Eine Kolumne aus Zittauer Studentenfeder

Eichstätt | Zittau. Romy Ebert aus Zittau studiert im zweiten Semester Journalistik an der Katholischen Universität (KU) Eichstätt. In Ihrer heutigen Kolumne widmet sie sich dem Thema „Pa(u)ck-Esel und Partymaus“. Dabei sinniert sie über das Studentendilemma der freien Wahl - zwischen Prüfungsstress und Abschlussfeiern.

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Bachelor, Bischof, Bar - Alltägliches aus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt

Für untrainierte Menschen ist er einfach sehr schmerzhaft - für Studenten eher ermüdend: Der Spagat. Dabei sind die meisten Studenten keineswegs besonders sportlich. Fast immer sind sie ebenso wenig Profi-Seiltänzer auf der oft ungeraden Lebensschnur wie Akrobaten. Allerdings ist der Spagat nicht mehr so schmerzlich, wenn man sich „nur“ zwischen Ehrgeiz und Strebertum sowie Freunde, Freude und lauter Musik entscheiden muss. Das macht nur müde. Denn der Student von heute ist schlau. Er kombiniert scharfsinnig und schließt aus seinen reichen Überlegungen: Warum kombiniere ich nicht auch diese beiden Freizeitaktivitäten? Am nächsten Morgen oder sagen wir besser Mittag weiß er dann, was er in seinem grandiosen Plan übersehen hat. Dass er mit einem Kater aufwachen wird und dabei feststellen, dass die Bibliothek um diese Uhrzeit bereits wieder geschlossen hat. Um den Modulnoten auf die Sprünge zu helfen, ist das aber auch nicht gerade förderlich.

Dabei scheinen die Prüfungen momentan in aller Munde. Würde man sehr aufmerksam den Worten der Kommilitonen lauschen, könnte man sicherlich innerhalb weniger Tage einen vielfältigen Katalog mit „Studentensprüchen“ füllen. Kleine Kostprobe? „Eigentlich wollte ich ja heute ganz, ganz fleißig sein und endlich mit dem Lernen anfangen (circa drei Tage vor einer sehr voluminösen Klausur), aber irgendwie ist doch schon wieder nichts geworden!“ oder „Sag mal - kannst du mir mal dein Script aus Politik zukommen lassen. Also wenn möglich jetzt gleich?“.

Dazu kommen noch die vielen kleinen Rundmails unbekannter Phantome, die behaupten, vor langer Zeit eine Vorlesung besucht zu haben und nun genau DIR die Klausurfragen der letzten Jahre schicken. Natürlich sind die Mails mit den liebsten Grüßen und besten Daumendrückern gespickt. Welche Märtyrer! Dann kann das große Lernen ja beginnen. Der Uni-Kaffeeautomat und der Bibliothekskopierer wappnen sich schon für die Konjunkturwelle. Das würden viele andere in Deutschland auch gern behaupten. Darum Zweckoptimismus. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Selbst beim Lernen. Basta! Nur blöd, dass auf dieser Lern-Autobahn (mit Highspeed zum Wissen) oft Baustellen und Umleitungen die Geschwindigkeit drosseln. In diesem Schneckentempo kommt man ja nie ans Ziel. Am Ende verpasst man noch den Anschlusszug für das nächste Modul. Dann bleibt man im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. Oje.

Allerdings gilt beim Pauken wie auf der realen Autobahnumleitung: Manchmal lohnt es sich, vom rechten Weg abzukommen. Was es da nicht alles zu entdecken gibt! Selbst wenn man sich in aufopferungsvoller Zwangsklausur die letzten Wochen von der Gesellschaft ausgeschlossen hatte, war an der KU Eichstätt zumindest eines unverkennbar. Hier ist etwas im Gange. Eine große Bühne thront vor der Sommerresidenz, Bierbänke sind darum drapiert, Dönerstand und Pizzabude haben ihre Stände aufgestellt. Was ist denn da los? Wird etwa das Mensaessen bestreikt? Ein kleiner Tipp älterer Semester stellt klar: Hofgartenfest an der KU ist angesagt. Es ist weit bekannt, dass fast alle Studenten nur ungern Partys ablehnen. Selbst wenn das Wetter dafür sorgt, dass der Partytermin mitten in die Prüfungszeit rutscht. Studenten meistern das. Mit nur einem kleinen Abstrich an den Ehrgeiz. Und einem Spruch mehr: „Ach Mensch, heut Abend ist auch noch dieses Fest. Ich weiß gar nicht, wann ich dazu kommen soll, mein Zeug zu erledigen.“

Schließlich endet so eine Party doch nur im Stress. Da ist das ewige Gedrängel durch Menschenmassen. Dann kennt man an der kleinen KU auch noch jeden zweiten feierwütigen Studenten und wird zu einem lauschigen Plausch in der lauen Sommernacht angehalten. Beinahe unmöglich unter diesen Umständen eine Herde Freunde durch das Partygelände zu treiben - irgendeiner geht immer verloren. Das Feiern wird zum Survival Trip und Abenteuerfilm. Inklusive verwirrender Telefonate á la „Sag mal, wo bist du eigentlich abgeblieben?“ Wäre auch etwas für Winnetou und Old Shatterhand gewesen, die sich garantiert auch ab und an in der Prärie verloren haben. Nur das es in der Prärie wahrscheinlich leiser zugeht als beim Sommerfest der KU und das scheinheilige Telefonat nicht in ein böswilliges Handy-Anbrüllen münden würde. Deswegen landen die beiden Westernhelden beim Action-Potenzial Ranking auch weit abgeschlagen auf Podiumsplatz Nummer 2. Man muss auch verlieren können.

Alles Standardprogramm bisher. Nun, die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt ist aber nicht nur Standard. Denn neben Ärgernissen wie der bisher erfolglosen Präsidentensuche bekommt selbst das Feiern extra Stressfaktoren aufgebrummt. Zum Beispiel die angenehme Coverband, die als Zugabe dem recht jungen Völkchen zu ihren Füßen mit Wolle Petry die „Hölle, Hölle, Hölle“ heiß machen will. Geschmackssache. Genauso, wie wenn Neubayern für das große Feier auf die Suche nach einem billigen, pinken Dirndl gehen – nur um sich endlich mit der Wahlheimat richtig verbunden zu fühlen.

Etwas anderes ist aber, dass die oft verwendete, leicht übertriebene Gleichung Studentenpartys gleich Komasaufpartys hier nicht zwingend aufgeht. Natürlich lauern auch an der KU Bierwagen und mobile Cocktailbars auf ihre Opfer (die meist nicht nur die Geldbeutel sind, sondern am nächsten Morgen auch der verkaterte Student selbst). Denn auch das Anstoßen und der Smalltalk mit den Dozenten ist hier Normalität. Klingt im ersten Moment ganz familiär, richtig. Heißt aber beim Hofgartenfest nur: egal was kommt, Haltung bewahren. Was nicht allen Partygästen blendend gelingt. Immerhin, mein intensiver Weingenuss schien nicht weiter auffällig. Glück gehabt.

Der Kreis schließt sich. Glück am Abend, Pech am Mittag. Oder wann man dann endlich aufsteht, um auf das ewig drehende Kettenkarussell namens „Lernen und arbeiten“ wieder aufzuspringen. Mit einem schönen Dopplungseffekt. In meinem Kopf dreht es nämlich auch! Wäre klasse, wenn die Englischvokabeln und Geschichtsdaten dann auch freiwillig dem Gedanken-Karussell aufsitzen. Es würde nämlich Einiges erleichtern.

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  • Quelle: /Romy Ebert
  • Erstellt am 19.07.2009 - 20:45Uhr | Zuletzt geändert am 19.07.2009 - 21:37Uhr
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