Menschenrechtszentrum Cottbus erweitert Ausstellung

Cottbus / Chosebuz, 18. Juni 2014. Dieter Dombrowski sitzt, in den 70er Jahren im Zuchthaus Cottbus wegen Republikflucht und staatsfeindlicher Verbindungsaufnahme, heute im Landtag Brandenburg als Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion. Gestern war er, der auch Vorsitzender des Menschenrechtszentrums Cottbus e.V. ist, noch einmal in seine ehemalige Zelle gekommen - um sie im Zuge einer kleinen Eröffnungsfeier der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Zelle war in den letzten Monaten rekonstruiert worden, um die Lebensumstände und vor allem die Enge im überbelegten Zuchthaus darzustellen. Geschaffen haben die 28 Häftlings- und zwei Wärterfiguren die Künstler Jörg Beier (li.), Schwarzenberg, und Gino Kuhn, Berlin.

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Winston Churchill: Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit ihren Gefangenen umgeht.

TEB. Dombrowski reflektierte auf die Zustände im Zuchthaus Cottbus, in dem politische Gefangene mit Haftstrafen meist bis zu viereinhalb Jahren einsaßen. Die schlimmsten Wärter seien, wenn auch eher zu geringen Strafen, verurteilt worden.

Auf die zwei vielleicht am bekanntesten gewordenen gewalttätigen Gefängniswärter (im DDR-Sprech "Erzieher" genannt) in Cottbus, "Roter Terror" und "Arafat", spielen die beiden Wärterfiguren an. "Man kann das aber nicht verallgemeinern", sagt Beier, der auch Wärter erlebt hat, die sich anständig verhalten oder mal eine Zigarette zugesteckt haben.

Bei der Einrichtung einzelner Räume in der heutigen Ausstellung haben einzelne Wärter sogar mitgewirkt, um einen möglichst authentischen Eindruck zu vermitteln. Honeckers Foto, das einst alle Amtsstuben zierte, wurde wieder abgenommen: So etwas gab es im Cottbusser Knast nicht.

Die Diffenrenzierung im Umgang mit ihrer Haftzeit zeigt sich auch in einer kleinen Runde mit früheren Cottbus-Gefangenen nach der Eröffnung: Die Zustände im Zuchthaus Cottbus waren in den Jahrzehnten der DDR durchaus unterschiedlich. Bedauert wurde nur, dass so wenige SED-Kader und Stasispitzel, die heute wieder Wahlfunktionen bekleiden und in Verwaltungen sitzen, die Kraft aufgebracht haben, sich mit ihrer Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen: "Die tun heute so, als wären sie schon immer die Guten gewesen."

Das ist einer der Ansatzpunkte für das Menschenrechtszentrum Cottbus, das sich mit seiner Geschäftsführerin und Stellvertretenden Vorsitzenden Sylvia Wähling, maßgeblich unterstützt von den ehemaligen Gefangenen Siegmar Faust und Gino Kuhn, stark der Jugendarbeit widmet.

Erfahren Sie mehr über das Zuchthaus Cottbus im Görlitzer Anzeiger!
16. Juni 2014: Zuchthaus Cottbus stellt Zellenszene nach

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Hoffentliches Ende für die Ewiggestrigen

Von Lisa am 19.06.2014 - 11:56Uhr
Ich begrüße und unterstütze es sehr, dass ehemalige Gefängnisinsassen des Zuchthauses Cottbus ihren "Knast" gekauft haben und ihn in das Menschenrechtszentrum mit seinen Zielen umgewandelt haben.

Als ich nach dem Konzert am 5. September 2012 Bekannten von diesem Erlebnis erzählte, hörte ich zu meiner großen Bestürzung von einer großen Anzahl von Bewohnern aus Cottbus und Umgebung ausschließlich abweisende und geringsschätzige Einwände: "Das stimmt doch alles gar nicht, was Sie da erzählen! Und das können Sie ja auch garnicht wissen und beurteilen! In Cottbus war nur ein kleines Gefängnis und da saßen nur ein paar Kleinkriminelle drin. Das haben wir doch alles selbst mitbekommen! Und deshalb wurde das Gefängnis ja auch Anfang der 90er Jahre geschlossen."

Solchen Leuten wird mit diesen Veranstaltungen hoffentlich ihre beschönigenden Argumentationsgrundlagen entzogen.

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  • Quelle: TEB | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 18.06.2014 - 08:26Uhr | Zuletzt geändert am 20.07.2014 - 08:51Uhr
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