Tür zu?
Berlin. Das Bundeskabinett hat heute auf Vorschlag des Bundesministers für Arbeit und Soziales Franz Müntefering beschlossen, dass die Übergangsbestimmungen für acht Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit vom 1. Mai 2006 an um drei Jahre verlängert werden. Darüber hinaus wird die Freizügigkeit für entsandte Arbeitnehmer beim Bau, der Gebäudereinigung und der Innendekoration bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen ebenfalls bis 2009 beschränkt. Diese Regelungen gelten für die Staatsangehörigen der neuen EU-Mitgliedsländer mit Ausnahme Maltas und Zyperns.
Hilft die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit wirklich?
Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts wird ein weiteres Ziel des Koalitionsvertrages umgesetzt. Wie aus dem Bundesministrium für Arbeit und Soziales zu erfahren ist, müsse angesichts der Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt der Zugang von Beschäftigten aus den neuen EU-Ländern weiterhin gesteuert werden. Deutschland schotte seinen Arbeitsmarkt damit keineswegs gegenüber den neuen Mitgliedsstaaten ab. Entsprechend dem Zuwanderungsgesetz und bilateralen Vereinbarungen sei die kontrollierte und begrenzte Zulassung von Arbeitnehmern zum deutschen Arbeitsmarkt auch zukünftig möglich. Wirtschaftspolitisch soll sich die Inanspruchnahme der Übergangsfristen nicht negativ auswirken; der Handel zwischen Deutschland und den neuen Mitgliedsstaaten habe sich seit deren Beitritt positiv entwickelt.
Die Bundesregierung wird der Europäischen Kommission noch vor dem 1. Mai eine Mitteilung zur Inanspruchnahme der zweiten Phase der Übergangsregelungen übersenden. Deutschland hatte bereits in der ersten, zwei Jahre dauernden Phase vom 1. Mai 2004 bis zum 30. April 2006 die Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Entsendung von Arbeitnehmern in Anspruch genommen.
Nach dem Beitrittsvertrag vom 16. April 2003 können die bisherigen Mitgliedsstaaten gegenüber den Beitrittsländern mit Ausnahme Zyperns und Maltas während einer insgesamt siebenjährigen Frist (2 plus 3 plus 2-Modell) Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit vornehmen. Deutschland und Österreich können darüber hinaus in bestimmten Wirtschaftssektoren die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen beschränken, solange sie die Arbeitnehmerfreizügigkeit einschränken.
Mehr: http://www.bmas.bund.de , Stichwort "Arbeitsmarkt".
Kommentar:
Hilft es dem deutschen Arbeitsmarkt wirklich, wenn er von preiswerten und leistungswilligen Arbeitnehmern verschont wird? Der europäische Arbeitsmarkt wird sich in den nächsten Jahren weiter entwickeln, auch wenn der deutsche eingefroren wird. Und jene westeuropäischen Länder, die bereits heute keinerlei Beschränkungen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit mehr haben, verzeichnen auch die besten Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitlosigkeit.
Viel Übel entsteht aus der starren deutschen Denke, die um "Industrieansiedlung" und "Wertschöpfung" kreist wie um das goldene Kalb, mit dem Ziel, zusätzliche Arbeitsplätze zu gebären. Doch das ist "Gesterndenk" auf dem Stand von 1984.
Sorry, das Industriezeitalter ist für uns vorbei. Nehmen wir es lieber ernst mit der Dienstleistungsgesellschaft, nicht im Sinne von Fußpflege und Hausmeisterdiensten (die werden natürlich alle gebraucht!), sondern vielmehr mit Deutschland als internationalem (im Neusprech: globalisiertem) Dienstleister für die Industrieländer der Zukunft.
Wieso eigentlich der Zukunft?
/Thomas Beier
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- Quelle: /BMAS /tb
- Erstellt am 22.03.2006 - 15:14Uhr | Zuletzt geändert am 24.10.2019 - 17:34Uhr
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