Der Kommunismus in seinem Zeitalter

Cottbus / Chóśebuz, 18. März 2017. 2017 jährt sich die Große Sozialistische Oktoberrevolution zum hundersten Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Menschenrechtszentrum Cottbus eine Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur unter dem Titel "Der Kommunismus in seinem Zeitalter". Die Ausstellung will den Aufstieg und Niedergang der kommunistischen Vision im 20. Jahrhundert beschreiben. Ihre Apologeten waren angetreten, nicht nur die Welt, sondern vor allem die Menschen grundlegend zu verändern. Den kommunistischen Heils- und Zukunftsversprechen folgten rund um den Globus Millionen Anhänger. Zugleich entwickelten sich diese Versprechen in Form des "real existierenden Sozialismus" als Vorstufe des Kommuniusmus zum Albtraum für Abermillionen, die Opfer kommunistischer Gewaltregime wurden und werden. Im Zuchthaus Cottbus, einem der größten politischen Gefängnisse der DDR, saßen Tausende ein, weil das SED-Regime nicht fähig war, auf andere Weise mit Kritik und Widerstand, aber auch nur Überlegungen zu Gesellschaft und Freiheit, umzugehen. Vielfach wurden die Gefangenen erst durch ihre Erlebnisse während der Haft zu echten Kritikern des Sozialismus oder zu Antikommunisten.
Abbildung oben: Eine Zelle im Zuchthaus Cottbus, Einrichtung nachgestellt. Die Einhausung der Toilette in der überbelegten Zelle war schon ein Fortschritt.

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Ausstellungseröffnung im Menschenrechtszentrum Cottbus

In der Tat wurden auch Leute genau wegen ihrer kommunistischen Einstellung, wenn diese der herrschenden Politik und "Linie" widersprach, eingelocht.

So gehörten zu den im Jahr 1982 von Amnesty International (ai) in der "DDR" betreuten Fällen auch zwei inhaftierte Brüder, die Mitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML) waren. Einer von ihnen, der 1981 zu vier Jahren und zehn Monaten Knast verurteilte Medizinstudent Robert B., büßte seine Strafe bis zum April 1986 im Zuchthaus Cottbus ab. Fast logisch, dass er als Kommunist unter den zumeist antikommunistisch eingestellten Häftlingen kaum Anschluss fand. "Widersinnigerweise verbot man dem Ost-Berliner, im Zuchthaus die Bücher von Marx und Lenin zu lesen", erläutert die geschäftsführende Vorsitzende des Menschenrechtszentrums Sylvia Wähling. "Sein Bruder Andreas war ebenfalls wegen 'staatsfeindlicher Hetze' zu acht Jahren Haft in Brandenburg-Görden verurteilt worden. In der Operativen Personenkontrolle 'Igel' standen die Brüder sogar während der Haftzeit unter Beobachtung der Stasi. Diese befürchtete, sie könnten 'durch ihre negative Haltung andere Strafgefangene beeinflussen', ist in den Stasiakten zu lesen", so Wähling weiter.

Die vom Frankfurter Historiker und Publizisten Dr. Gerd Koenen zusammengestellte neue Ausstellung zeigt auf 25 Tafeln mehr als 200 zeithistorische Fotos und Dokumente.

Zur Ausstellungseröffnung sind der Historiker und Ausstellungsmacher Dr. Ulrich Mählert, Leiter des Arbeitsbereichs Wissenschaft und Internationale Zusammenarbeit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, sowie der ehemalige Cottbuser politische Häftling Siegmar Faust ("Ich kam als Jungmarxist ins Gefängnis!") mit Kurzvorträgen dabei und stehen für Gespräche zur Verfügung.

Der Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. wurde 2007 von ehemaligen politischen Gefangenen des Zuchthauses gegründet, die auf diesem Wege ihren eigenen Knast kauften und mit der Dauerausstellung "Karierte Wolken" zu einer auf die Zukunft ausgerichteten Gedenkstätte machten, die sich auch der Bildung und Forschung verschrieben hat.

Hingehen!
Ausstellung von Mittwoch, 22. März, bis Sonntag, 7. Mai 2017,
Eröffnungsveranstaltung am 22. März 2017 um 18 Uhr,
Foyer der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus, Bautzener Straße 140, 03050 Cottbus.
Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

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Menschenrechtszentrum Cottbus

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  • Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 17.03.2017 - 11:21Uhr | Zuletzt geändert am 18.03.2017 - 03:30Uhr
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