Unternehmermeinungen - eine Befragung in Görlitz

Görlitz. Herr, schmeiß Hirn vom Himmel, möcht´ man rufen, und triff die Richtigen! Der Görlitzer Anzeiger veröffentlicht die „Ergebnisse der Unternehmensbefragung 2011 Görlitzer Unternehmen zu wirtschaftlichen Standortbedingungen“, wie sich das Ergebnispapier nennt. Allerdings nicht, ohne sich Gedanken dazu zu machen.

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Fritz Rudolph Stänker meint: Wirkungsvoll ist anders

Wow, der wirklich große Coup war das nicht: 4.000 Unternehmen wurden angeschrieben - und satte 200 davon haben geantwortet, also glatte fünf Prozent. Repräsentativ kann man das nicht nennen, zumal die Auswahlkriterien der Stichprobe im Dunkeln liegen.

Da erscheint es herbeigeholt, wenn aus den Befragungsergebnissen von lediglich fünf (!) Prozent der Görlitzer Unternehmen ein entschlossen klingender „Sieben-Punkte-Forderungskatalog“ aufgestellt wird. Als seriös bekannte Einrichtungen wie die IHK Dresden, die Kreishandwerkerschaft Görlitz und die Handwerkskammer Dresden erscheinen auf den Titelblatt der zum Download bereitgestellten Informationen. Der Kommentator des Görlitzer Anzeiger wundert sich...

Zunächst erscheint die Methodik der Befragung reichlich naiv. Eine Abfrage nach „Bedeutung“ und „Zufriedenheit“ mit alternativen Smileys sowie nach der Entwicklung der letzten fünf Jahre mit einer dreistufigen Abstufung zeugt von profunder Unkenntnis der Befragungsmethodiken.

Stellenweise ließt sich die Befragung wie ein Auszug aus „Wünsch Dir was!“ - und entsprechend fallen die Antworten aus. Logisch, dass fast jeder Unternehmer eine unternehmensfreundliche Verwaltung bejaht und kommunale Steuern und Abgaben als unangemessen empfindet. Muss man tatsächlich Geld ausgeben, um danach zu befragen?

Die derzeitige Situation der Görlitzer Stadthalle beurteilen 60,5 Prozent der Befragten als „wichtig“ - selbstverständlich, doch welche Auswirkungen der Betrieb der Stadthalle auf ihre Unternehmenssituation hat, danach wurde nicht gefragt.

Die Befragung hat die Görlitzer Unternehmerschaft zu einem Selbstzeugnis verleitet, das wissenschaftlichen Ansprüchen kaum genügen dürfte. Vielmehr ist ein durch Fragestellungen vorgegebenes Meinungsbild - und nichts anderes - aus dem Blickwinkel der Görlitzer Unternehmerschaft entstanden.

Wer beispielsweise das „Erscheinungsbild des öffentlichen Raumes“ in Görlitz kritisiert muss sich fragen lassen, ob er noch nie eine Methadon-Abgabestelle für Heroin-Süchtige in Frankfurt am Main gesehen hat. Wissen die Görlitzer, wie glücklich sie sind?

Es ist zu fragen, weshalb mit der Analyse kein renommiertes neutrales Meinungsforschungsinstitut beauftragt wurde. Dabei geht es nicht nur um die Methodik der Befragung, sondern auch darum, die richtigen Fragen zu stellen. Sind etwa Industrie- und Handelskammer, Kreishandwerkerschaft und Handwerkskammer als Vertreter ihrer Mitgliedsunternehmen eher ein Teil des Problems als ein Teil der Lösung?

Angesichts der unklaren Stichprobe und der geringen Resonanz erweist sich die Befragung als Flop ohne nennenswerte Relevanz. Die Verantwortlichen müssen sich fragen lassen, ob sie tatsächlich die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen vertreten, wenn sich 95 Prozent von denen erst gar nicht beteiligen - der Ansatz am wirkungsvollsten Punkt sieht anders aus.

Zu Gute halten muss man, dass die Verantwortlichen der Drang nach Verbesserungen treibt - aber das entschuldigt überhaupt nichts,

meint ihr Fritz R. Stänker


Görlitzer Anzeiger vom 5. Oktober 2011:
Download der Unternehmensbefragung Görlitz 2011 PDF, ca. 1,33 MB

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Unternehmermeinungen

Von Rolf Domke am 07.10.2011 - 14:51Uhr
"Es ist nicht Aufgabe der IHK, nur Machbares zu fordern", klingt mir als Zitat des Chefs der Görlitzer IHK noch in den Ohren.

Sollte er wirklich OB-Kandidat werden?

Ansonsten trifft der Kommentar des Herrn Stänker den Nagel auf den Kopf.

Es beginnt jetzt wieder die Regenzeit. Vielleicht fällt doch ein bißchen Hirn mit runter.

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  • Quelle: Fritz Rudolph Stänker
  • Erstellt am 05.10.2011 - 21:32Uhr | Zuletzt geändert am 06.10.2011 - 06:25Uhr
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