Umgang mit dem reichen Architekturerbe. Nach Görlitz kommen zunehmend mehr Touristen, weil sie hier eine gewachsene europäische Stadt entdecken wollen. Die Pläne für die erneute Modernisierung der Berliner Straße sind ein Schlag ins Gesicht für jeden Denkmal bewundernden Besucher, für die Görlitzer und GörlitzerInnen, insbesondere vor dem Hintergrund der Bewerbung unserer Stadt als UNESCO-Welterbestätte.
Uns ist wichtig, an dieser Stelle auch Sie als einen Unterstützer unseres Anliegens zu gewinnen, den Gesamtcharakter der zentralen Innenstadt mit dem für Görlitz so typischen Pflasterbild zu bewahren und - wo verloren - wieder herzustellen und das
unverwechselbare Innenstadtbild mit Augenmerk auf Qualität statt Beliebigkeit weiter zu entwickeln. Gute Praxisbeispiele aus anderen Städten zeigen wie sich Gestaltungskonzepte für den öffentlichen Raum mit Hilfe von Bürgerideen für alle Seiten positiv auswirken. Leihen Sie uns Ihre Stimme und sprechen auch Sie sich wie so viele andere für ein Bürgerbegehren aus, das einen behutsamen Umgang mit dem historischen Erbe fordert und eine moderne Überformung von Straßen und Plätzen, die im Übrigen den Wiedererkennungswert unserer Stadt zerstört, ablehnt. Für Fragenstehen wir und die Mitglieder der Interessengemeinschaft Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Andreas Vogel
gez. Daniel Breutmann
gez. Bernd Schliebitz
gez. Joachim Kepstein
Sprecherrat IG Historisches Görlitz
Die Interessengemeinschaft Historisches Görlitz ist eine Vereinigung von Görlitzer Bürgern und Bürgerinnen, unterstützt durch Stadtforum Görlitz e.V., goerlitz21 e.V., Haus und Grund Görlitz und Umgebung e.V., IG Denkmalpflege und den Stammtisch der Stadtführer im Aktionskreis Görlitz.
Kommentar:
Möge die Initiative Gehör finden! Mögen die Totschlag-Argumente von abgelaufenen Fristen und "ist nun mal so" denen im Hals stecken bleiben, die sie verkünden wollen.
Mag das Anliegen der Initiative auch radikal erscheinen, so steht doch fest: Görlitz lebt vom weitestgehend unverletzten Antlitz der Stadt - womit will diese Stadt denn sonst noch wuchern?
Görlitz verkraftet das gediegene und bereichernde architektonische Experiment wie den Eingang zum heiligen Grab oder - die Initiative möge mir verzeihen - den dezenten Marienplatz. Das ist jedoch kein Freischein dafür, auf der Berliner Straße die Missgriffe des Siebziger-Jahre-Stils, als man es noch nicht besser wusste, zu neuen unpassenden Zeitstempeln umzubauen.
Görlitz schöpft seine Kraft aus der Geschichte!
In Solidarität,
Ihr Fritz R. Stänker
Berliner Straße
Von DT am 21.05.2010 - 08:43Uhr
Liebe Stadt Görlitz,
schön, dass Sie dort investieren wollen. Aber bitte respektieren Sie die historische Kulisse von Görlitz - wir brauchen nicht ultra-modernes wie in Berlin - das passt hier einfach nicht hin.
Was in der Görlitzer Gründerzeit allerdings fehlt sind (viel) mehr Bäume und anderes Grün.
Mir fällt leider immer wieder auf, dass selbst sehr breite Straßen in Görlitz baumlos sind. Trotz der schönen Gebäede wirkt das nach einer Weile wie eine Steinwüste. In der Altstadt hat man ja wenigsten die krummen Winkel fürs Auge - aber in der Gründerzeit nur ewig lange baumlose Straßen.
Also mein Vorschlag: dezent altmodisch und das eingesparte Geld für Grün ausgeben.
MfG,
DT
Geschichtsträchtig oder ohnmächtig ?
Von Ko.bold am 11.03.2010 - 18:56Uhr
Wie wahr, Du edler Stänkerfritz, denn dieses Greuel ist kein Witz.
Man kann es nicht mehr mit anschauen, was die "weisen" Herren da wollen bauen. In verbundener Solidarität - Ko.bold
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- Quelle: red | Fritz Rudolph Stänker | Foto: BeierMedia.de | Erstveröffentlichung am 28.02.2010 - 23:26 Uhr
- Erstellt am 28.02.2010 - 22:51Uhr | Zuletzt geändert am 01.03.2010 - 08:34Uhr
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