Wohnen in Görlitz – Warum bleiben die Massen fern?

Görlitz, 6. November 2013. Rund 6.000 Wohnungen stehen in Görlitz leer. Immobilienanbieter bieten deshalb eine Vielzahl dieser Wohnungen zu sehr günstigen Konditionen an. Gerade im Internet stehen viele Mietwohnungen und Eigentumswohnungen zur Verfügung. Mit 86 Prozent macht der Anteil der Mietwohnungen dabei den deutlich größten Teil aus. Gegenwärtig liegen die Mietpreise bei durchschnittlich 4,50 Euro bis 5 Euro, besonders die großteils sanierten Altbauten aus der Gründerzeit bieten attraktive Wohnfläche. Doch warum reißen sich potentielle Mieter und Käufer nicht um derartige Schnäppchen?

Anzeige

Wohnen auf Probe

Ursachen dafür gibt es viele. Zunächst sehen besonders Bewohner der am Stadtrand gelegenen Neubausiedlungen Vorurteile gegenüber dem Wohnen in den Gründerzeitquartieren. Hinzu kommt die demographische Entwicklung. Die Bevölkerungszahlen in Görlitz sinken stetig, was auch für den gesamten Landkreis gilt. Statistiken zufolge wird der Landkreis Görlitz im Jahr 2025 nur noch rund 230.000 Einwohner haben; derzeit sind es noch etwa 260.000 Einwohner. Grund dafür sind vor allem sinkende Geburtenzahlen und die Tatsache, dass viele nicht in Görlitz bleiben wollen und die Stadt beispielsweise wegen andernorts besserer beruflicher Chancen verlassen. Damit ist das Hauptübel benannt: Görlitz bietet zwar attraktiven Wohnraum, aber für viele nicht ausreichend berufliche Möglichkeiten.

Bereits 2009 wurde darum die Initiative „Wohnen auf Probe" von der TU Dresden ins Leben gerufen, um mehr Bewohner nach Görlitz, besonders in gründerzeitliche Altbauten, zu locken. Durch das Probewohnen sollte die Hemmschwelle, derartige Wohnungen zu beziehen, gesenkt werden. Langfristig sollte mit Hilfe dieser Initiative die Görlitzer Innenstadt belebt und nachhaltig entwickelt werden. Für das Projekt wurden dauerhaft leerstehende Gründerzeitwohnungen mittleren Standards eingerichtet, sodass Bewohner aus Stadtrandsiedlungen und Umland über eine Woche unverbindlich das Wohnen in der Görlitzer Innenstadt testen konnten.

Gutes Pflaster für junge Familien und Senioren


Besonders für junge Familien und Senioren ist Görlitz aufgrund seiner niedrigen Wohn- und Mietpreise eine attraktive Option, die den Menschen nur bewusster werden muss. Gerade die Tatsache, dass durch die zentrale Lage der Gründerzeit-Bauten viele Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten fußläufig zu erreichen sind, macht sie für Familien und Senioren gleichermaßen geeignet. Auch wenn der Markt für Mietwohnungen größer ist, bietet sich gerade für diese beiden Gruppen auch der Kauf von Wohneigentum an. Natürlich müssen für einen Haus- oder Wohnungskauf viele verschiedene Aspekte beachtet werden, allen voran die Finanzierung. Onlineportale wie Immobilienscout24.de bieten hierfür sogenannte Darlehensrechner, mit denen man den maximalen und individuellen Kaufpreis ermitteln kann. Dadurch bekommt man eine Übersicht, welche Immobilie preislich in Frage kommt, und kann somit die Suche eingrenzen und konkretisieren.

Kommentare Lesermeinungen (6)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Probewohnen

Von R. Olschewski am 27.05.2019 - 12:32Uhr
Guten Tag,

ich Seniorin, möchte in Görlitz Probewohnen, es wurde so viel bei den Mediien berichtete und ich finde keine Möglichkeit.

Ich lebe in der lauten großen Stadt, brauche als Seniorin das nicht mehr. Ich kenne Görlitz nicht, daher mein Wunsch, vier Wochen Probewohnen in der kleinen Stadt.

Was soll ich tun, um meinen Wunsch erfüllt zu bekommen?

Mfg.

Olschewski

Wohnen im Alter in Görlitz

Von Albrecht Hofmann am 30.12.2015 - 16:37Uhr
Ich wohne mit meiner polnischen Frau in der Nähe von Frankfurt am Main. Wenn Gott will und meine Firma auch, habe ich die Möglichkeit, in ca. vier bis fünf Jahren, mit 58, in den Vorruhestand zu gehen.

Mit meiner Frau habe ich in Erwägungen gezogen, in Görlitz eine Wohnung zu kaufen. Der Vorteil läge darin, dass meine Frau aus dem 25 Kilometer entfernten Luban (Polen) kommt, dort ihre Familie hat, wir aber in Deutschland, alleine schon wegen der deutschen Krankenversicherung und -versorgung, bleiben können und uns auch der Arbeitsmangel nicht betrifft.

Zudem ist Görlitz eine sehr schöne Stadt. Da wir unsere Wohnung bei Frankfurt behalten wollen, können wir, soweit die Gesundheit mitspielt, nach Lust und Laune pendeln. Da wir uns noch nicht zum alten Eisen zählen, hoffen wir bis dahin, dass Görlitz uns auch für die Freizeit genug bieten kann.

Gegen den Trend

Von Fuechslein am 18.11.2013 - 16:01Uhr
Entgegen dem Trend sind wir vor einigen Monaten nach Görlitz gezogen. In Dresden gab es keinen bezahlbaren, behindertengerechten Wohnraum, und nachdem wir uns verschiedene mögliche Wohnorte verglichen hatten, entschieden wir uns für Görlitz. Und das hatte mehrere Gründe!

Man kann Görlitz natürlich nicht mit einer Großstadt wie Dresden vergleichen, aber im Vergleich zu anderen kleinen und mittleren Städten hat Görlitz viel zu bieten, aber auch etliche Nachteile!

Von Vorteil sind natürlich die (optisch) wunderschöne Innenstadt mit dem Gründerzeitviertel, der Nikolaivorstadt usw., aber auch die relativ niedrigen Lebenshaltungskosten.

Das größte Problem ist natürlich die Arbeitsplatzsituation in dieser Stadt. Ein weiteres Problem ist (zumindest für uns) die oft fehlende Barrierefreiheit in unserer Stadt. Gerade da hat Görlitz einen großen Nachholebedarf, um die Stadt für ältere Menschen attraktiver zu machen.

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb hier immer noch die alten Tatra-Bahnen unterwegs sind, deren letzte "Modernisierung" nun auch schon fast 20 Jahre her ist, es ist nicht nachvollziehbar, weshalb viele Gehwege in einem dermaßen schlechten Zustand sind, dass sie für Nutzer eines (ungefederten!!) Rollstuhles kaum nutzbar sind, ohne abgesenkte Bordsteinkanten, die meisten Geschäfte in der Innenstadt sind nicht barrierefrei zu erreichen. Warum? Aus Geldmangel oder aus Intoleranz?

Auch dies gehört zur Anziehungskraft einer Stadt wie Görlitz!

Leerer Raum

Von görzelec am 06.11.2013 - 14:41Uhr
Ja, wenn Görlitz eine Ressource hat, dann ist es Platz. Aber zu dessen Nutzung muss man eben auch mal die eingetretenen Pfade verlassen wollen.

Als mit der Wächterhausinitiative letztmalig ein solcher Versuch gestartet wurde, gab es vom zuständigen Görlitzer Amtsleiter die lapidare Auskunft, dass das deutsche Baurecht den Terminus Zwischennutzung nicht vorsehe. Mehr muss man dazu leider nicht sagen.

Städte wie Halle, Leipzig, Chemnitz und Berlin unterstützen temporäre Nutzungen von unsaniertem Leerstand nach Kräften. Im Austausch bekommen sie eine interessante Kunstszene, die Gäste und junge Bewohner auf der Suche nach Räumen für ihre Ideen anzieht.

Görlitz hat sich eben auf die Pensionäre festgelegt. Und auf Babelsberg, das Kulissen aus der guten alten Zeit sucht, in denen möglichst wenige Passanten herumlaufen. O-Ton des Produktionsleiters vom "Vorführer" 2009, so auch damals in der Lokalzeitung zitiert: In Görlitz kann man mitten in der Kulisse wohnen. Für uns als Drehteam ist das perfekt. Reaktion der anwesenden Stadthonoratioren: Einhelliger Jubel. Prost Mahlzeit.

Darum bleiben die Massen fern!

Von Dirk Urbansky am 06.11.2013 - 12:38Uhr
Ganz klar, wenn mal Arbeit da wäre, wo man auch dementsprechend bezahlt wird, wäre so ein Notstand nicht möglich.

Nur die Jugend wandert doch aus. Überall gibt es bessere Chancen zum Arbeiten, nur in der Region nicht und das schon längere Zeit.

Die Kunst Räume zu füllen

Von Balthazar Bierlob am 06.11.2013 - 10:21Uhr
Als ich die Schule beendet und den Zivildienst hinter mir hatte, war die Zugrichtung klar: Raus aus Görlitz, hinein in eine pulsierende Studentenmetropole.

Es heißt ja, dass man erst in der Fremde so recht spürt, was man an der Heimat hat. Fernab meiner Geburtsstadt jedoch lernte ich neben einem verstärkten Heimatgefühl besonders die Aspekte kennen, die Görlitz eben nicht hat und die mir sehr fehlen würden, sofern ich mich zu einer Rückkehr entschließen würde.

Wie bereits im Artikel erwähnt, gibt es viele Gründe für die Unattraktivität, aber es sind nicht immer ausschließlich die beruflichen! Es beginnt schon damit, dass Görlitz immer als besonders attraktiv für Rentner geschimpft wird. Das mag diese Stadt ja auch sein, aber für mich jungen Erwachsener klingt das stets wie eine Erklärung à la couleur: "Görlitz, die letzte Haltestelle vor dem Jenseits". Für junge Familien eher abschreckend.

Was macht eine Stadt neben der Perspektive auf eine angemessene Karriere anziehend? Die Kultur, nicht wahr? Aber von welcher Kultur sprechen wir in Görlitz angesichts Altstadtfest oder Fete de la musique, die punktuell eine breite Masse an Schaulustigen in die Stadt locken? Von Leuchtturm- und Strohfeuerkultur! Diese Feste sind wichtig, ohne Frage, aber sollte man sich nicht der Frage stellen, was neben Mittelalterkult und rauschenden Midsommerfesten über längere Zeiträume Menschen in die Stadt lockt?

Meines Erachtens bietet Görlitz und Zgorzelec reichhaltig Platz für zeitgenössische Künste und Kultur. Es fehlt allerdings eine Anlaufstelle, die meines Erachtens nur eine Hochschule mit einem breiten Spektrum an Kreativstudiengängen sein kann. Ein studierter Maschinenbauer oder Elektrotechniker braucht eine Fabrik um zu arbeiten. Jemand der Internationales Managment studiert hat, benötigt einen Betrieb, der auch international agiert. Ein Künstler dagegen braucht lediglich einen leeren Raum, den er füllen kann. Und davon gibt es in Görlitz reichlich.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: red | Fotos: www.BeierMedia.de
  • Erstellt am 06.11.2013 - 08:20Uhr | Zuletzt geändert am 16.09.2014 - 15:19Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige